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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
genung gemacht, daß die Apostel ihm und nicht seinen
Begleitern sichtbar sind.

Auch dieses Bild zeigt Raphaels geübtere Hand.

+ Wunder der Messe zu Bolsena.
Die Messe
zu Bolsena.

Ein Priester, der an der Gegenwart Christi
beim heiligen Abendmahl zweifelt, sieht bei Consecri-
rung der Hostie das Kelchtuch mit Blut gefärbt.
Dies geschieht in Gegenwart mehrerer Personen,
worunter Pabst Julius der Zweite mit seinem Ge-
folge ist.

Das Colorit in diesem Gemählde ist sowohl an
und für sich selbst, als in Vergleichung mit den übri-
gen Werken Raphaels der Aufmerksamkeit des Lieb-
habers besonders werth.

Dieser Vorzug ist dem Gemählde eigenthümlich:
Es theilt aber überher denjenigen, den man in allen
übrigen dieses Meisters antrifft, Wahrheit und Ab-
wechselung im Ausdruck. Der Pabst ist in ruhiger
Fassung, und mit Recht darf man glauben, daß
Ueberlegung dem Künstler dabei zur Seite gestanden
hat: Das Oberhaupt der Kirche darf das Wunder,
welches eine so feststehende Wahrheit als die Trans-
substantiation bestätigt, nur als eine natürliche Folge,
höchstens als eine seltene Aeußerung eines täglich wie-
derkehrenden Wunders ansehen. Hingegen zeigt sich
Beschämung und Schrecken auf dem Gesichte und in
der Stellung des Priesters. Dieser Ausdruck con-
trastirt sehr glücklich mit dem materiellen Anstaunen
der Soldaten von der Schweizergarde. Die Neugier
unter den übrigen Zuschauern hat dem Künstler Ge-

legenheit

Der Vaticaniſche Pallaſt.
genung gemacht, daß die Apoſtel ihm und nicht ſeinen
Begleitern ſichtbar ſind.

Auch dieſes Bild zeigt Raphaels geuͤbtere Hand.

† Wunder der Meſſe zu Bolſena.
Die Meſſe
zu Bolſena.

Ein Prieſter, der an der Gegenwart Chriſti
beim heiligen Abendmahl zweifelt, ſieht bei Conſecri-
rung der Hoſtie das Kelchtuch mit Blut gefaͤrbt.
Dies geſchieht in Gegenwart mehrerer Perſonen,
worunter Pabſt Julius der Zweite mit ſeinem Ge-
folge iſt.

Das Colorit in dieſem Gemaͤhlde iſt ſowohl an
und fuͤr ſich ſelbſt, als in Vergleichung mit den uͤbri-
gen Werken Raphaels der Aufmerkſamkeit des Lieb-
habers beſonders werth.

Dieſer Vorzug iſt dem Gemaͤhlde eigenthuͤmlich:
Es theilt aber uͤberher denjenigen, den man in allen
uͤbrigen dieſes Meiſters antrifft, Wahrheit und Ab-
wechſelung im Ausdruck. Der Pabſt iſt in ruhiger
Faſſung, und mit Recht darf man glauben, daß
Ueberlegung dem Kuͤnſtler dabei zur Seite geſtanden
hat: Das Oberhaupt der Kirche darf das Wunder,
welches eine ſo feſtſtehende Wahrheit als die Trans-
ſubſtantiation beſtaͤtigt, nur als eine natuͤrliche Folge,
hoͤchſtens als eine ſeltene Aeußerung eines taͤglich wie-
derkehrenden Wunders anſehen. Hingegen zeigt ſich
Beſchaͤmung und Schrecken auf dem Geſichte und in
der Stellung des Prieſters. Dieſer Ausdruck con-
traſtirt ſehr gluͤcklich mit dem materiellen Anſtaunen
der Soldaten von der Schweizergarde. Die Neugier
unter den uͤbrigen Zuſchauern hat dem Kuͤnſtler Ge-

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[154/0176] Der Vaticaniſche Pallaſt. genung gemacht, daß die Apoſtel ihm und nicht ſeinen Begleitern ſichtbar ſind. Auch dieſes Bild zeigt Raphaels geuͤbtere Hand. † Wunder der Meſſe zu Bolſena. Ein Prieſter, der an der Gegenwart Chriſti beim heiligen Abendmahl zweifelt, ſieht bei Conſecri- rung der Hoſtie das Kelchtuch mit Blut gefaͤrbt. Dies geſchieht in Gegenwart mehrerer Perſonen, worunter Pabſt Julius der Zweite mit ſeinem Ge- folge iſt. Das Colorit in dieſem Gemaͤhlde iſt ſowohl an und fuͤr ſich ſelbſt, als in Vergleichung mit den uͤbri- gen Werken Raphaels der Aufmerkſamkeit des Lieb- habers beſonders werth. Dieſer Vorzug iſt dem Gemaͤhlde eigenthuͤmlich: Es theilt aber uͤberher denjenigen, den man in allen uͤbrigen dieſes Meiſters antrifft, Wahrheit und Ab- wechſelung im Ausdruck. Der Pabſt iſt in ruhiger Faſſung, und mit Recht darf man glauben, daß Ueberlegung dem Kuͤnſtler dabei zur Seite geſtanden hat: Das Oberhaupt der Kirche darf das Wunder, welches eine ſo feſtſtehende Wahrheit als die Trans- ſubſtantiation beſtaͤtigt, nur als eine natuͤrliche Folge, hoͤchſtens als eine ſeltene Aeußerung eines taͤglich wie- derkehrenden Wunders anſehen. Hingegen zeigt ſich Beſchaͤmung und Schrecken auf dem Geſichte und in der Stellung des Prieſters. Dieſer Ausdruck con- traſtirt ſehr gluͤcklich mit dem materiellen Anſtaunen der Soldaten von der Schweizergarde. Die Neugier unter den uͤbrigen Zuſchauern hat dem Kuͤnſtler Ge- legenheit

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/176>, abgerufen am 25.04.2024.