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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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eines deutschen Wörterbuchs.
komme von einer verderbten Galle her. Galen
hält sie für nichts anders, als für einen heftigen
Magenkrampf, und der selige Herr Geheimderath
Hofmann in Halle nennt sie das Autorfieber; im
dritten Capitel seiner Abhandlung von gelehrten
Seuchen.

Ehrwürdig.

Hier will ich nur von dem figürlichen Verstande
dieses Worts reden; denn, was es in eigentlichem
Verstande heißt, solches ist bekannt genug, und
ich trage gegen alles, was in eigentlichem Verstan-
de ehrwürdig ist, zu viel Ehrfurcht, als daß ich es
wagen sollte, dessen Bedeutung in meinem Wörter-
buche fest zu stellen. Jm figürlichen Verstande al-
so heißt ehrwürdig so viel, als schwarz, und ein
ehrwürdiger Mann so viel, als ein Mann in ei-
nem schwarzen Rocke. Jch gründe diese Erklärung
auf die Erfahrung. Denn unter diesen Männern in
schwarzen Röcken sind viele, an denen man nicht
das geringste Ehrwürdige findet, als das schwarze
Kleid. Jch könnte sie mit Namen nennen; aber
es ist überflüßig, denn ich weis gewiß, sie werden
sich bey Lesung dieses Artikels selber nennen, und
ihren Namen durch einen Eifer verrathen, der in
ihrer Sprache Amtseifer, und in unsrer Sprache
das böse Gewissen heißt. Meine Leser dürfen also
nur auf diejenigen schwarzen Männer Achtung ge-

ben,
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eines deutſchen Woͤrterbuchs.
komme von einer verderbten Galle her. Galen
haͤlt ſie fuͤr nichts anders, als fuͤr einen heftigen
Magenkrampf, und der ſelige Herr Geheimderath
Hofmann in Halle nennt ſie das Autorfieber; im
dritten Capitel ſeiner Abhandlung von gelehrten
Seuchen.

Ehrwuͤrdig.

Hier will ich nur von dem figuͤrlichen Verſtande
dieſes Worts reden; denn, was es in eigentlichem
Verſtande heißt, ſolches iſt bekannt genug, und
ich trage gegen alles, was in eigentlichem Verſtan-
de ehrwuͤrdig iſt, zu viel Ehrfurcht, als daß ich es
wagen ſollte, deſſen Bedeutung in meinem Woͤrter-
buche feſt zu ſtellen. Jm figuͤrlichen Verſtande al-
ſo heißt ehrwuͤrdig ſo viel, als ſchwarz, und ein
ehrwuͤrdiger Mann ſo viel, als ein Mann in ei-
nem ſchwarzen Rocke. Jch gruͤnde dieſe Erklaͤrung
auf die Erfahrung. Denn unter dieſen Maͤnnern in
ſchwarzen Roͤcken ſind viele, an denen man nicht
das geringſte Ehrwuͤrdige findet, als das ſchwarze
Kleid. Jch koͤnnte ſie mit Namen nennen; aber
es iſt uͤberfluͤßig, denn ich weis gewiß, ſie werden
ſich bey Leſung dieſes Artikels ſelber nennen, und
ihren Namen durch einen Eifer verrathen, der in
ihrer Sprache Amtseifer, und in unſrer Sprache
das boͤſe Gewiſſen heißt. Meine Leſer duͤrfen alſo
nur auf diejenigen ſchwarzen Maͤnner Achtung ge-

ben,
M 3
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[181/0181] eines deutſchen Woͤrterbuchs. komme von einer verderbten Galle her. Galen haͤlt ſie fuͤr nichts anders, als fuͤr einen heftigen Magenkrampf, und der ſelige Herr Geheimderath Hofmann in Halle nennt ſie das Autorfieber; im dritten Capitel ſeiner Abhandlung von gelehrten Seuchen. Ehrwuͤrdig. Hier will ich nur von dem figuͤrlichen Verſtande dieſes Worts reden; denn, was es in eigentlichem Verſtande heißt, ſolches iſt bekannt genug, und ich trage gegen alles, was in eigentlichem Verſtan- de ehrwuͤrdig iſt, zu viel Ehrfurcht, als daß ich es wagen ſollte, deſſen Bedeutung in meinem Woͤrter- buche feſt zu ſtellen. Jm figuͤrlichen Verſtande al- ſo heißt ehrwuͤrdig ſo viel, als ſchwarz, und ein ehrwuͤrdiger Mann ſo viel, als ein Mann in ei- nem ſchwarzen Rocke. Jch gruͤnde dieſe Erklaͤrung auf die Erfahrung. Denn unter dieſen Maͤnnern in ſchwarzen Roͤcken ſind viele, an denen man nicht das geringſte Ehrwuͤrdige findet, als das ſchwarze Kleid. Jch koͤnnte ſie mit Namen nennen; aber es iſt uͤberfluͤßig, denn ich weis gewiß, ſie werden ſich bey Leſung dieſes Artikels ſelber nennen, und ihren Namen durch einen Eifer verrathen, der in ihrer Sprache Amtseifer, und in unſrer Sprache das boͤſe Gewiſſen heißt. Meine Leſer duͤrfen alſo nur auf diejenigen ſchwarzen Maͤnner Achtung ge- ben, M 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/181>, abgerufen am 29.03.2024.