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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
Mein Herr,

Es ist ein Misverständniß von meinem Verwal-
ter gewesen, daß er Jhnen im vorigen Herbste
nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat.
Hier sende ich deren noch viere. Ueber den Preis
wollen wir uns auf die Ostermesse vereinigen.
Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner;
aber ich werde auf Mittel denken, es nicht länger
zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum
Berichte reif seyn? Jch wünsche sehr, daß ich
endlich aus dem bösen Handel kommen möge.
Mein einziger Trost ist noch dieser, daß ich mit ei-
nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un-
partheyischer Richter, und mein Freund ist - - -

a propos! ich lasse sechs Mitteleichen fällen.
Jch habe sie der Frau Liebste zu Jhrem neuen Gar-
tenhause versprochen. Aber dafür behalte ich mir
die Erlaubniß vor, auf Johanne einen frischen
Hering darinne zu essen, wenn es fertig seyn wird.
Sie sehn, daß ich nichts umsonst thue. Den
Braten bringe ich selbst mit, und für Wein mag
meine Frau sorgen. Jch bin mit der alten deut-
schen Redlichkeit,

Mein Herr,
Jhr guter Freund und Diener
- - - -
"Jch
F 5
Satyriſche Briefe.
Mein Herr,

Es iſt ein Misverſtaͤndniß von meinem Verwal-
ter geweſen, daß er Jhnen im vorigen Herbſte
nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat.
Hier ſende ich deren noch viere. Ueber den Preis
wollen wir uns auf die Oſtermeſſe vereinigen.
Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner;
aber ich werde auf Mittel denken, es nicht laͤnger
zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum
Berichte reif ſeyn? Jch wuͤnſche ſehr, daß ich
endlich aus dem boͤſen Handel kommen moͤge.
Mein einziger Troſt iſt noch dieſer, daß ich mit ei-
nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un-
partheyiſcher Richter, und mein Freund iſt ‒ ‒ ‒

à propos! ich laſſe ſechs Mitteleichen faͤllen.
Jch habe ſie der Frau Liebſte zu Jhrem neuen Gar-
tenhauſe verſprochen. Aber dafuͤr behalte ich mir
die Erlaubniß vor, auf Johanne einen friſchen
Hering darinne zu eſſen, wenn es fertig ſeyn wird.
Sie ſehn, daß ich nichts umſonſt thue. Den
Braten bringe ich ſelbſt mit, und fuͤr Wein mag
meine Frau ſorgen. Jch bin mit der alten deut-
ſchen Redlichkeit,

Mein Herr,
Jhr guter Freund und Diener
‒ ‒ ‒ ‒
„Jch
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[89/0117] Satyriſche Briefe. Mein Herr, Es iſt ein Misverſtaͤndniß von meinem Verwal- ter geweſen, daß er Jhnen im vorigen Herbſte nicht mehr, als eine Klafter Holz, ausgezeichnet hat. Hier ſende ich deren noch viere. Ueber den Preis wollen wir uns auf die Oſtermeſſe vereinigen. Jch bin ohnedem noch Jhr großer Schuldner; aber ich werde auf Mittel denken, es nicht laͤnger zu bleiben. Wird denn meine Sache bald zum Berichte reif ſeyn? Jch wuͤnſche ſehr, daß ich endlich aus dem boͤſen Handel kommen moͤge. Mein einziger Troſt iſt noch dieſer, daß ich mit ei- nem ehrlichen Manne zu thun habe, der ein un- partheyiſcher Richter, und mein Freund iſt ‒ ‒ ‒ à propos! ich laſſe ſechs Mitteleichen faͤllen. Jch habe ſie der Frau Liebſte zu Jhrem neuen Gar- tenhauſe verſprochen. Aber dafuͤr behalte ich mir die Erlaubniß vor, auf Johanne einen friſchen Hering darinne zu eſſen, wenn es fertig ſeyn wird. Sie ſehn, daß ich nichts umſonſt thue. Den Braten bringe ich ſelbſt mit, und fuͤr Wein mag meine Frau ſorgen. Jch bin mit der alten deut- ſchen Redlichkeit, Mein Herr, Jhr guter Freund und Diener ‒ ‒ ‒ ‒ „Jch F 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/117>, abgerufen am 29.03.2024.