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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Handgoniometer.

c) Flächen ungleich und Kanten gleich.
Oblonge Säule
. Die eine Fläche dehnt sich mehr
in die Breite als die andere, und da die Winkel rechte
sein müssen, so ist der Querschnitt ein Oblongum:
Feldspath und Euklas liefern im 2+1gliedrigen, Strahl-
zeolith und Olivin im 2+2gliedrigen Systeme gute
Beispiele.

[Abbildung]

d) Flächen und Kanten ungleich: Rhom-
boidische Säule. Hier ist alles ungleich, folglich der
Querschnitt ein Rhomboid: Cyanit, Epidot, der mu-
schelige und faserige Bruch des Gyps liefern gute Bei-
spiele. Uebrigens kommt diese Säule immer vor, wenn
sich zwei ungleiche Flächen irgendwo schneiden.

[Abbildung]

Man macht sich die Sache leicht an den beistehenden Querschnitten
klar: die quadratische Säule hat rechtwinklige und gleiche Axen (Dia-
gonalen), die rhombische rechtwinklige und ungleiche Axen; die oblonge
schiefwinklige und gleiche, doch kann man durch den Mittelpunkt auch
rechtwinklige ungleiche ziehen; die rhomboidische schiefwinklige und ungleiche,
auch sind gar keine rechtwinkligen Axen möglich. In der Natur beobachtet
man meist nur eine Kante der Säule: sind in dieser Kante die Flächen
gleich und rechtwinklig, so ist sie quadratisch; gleich und schiefwinklig,
rhombisch; ungleich und rechtwinklig, oblong; ungleich und schiefwinklig,
rhomboidisch.

Der Säulenwinkel kann auf zweierlei Weise gemessen werden: mit-
telst des Anlegegoniometer, hierbei kann man jedoch um mehrere Grade
irren, dagegen nähert man sich mittelst des Reflexionsgoniometer
der Wahrheit bis auf wenige Minuten.

Das Anlegegoniometer (Handgoniometer) fand der Künstler
Carangeot, welcher Modelle
machte. Hauy hat es dann
noch etwas verbessert. Das-
selbe besteht aus einem gra-
dirten Halbkreise (Rapporteur),
in dessen Centrum C sich zwei
Alhidaden befinden. Die eine
df ist um C beweglich, die an-
dere aF steht fest. Will man
nun einen Kantenwinkel mes-
sen, so legt man die Kanten-
linie senkrecht gegen die Ebene
des gradirten Halbkreises, und
[Abbildung] liest nun den Winkel an der Linie fg der beweglichen Alhidade ab. Denn
da die Linie fg über g hinaus verlängert genau in das Centrum C trifft,
und da ao dem Durchmesser von Null nach 180° und do dem Radius
fg parallel gehen, so muß der Kantenwinkel aod in unserm Falle 46°
haben, was die Alhidade zeigt. Der Nullpunkt liegt im Mittelpunkte
der Schraube F, er ist nicht angezeigt, da wegen der Breite der Alhidaden-
arme überhaupt nur Winkel bis auf 15° Größe gemessen werden können.

Handgoniometer.

c) Flächen ungleich und Kanten gleich.
Oblonge Säule
. Die eine Fläche dehnt ſich mehr
in die Breite als die andere, und da die Winkel rechte
ſein müſſen, ſo iſt der Querſchnitt ein Oblongum:
Feldſpath und Euklas liefern im 2+1gliedrigen, Strahl-
zeolith und Olivin im 2+2gliedrigen Syſteme gute
Beiſpiele.

[Abbildung]

d) Flächen und Kanten ungleich: Rhom-
boidiſche Säule. Hier iſt alles ungleich, folglich der
Querſchnitt ein Rhomboid: Cyanit, Epidot, der mu-
ſchelige und faſerige Bruch des Gyps liefern gute Bei-
ſpiele. Uebrigens kommt dieſe Säule immer vor, wenn
ſich zwei ungleiche Flächen irgendwo ſchneiden.

[Abbildung]

Man macht ſich die Sache leicht an den beiſtehenden Querſchnitten
klar: die quadratiſche Säule hat rechtwinklige und gleiche Axen (Dia-
gonalen), die rhombiſche rechtwinklige und ungleiche Axen; die oblonge
ſchiefwinklige und gleiche, doch kann man durch den Mittelpunkt auch
rechtwinklige ungleiche ziehen; die rhomboidiſche ſchiefwinklige und ungleiche,
auch ſind gar keine rechtwinkligen Axen möglich. In der Natur beobachtet
man meiſt nur eine Kante der Säule: ſind in dieſer Kante die Flächen
gleich und rechtwinklig, ſo iſt ſie quadratiſch; gleich und ſchiefwinklig,
rhombiſch; ungleich und rechtwinklig, oblong; ungleich und ſchiefwinklig,
rhomboidiſch.

