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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
Mein Sekretair soll Jhnen alles bezahlen. Er wird
auf den Donnerstag Abend erst wieder kommen. Bis
auf den Freytag warten Sie doch, mein guter Alter!
Nicht wahr? Sie Sind doch nicht böse?

Hochwohlgebohrner Herr,
Gnädiger Herr,

Sie sind gestern Abends kaum zur Stadt hinaus ge-
wesen, als ich mit der Post hier ankam. Jch
habe die Briefe, und Jhre Ordre gefunden. Die Ur-
sachen meiner geschwinden Rückkunft sind diese. Am
Dienstage Abends kam Jhr Herr Schwiegervater
ganz krank von der Fischererey zurück. Jch fuhr zu ihm,
so bald ich die Nachricht erhielt. Er war in Gefahr,
und diese mehrte sich dergestallt, daß der Medicus schon
an der Mittwoche früh an seinem Aufkommen zwei-
felte. Jch bin von seinem Bette nicht weggekommen,
weil er zusehends schwächer ward. Er bezeigte ein gro-
ßes Verlangen, Sie und die Frau Gemahlinn zuspre-
chen. Es war aber unmöglich, weil er gegen Mitter-
nacht in meinen Armen verschied. Jch habe sogleich von
den Gütern Besitz nehmen, und alles versiegeln lassen.
Jch konnte nicht eher, als gestern spät hier ankommen
so sehr ich auch eilte, Jhnen Nachricht davon zu geben,
und Jhnen mein unterthäniges Beyleid mündlich zu
bezeigen. Von dem Herrn Oberstlieutenant habe ich auch
nicht eher als diesen Mittag Jhren Aufenthalt erfah-
ren können. Diesen Vormittag habe ich angewendet,
Jhre Gläubiger zu beruhigen. Die ansehnliche Ver-
lassenschaft des sel. Herrn Schwiegervaters hat sie so
gefällig gemacht, daß sie Ew. Gnaden nicht allein nach-
sehen, sondern mit ihrem ganzen Vermögen unterthä-
nig aufwarten wollen, wenn Sie es verlangen. Hanns
Puff und Compagnie haben mich beschworen, Sie ihrer
unterthänigsten Devolion zu versichern. Jch bin u. s. w.



Satyriſche Briefe.
Mein Sekretair ſoll Jhnen alles bezahlen. Er wird
auf den Donnerſtag Abend erſt wieder kommen. Bis
auf den Freytag warten Sie doch, mein guter Alter!
Nicht wahr? Sie Sind doch nicht boͤſe?

Hochwohlgebohrner Herr,
Gnaͤdiger Herr,

Sie ſind geſtern Abends kaum zur Stadt hinaus ge-
weſen, als ich mit der Poſt hier ankam. Jch
habe die Briefe, und Jhre Ordre gefunden. Die Ur-
ſachen meiner geſchwinden Ruͤckkunft ſind dieſe. Am
Dienſtage Abends kam Jhr Herr Schwiegervater
ganz krank von der Fiſchererey zuruͤck. Jch fuhr zu ihm,
ſo bald ich die Nachricht erhielt. Er war in Gefahr,
und dieſe mehrte ſich dergeſtallt, daß der Medicus ſchon
an der Mittwoche fruͤh an ſeinem Aufkommen zwei-
felte. Jch bin von ſeinem Bette nicht weggekommen,
weil er zuſehends ſchwaͤcher ward. Er bezeigte ein gro-
ßes Verlangen, Sie und die Frau Gemahlinn zuſpre-
chen. Es war aber unmoͤglich, weil er gegen Mitter-
nacht in meinen Armen verſchied. Jch habe ſogleich von
den Guͤtern Beſitz nehmen, und alles verſiegeln laſſen.
Jch konnte nicht eher, als geſtern ſpaͤt hier ankommen
ſo ſehr ich auch eilte, Jhnen Nachricht davon zu geben,
und Jhnen mein unterthaͤniges Beyleid muͤndlich zu
bezeigen. Von dem Herrn Oberſtlieutenant habe ich auch
nicht eher als dieſen Mittag Jhren Aufenthalt erfah-
ren koͤnnen. Dieſen Vormittag habe ich angewendet,
Jhre Glaͤubiger zu beruhigen. Die anſehnliche Ver-
laſſenſchaft des ſel. Herrn Schwiegervaters hat ſie ſo
gefaͤllig gemacht, daß ſie Ew. Gnaden nicht allein nach-
ſehen, ſondern mit ihrem ganzen Vermoͤgen unterthaͤ-
nig aufwarten wollen, wenn Sie es verlangen. Hanns
Puff und Compagnie haben mich beſchworen, Sie ihrer
unterthaͤnigſten Devolion zu verſichern. Jch bin u. ſ. w.



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[416/0444] Satyriſche Briefe. Mein Sekretair ſoll Jhnen alles bezahlen. Er wird auf den Donnerſtag Abend erſt wieder kommen. Bis auf den Freytag warten Sie doch, mein guter Alter! Nicht wahr? Sie Sind doch nicht boͤſe? Hochwohlgebohrner Herr, Gnaͤdiger Herr, Sie ſind geſtern Abends kaum zur Stadt hinaus ge- weſen, als ich mit der Poſt hier ankam. Jch habe die Briefe, und Jhre Ordre gefunden. Die Ur- ſachen meiner geſchwinden Ruͤckkunft ſind dieſe. Am Dienſtage Abends kam Jhr Herr Schwiegervater ganz krank von der Fiſchererey zuruͤck. Jch fuhr zu ihm, ſo bald ich die Nachricht erhielt. Er war in Gefahr, und dieſe mehrte ſich dergeſtallt, daß der Medicus ſchon an der Mittwoche fruͤh an ſeinem Aufkommen zwei- felte. Jch bin von ſeinem Bette nicht weggekommen, weil er zuſehends ſchwaͤcher ward. Er bezeigte ein gro- ßes Verlangen, Sie und die Frau Gemahlinn zuſpre- chen. Es war aber unmoͤglich, weil er gegen Mitter- nacht in meinen Armen verſchied. Jch habe ſogleich von den Guͤtern Beſitz nehmen, und alles verſiegeln laſſen. Jch konnte nicht eher, als geſtern ſpaͤt hier ankommen ſo ſehr ich auch eilte, Jhnen Nachricht davon zu geben, und Jhnen mein unterthaͤniges Beyleid muͤndlich zu bezeigen. Von dem Herrn Oberſtlieutenant habe ich auch nicht eher als dieſen Mittag Jhren Aufenthalt erfah- ren koͤnnen. Dieſen Vormittag habe ich angewendet, Jhre Glaͤubiger zu beruhigen. Die anſehnliche Ver- laſſenſchaft des ſel. Herrn Schwiegervaters hat ſie ſo gefaͤllig gemacht, daß ſie Ew. Gnaden nicht allein nach- ſehen, ſondern mit ihrem ganzen Vermoͤgen unterthaͤ- nig aufwarten wollen, wenn Sie es verlangen. Hanns Puff und Compagnie haben mich beſchworen, Sie ihrer unterthaͤnigſten Devolion zu verſichern. Jch bin u. ſ. w.

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/444>, abgerufen am 25.04.2024.