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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
dann weiter, und damit der Junge unterwegens
keinen Schaden nimmt, so will ich ihm meinen alten
Kammerdiener mitgeben. Kömmt er nach drey
Jahren wieder heim, und ich habe ihn in ein feines
austrägliches Amt gebracht: so mag er sich eine
Frau nehmen, ich bins zufrieden, aber die Fräulein
von L - - - nicht. Er kann eine hübsche reiche
Wittwe freyen. Es wird ihm auch gut thun,
wenn er einen Thaler Geld mit kriegt. Die Zeiten
sind schwer! Nun, wie gesagt, Frau Tochter, er
kann sich reisefertig halten. So bald ich komme,
muß er fort. Laß ihn den Brief lesen. Es wird
so gut seyn, als wenn ich ihm selber geantwortet
hätte.

Lebe wohl, und antworte mir bald.

N. S. Jch habe ein paar Tage vor meiner Abreise
der Fräulein von L - - - gewisse Rechnun-
gen zugeschickt. Ob sie solche wohl muß be-
kommen haben? Erinnere sie daran. Viel-
leicht antwortet sie ein paar Zeilchen. Sie
darf den Brief nur unfrankirt gleich auf die
Post geben. Jch möchte nur wissen, wie
Fritze auf die Fräulein gefallen wäre. Der
Laffe!

Gnädige Frau Hofräthinn,

Jch befinde mich etwas leidlicher, und bitte mir
nunmehr die Ehre Jhres Zuspruchs aus. Mein
Onkel hat an den Herrn Kammerrath geschrieben;

hier

Satyriſche Briefe.
dann weiter, und damit der Junge unterwegens
keinen Schaden nimmt, ſo will ich ihm meinen alten
Kammerdiener mitgeben. Koͤmmt er nach drey
Jahren wieder heim, und ich habe ihn in ein feines
austraͤgliches Amt gebracht: ſo mag er ſich eine
Frau nehmen, ich bins zufrieden, aber die Fraͤulein
von L ‒ ‒ ‒ nicht. Er kann eine huͤbſche reiche
Wittwe freyen. Es wird ihm auch gut thun,
wenn er einen Thaler Geld mit kriegt. Die Zeiten
ſind ſchwer! Nun, wie geſagt, Frau Tochter, er
kann ſich reiſefertig halten. So bald ich komme,
muß er fort. Laß ihn den Brief leſen. Es wird
ſo gut ſeyn, als wenn ich ihm ſelber geantwortet
haͤtte.

Lebe wohl, und antworte mir bald.

N. S. Jch habe ein paar Tage vor meiner Abreiſe
der Fraͤulein von L ‒ ‒ ‒ gewiſſe Rechnun-
gen zugeſchickt. Ob ſie ſolche wohl muß be-
kommen haben? Erinnere ſie daran. Viel-
leicht antwortet ſie ein paar Zeilchen. Sie
darf den Brief nur unfrankirt gleich auf die
Poſt geben. Jch moͤchte nur wiſſen, wie
Fritze auf die Fraͤulein gefallen waͤre. Der
Laffe!

Gnaͤdige Frau Hofraͤthinn,

Jch befinde mich etwas leidlicher, und bitte mir
nunmehr die Ehre Jhres Zuſpruchs aus. Mein
Onkel hat an den Herrn Kammerrath geſchrieben;

hier
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[315/0343] Satyriſche Briefe. dann weiter, und damit der Junge unterwegens keinen Schaden nimmt, ſo will ich ihm meinen alten Kammerdiener mitgeben. Koͤmmt er nach drey Jahren wieder heim, und ich habe ihn in ein feines austraͤgliches Amt gebracht: ſo mag er ſich eine Frau nehmen, ich bins zufrieden, aber die Fraͤulein von L ‒ ‒ ‒ nicht. Er kann eine huͤbſche reiche Wittwe freyen. Es wird ihm auch gut thun, wenn er einen Thaler Geld mit kriegt. Die Zeiten ſind ſchwer! Nun, wie geſagt, Frau Tochter, er kann ſich reiſefertig halten. So bald ich komme, muß er fort. Laß ihn den Brief leſen. Es wird ſo gut ſeyn, als wenn ich ihm ſelber geantwortet haͤtte. Lebe wohl, und antworte mir bald. N. S. Jch habe ein paar Tage vor meiner Abreiſe der Fraͤulein von L ‒ ‒ ‒ gewiſſe Rechnun- gen zugeſchickt. Ob ſie ſolche wohl muß be- kommen haben? Erinnere ſie daran. Viel- leicht antwortet ſie ein paar Zeilchen. Sie darf den Brief nur unfrankirt gleich auf die Poſt geben. Jch moͤchte nur wiſſen, wie Fritze auf die Fraͤulein gefallen waͤre. Der Laffe! Gnaͤdige Frau Hofraͤthinn, Jch befinde mich etwas leidlicher, und bitte mir nunmehr die Ehre Jhres Zuſpruchs aus. Mein Onkel hat an den Herrn Kammerrath geſchrieben; hier

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/343>, abgerufen am 28.03.2024.