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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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Zwillingsgesetz.
[Abbildung] von den 4 Pyramidenflächen auf jeder Fläche
des eingeschriebenen Granatoeders zwei in der
Ecke einander gegenüberliegende verschwinden
und die andern beiden wachsen. Die Hemiedrie
ist geneigtflächig. Wie in das Pyritoeder einen
Würfel, so kann man hier zur bequemen
Orientirung ein Granatoeder einschreiben, wenn
der Körper aus dem Pyramidengranatoeder
entstanden ist. Die Flächen stehen gegen die
des eingeschriebenen Körpers etwas gedreht,
und sind unregelmäßige 2+2+1kantige Fünf-
ecke. Von den Ecken sind die 6 Oktaederecken a 4kantig, die 8 Würfel-
ecken t 3kantig, die übrigen 24 e neben den Dachkanten 1+1+1kantig.
An dem Körper ist die Drehung interessant, welche bei den vier- und
sechsgliedrigen Systemen so schön beobachtet worden ist.

Zwillingsgesetz.

Es kann nur eins geben: zwei Oktaeder
haben eine Fläche gemein, und liegen umge-
[Abbildung] kehrt. Halbire ich das Ok-
taeder parallel einer Fläche,
so bildet die Halbirungsfläche
ein reguläres Sechseck, ver-
drehe ich nun die beiden
Hälften gegen einander um
60°, so entsteht der Zwilling. Es ist das
Folge des Gesetzes. Nehme ich nämlich zwei
gleiche Oktaeder, und lege sie mit zwei ihrer
[Abbildung] Flächen so gegen einander, daß sich die Flächen decken, so finden sich die
Individuen in Zwillingsstellung. Drehe ich sie dagegen so weit, daß sich
die Dreiecke symmetrisch kreuzen, so liegen die Individuen einander parallel,
bilden daher nur ein Ganzes und keine Zwillinge. Da dieß die beiden
möglichen symmetrischen Lagen sind, so ist das Wort umgekehrt unzwei-
deutig, und drückt das Wesen besser aus als die Drehung. Die Oktaeder
liegen meist aneinander, verkürzen sich aber nach der sogenannten Zwil-
lingsaxe, d. h. nach einer trigonalen Axe t, die senkrecht auf der gemein-
samen Ebene (Zwillingsebene) steht. Zuweilen kommen auch Durch-
wachsungen vor. Das Tetraeder hat scheinbar zweierlei Zwillingsgesetze:
[Abbildung] nach dem einen kreuzen sich die Kanten
rechtwinklig, und der gemeinsame
Kern ist ein Oktaeder. Das ist aber
nur die Wiederherstellung des Gleich-
gewichts (Fig. rechts). Dagegen können
sich zwei Tetraeder zu einem wirklichen
Zwilling verbinden (Fig. links), indem
sie eine Fläche gemein haben, und die
[Abbildung] übrigen drei sich kreuzen, dann ist das eine um 60° gegen das andere verdreht.

Die Würfel durchwachsen sich gewöhnlich, der gemeinsame Kern
ist dann ein Dihexaeder, und die Flächen des einen Individuums schneiden

Zwillingsgeſetz.
[Abbildung] von den 4 Pyramidenflächen auf jeder Fläche
des eingeſchriebenen Granatoeders zwei in der
Ecke einander gegenüberliegende verſchwinden
und die andern beiden wachſen. Die Hemiedrie
iſt geneigtflächig. Wie in das Pyritoeder einen
Würfel, ſo kann man hier zur bequemen
Orientirung ein Granatoeder einſchreiben, wenn
der Körper aus dem Pyramidengranatoeder
entſtanden iſt. Die Flächen ſtehen gegen die
des eingeſchriebenen Körpers etwas gedreht,
und ſind unregelmäßige 2+2+1kantige Fünf-
ecke. Von den Ecken ſind die 6 Oktaederecken a 4kantig, die 8 Würfel-
ecken t 3kantig, die übrigen 24 e neben den Dachkanten 1+1+1kantig.
An dem Körper iſt die Drehung intereſſant, welche bei den vier- und
ſechsgliedrigen Syſtemen ſo ſchön beobachtet worden iſt.

Zwillingsgeſetz.