Der Säulenwinkel kann auf zweierlei Weiſe gemeſſen werden: mit-
telſt des Anlegegoniometer, hierbei kann man jedoch um mehrere Grade
irren, dagegen nähert man ſich mittelſt des Reflexionsgoniometer
der Wahrheit bis auf wenige Minuten.

Das Anlegegoniometer (Handgoniometer) fand der Künſtler
Carangeot, welcher Modelle
machte. Hauy hat es dann
noch etwas verbeſſert. Das-
ſelbe beſteht aus einem gra-
dirten Halbkreiſe (Rapporteur),
in deſſen Centrum C ſich zwei
Alhidaden befinden. Die eine
df iſt um C beweglich, die an-
dere aF ſteht feſt. Will man
nun einen Kantenwinkel meſ-
ſen, ſo legt man die Kanten-
linie ſenkrecht gegen die Ebene
des gradirten Halbkreiſes, und
[Abbildung] liest nun den Winkel an der Linie fg der beweglichen Alhidade ab. Denn
da die Linie fg über g hinaus verlängert genau in das Centrum C trifft,
und da ao dem Durchmeſſer von Null nach 180° und do dem Radius
fg parallel gehen, ſo muß der Kantenwinkel aod in unſerm Falle 46°
haben, was die Alhidade zeigt. Der Nullpunkt liegt im Mittelpunkte
der Schraube F, er iſt nicht angezeigt, da wegen der Breite der Alhidaden-
arme überhaupt nur Winkel bis auf 15° Größe gemeſſen werden können.

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[11/0023] Handgoniometer. c) Flächen ungleich und Kanten gleich. Oblonge Säule. Die eine Fläche dehnt ſich mehr in die Breite als die andere, und da die Winkel rechte ſein müſſen, ſo iſt der Querſchnitt ein Oblongum: Feldſpath und Euklas liefern im 2+1gliedrigen, Strahl- zeolith und Olivin im 2+2gliedrigen Syſteme gute Beiſpiele. [Abbildung] d) Flächen und Kanten ungleich: Rhom- boidiſche Säule. Hier iſt alles ungleich, folglich der Querſchnitt ein Rhomboid: Cyanit, Epidot, der mu- ſchelige und faſerige Bruch des Gyps liefern gute Bei- ſpiele. Uebrigens kommt dieſe Säule immer vor, wenn ſich zwei ungleiche Flächen irgendwo ſchneiden. [Abbildung] Man macht ſich die Sache leicht an den beiſtehenden Querſchnitten klar: die quadratiſche Säule hat rechtwinklige und gleiche Axen (Dia- gonalen), die rhombiſche rechtwinklige und ungleiche Axen; die oblonge ſchiefwinklige und gleiche, doch kann man durch den Mittelpunkt auch rechtwinklige ungleiche ziehen; die rhomboidiſche ſchiefwinklige und ungleiche, auch ſind gar keine rechtwinkligen Axen möglich. In der Natur beobachtet man meiſt nur eine Kante der Säule: ſind in dieſer Kante die Flächen gleich und rechtwinklig, ſo iſt ſie quadratiſch; gleich und ſchiefwinklig, rhombiſch; ungleich und rechtwinklig, oblong; ungleich und ſchiefwinklig, rhomboidiſch. Der Säulenwinkel kann auf zweierlei Weiſe gemeſſen werden: mit- telſt des Anlegegoniometer, hierbei kann man jedoch um mehrere Grade irren, dagegen nähert man ſich mittelſt des Reflexionsgoniometer der Wahrheit bis auf wenige Minuten. Das Anlegegoniometer (Handgoniometer) fand der Künſtler Carangeot, welcher Modelle machte. Hauy hat es dann noch etwas verbeſſert. Das- ſelbe beſteht aus einem gra- dirten Halbkreiſe (Rapporteur), in deſſen Centrum C ſich zwei Alhidaden befinden. Die eine df iſt um C beweglich, die an- dere aF ſteht feſt. Will man nun einen Kantenwinkel meſ- ſen, ſo legt man die Kanten- linie ſenkrecht gegen die Ebene des gradirten Halbkreiſes, und [Abbildung] liest nun den Winkel an der Linie fg der beweglichen Alhidade ab. Denn da die Linie fg über g hinaus verlängert genau in das Centrum C trifft, und da ao dem Durchmeſſer von Null nach 180° und do dem Radius fg parallel gehen, ſo muß der Kantenwinkel aod in unſerm Falle 46° haben, was die Alhidade zeigt. Der Nullpunkt liegt im Mittelpunkte der Schraube F, er iſt nicht angezeigt, da wegen der Breite der Alhidaden- arme überhaupt nur Winkel bis auf 15° Größe gemeſſen werden können.

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/23>, abgerufen am 23.04.2024.