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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
Jch habe dem Herrn R - - - geantwortet. Er
wird, wie ich hoffe, mit meiner Erklärung, die er
vom neuen ziemlich treuherzig gefodert hat, zufrie-
den seyn. Werde ich bey meiner Ehe glücklich, so
werde ich es durch Sie, Hochzuehrende Frau. Jch
sende Jhnen meine Antwort, und zugleich einige
Briefe von meinem Onkel, und einigen Freundin-
nen mit, die ich mir zurück ausbitte. Sie lieben
mich alle, ich weiß es; aber wie sehr unterscheidet
sich diese theils eigennützige, theils flatterhafte Liebe
von der mütterlichen Zärtlichkeit, die Sie, Wertheste
Tante, gegen mich bezeigen. Jch küsse Jhnen da-
für die Hände; der Himmel lasse mir sie noch viele
Jahre küssen! Wie glücklich werde ich seyn, wenn
ich der Vorsorge einer so gütigen Mutter beständig
versichert seyn kann! Auf künftigen Sonnabend
werde ich Sie besuchen. Vielleicht begleitet mich
Herr R - - - zu Jhnen. Er muß Sie kennen ler-
nen. So viel er sich auf seinen alten Vater zu gute
thut, so stolz bin ich auf meine liebe Tante. Jch
bin mit der kindlichsten Hochachtung,

Hochzuehrende Frau,
Dero
etc.
Liebe Base,

Der Antrag ist vortheilhaft, nimm ihn immer
an. Jch habe mich nach seinen Umständen

erkun-

Satyriſche Briefe.
Jch habe dem Herrn R ‒ ‒ ‒ geantwortet. Er
wird, wie ich hoffe, mit meiner Erklaͤrung, die er
vom neuen ziemlich treuherzig gefodert hat, zufrie-
den ſeyn. Werde ich bey meiner Ehe gluͤcklich, ſo
werde ich es durch Sie, Hochzuehrende Frau. Jch
ſende Jhnen meine Antwort, und zugleich einige
Briefe von meinem Onkel, und einigen Freundin-
nen mit, die ich mir zuruͤck ausbitte. Sie lieben
mich alle, ich weiß es; aber wie ſehr unterſcheidet
ſich dieſe theils eigennuͤtzige, theils flatterhafte Liebe
von der muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit, die Sie, Wertheſte
Tante, gegen mich bezeigen. Jch kuͤſſe Jhnen da-
fuͤr die Haͤnde; der Himmel laſſe mir ſie noch viele
Jahre kuͤſſen! Wie gluͤcklich werde ich ſeyn, wenn
ich der Vorſorge einer ſo guͤtigen Mutter beſtaͤndig
verſichert ſeyn kann! Auf kuͤnftigen Sonnabend
werde ich Sie beſuchen. Vielleicht begleitet mich
Herr R ‒ ‒ ‒ zu Jhnen. Er muß Sie kennen ler-
nen. So viel er ſich auf ſeinen alten Vater zu gute
thut, ſo ſtolz bin ich auf meine liebe Tante. Jch
bin mit der kindlichſten Hochachtung,

Hochzuehrende Frau,
Dero
ꝛc.
Liebe Baſe,

Der Antrag iſt vortheilhaft, nimm ihn immer
an. Jch habe mich nach ſeinen Umſtaͤnden

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[336/0364] Satyriſche Briefe. Jch habe dem Herrn R ‒ ‒ ‒ geantwortet. Er wird, wie ich hoffe, mit meiner Erklaͤrung, die er vom neuen ziemlich treuherzig gefodert hat, zufrie- den ſeyn. Werde ich bey meiner Ehe gluͤcklich, ſo werde ich es durch Sie, Hochzuehrende Frau. Jch ſende Jhnen meine Antwort, und zugleich einige Briefe von meinem Onkel, und einigen Freundin- nen mit, die ich mir zuruͤck ausbitte. Sie lieben mich alle, ich weiß es; aber wie ſehr unterſcheidet ſich dieſe theils eigennuͤtzige, theils flatterhafte Liebe von der muͤtterlichen Zaͤrtlichkeit, die Sie, Wertheſte Tante, gegen mich bezeigen. Jch kuͤſſe Jhnen da- fuͤr die Haͤnde; der Himmel laſſe mir ſie noch viele Jahre kuͤſſen! Wie gluͤcklich werde ich ſeyn, wenn ich der Vorſorge einer ſo guͤtigen Mutter beſtaͤndig verſichert ſeyn kann! Auf kuͤnftigen Sonnabend werde ich Sie beſuchen. Vielleicht begleitet mich Herr R ‒ ‒ ‒ zu Jhnen. Er muß Sie kennen ler- nen. So viel er ſich auf ſeinen alten Vater zu gute thut, ſo ſtolz bin ich auf meine liebe Tante. Jch bin mit der kindlichſten Hochachtung, Hochzuehrende Frau, Dero ꝛc. Liebe Baſe, Der Antrag iſt vortheilhaft, nimm ihn immer an. Jch habe mich nach ſeinen Umſtaͤnden erkun-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/364>, abgerufen am 25.04.2024.