Es kann nur eins geben: zwei Oktaeder
haben eine Fläche gemein, und liegen umge-
[Abbildung] kehrt. Halbire ich das Ok-
taeder parallel einer Fläche,
ſo bildet die Halbirungsfläche
ein reguläres Sechseck, ver-
drehe ich nun die beiden
Hälften gegen einander um
60°, ſo entſteht der Zwilling. Es iſt das
Folge des Geſetzes. Nehme ich nämlich zwei
gleiche Oktaeder, und lege ſie mit zwei ihrer
[Abbildung] Flächen ſo gegen einander, daß ſich die Flächen decken, ſo finden ſich die
Individuen in Zwillingsſtellung. Drehe ich ſie dagegen ſo weit, daß ſich
die Dreiecke ſymmetriſch kreuzen, ſo liegen die Individuen einander parallel,
bilden daher nur ein Ganzes und keine Zwillinge. Da dieß die beiden
möglichen ſymmetriſchen Lagen ſind, ſo iſt das Wort umgekehrt unzwei-
deutig, und drückt das Weſen beſſer aus als die Drehung. Die Oktaeder
liegen meiſt aneinander, verkürzen ſich aber nach der ſogenannten Zwil-
lingsaxe, d. h. nach einer trigonalen Axe t, die ſenkrecht auf der gemein-
ſamen Ebene (Zwillingsebene) ſteht. Zuweilen kommen auch Durch-
wachſungen vor. Das Tetraeder hat ſcheinbar zweierlei Zwillingsgeſetze:
[Abbildung] nach dem einen kreuzen ſich die Kanten
rechtwinklig, und der gemeinſame
Kern iſt ein Oktaeder. Das iſt aber
nur die Wiederherſtellung des Gleich-
gewichts (Fig. rechts). Dagegen können
ſich zwei Tetraeder zu einem wirklichen
Zwilling verbinden (Fig. links), indem
ſie eine Fläche gemein haben, und die
[Abbildung] übrigen drei ſich kreuzen, dann iſt das eine um 60° gegen das andere verdreht.

Die Würfel durchwachſen ſich gewöhnlich, der gemeinſame Kern
iſt dann ein Dihexaeder, und die Flächen des einen Individuums ſchneiden

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[70/0082] Zwillingsgeſetz. [Abbildung] von den 4 Pyramidenflächen auf jeder Fläche des eingeſchriebenen Granatoeders zwei in der Ecke einander gegenüberliegende verſchwinden und die andern beiden wachſen. Die Hemiedrie iſt geneigtflächig. Wie in das Pyritoeder einen Würfel, ſo kann man hier zur bequemen Orientirung ein Granatoeder einſchreiben, wenn der Körper aus dem Pyramidengranatoeder entſtanden iſt. Die Flächen ſtehen gegen die des eingeſchriebenen Körpers etwas gedreht, und ſind unregelmäßige 2+2+1kantige Fünf- ecke. Von den Ecken ſind die 6 Oktaederecken a 4kantig, die 8 Würfel- ecken t 3kantig, die übrigen 24 e neben den Dachkanten 1+1+1kantig. An dem Körper iſt die Drehung intereſſant, welche bei den vier- und ſechsgliedrigen Syſtemen ſo ſchön beobachtet worden iſt. Zwillingsgeſetz. Es kann nur eins geben: zwei Oktaeder haben eine Fläche gemein, und liegen umge- [Abbildung] kehrt. Halbire ich das Ok- taeder parallel einer Fläche, ſo bildet die Halbirungsfläche ein reguläres Sechseck, ver- drehe ich nun die beiden Hälften gegen einander um 60°, ſo entſteht der Zwilling. Es iſt das Folge des Geſetzes. Nehme ich nämlich zwei gleiche Oktaeder, und lege ſie mit zwei ihrer [Abbildung] Flächen ſo gegen einander, daß ſich die Flächen decken, ſo finden ſich die Individuen in Zwillingsſtellung. Drehe ich ſie dagegen ſo weit, daß ſich die Dreiecke ſymmetriſch kreuzen, ſo liegen die Individuen einander parallel, bilden daher nur ein Ganzes und keine Zwillinge. Da dieß die beiden möglichen ſymmetriſchen Lagen ſind, ſo iſt das Wort umgekehrt unzwei- deutig, und drückt das Weſen beſſer aus als die Drehung. Die Oktaeder liegen meiſt aneinander, verkürzen ſich aber nach der ſogenannten Zwil- lingsaxe, d. h. nach einer trigonalen Axe t, die ſenkrecht auf der gemein- ſamen Ebene (Zwillingsebene) ſteht. Zuweilen kommen auch Durch- wachſungen vor. Das Tetraeder hat ſcheinbar zweierlei Zwillingsgeſetze: [Abbildung] nach dem einen kreuzen ſich die Kanten rechtwinklig, und der gemeinſame Kern iſt ein Oktaeder. Das iſt aber nur die Wiederherſtellung des Gleich- gewichts (Fig. rechts). Dagegen können ſich zwei Tetraeder zu einem wirklichen Zwilling verbinden (Fig. links), indem ſie eine Fläche gemein haben, und die [Abbildung] übrigen drei ſich kreuzen, dann iſt das eine um 60° gegen das andere verdreht. Die Würfel durchwachſen ſich gewöhnlich, der gemeinſame Kern iſt dann ein Dihexaeder, und die Flächen des einen Individuums ſchneiden

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/82>, abgerufen am 25.04.2024.