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Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

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Der Vaticanische Pallast.
Laocoon.
+ Laocoon. 5) Eine Gruppe.

Darstellung höchster Bewegung der Seele und
des Körpers, mit möglichster Bewahrung der Schön-
heit, scheint, nebst dem Eindruck des Mitleidens, der
davon abhängt, die Absicht gewesen zu seyn, welche
der Künstler bei Bearbeitung der Geschichte des Lao-
coon sich vor Augen gesetzt hat.

Laocoon hat den Zorn der Götter auf sich gela-
den: -- Nach dem Virgil, -- weil er mit ver-
wegener Hand den Speer in die Seite des Pferdes
geschleudert hatte, welches von den Griechen vor Troja
zurückgelassen, von dem größten Theil der Einwohner
dieser Stadt zu einem geheiligten Geschenke für den
Tempel der Minerva bestimmt wurde. Eben bringt
er dem Neptun ein Opfer, und seine beiden Söhne
leisten ihm dabei Dienste der Opferknaben, als zwei

Schlan-
5) Ich habe gleich zu Anfang dieses Buchs erklärt,
daß meine Absicht dahin geht, den Liebhaber auf
die Spur des Schönen der hauptsächlichsten Kunst-
werke in Rom zu führen. Die Schicksale unserer
Statue, die Untersuchung der Frage: ob der Künst-
ler den Dichter, oder der Dichter den Künstler nach-
geahmet habe, kurz! Alles dasjenige, was man nicht
zu wissen braucht, um unsere Gruppe schön zu fin-
den, gehört nicht hieher. Wer hierüber das Vor-
trefflichste lesen will, und zu gleicher Zeit eine Ent-
wickelung des Gedankens dieses Kunstwerks, die
der Geist des Urhebers eingegeben zu haben scheint,
der lese des Herrn Hofraths Heyne Prüfung einiger
Nachrichten und Behauptungen vom Lacoon im
Belvedere. Sammlung antiquarischer Aufsätze,
IItes Stück n. 1.
Der Vaticaniſche Pallaſt.
Laocoon.
† Laocoon. 5) Eine Gruppe.

Darſtellung hoͤchſter Bewegung der Seele und
des Koͤrpers, mit moͤglichſter Bewahrung der Schoͤn-
heit, ſcheint, nebſt dem Eindruck des Mitleidens, der
davon abhaͤngt, die Abſicht geweſen zu ſeyn, welche
der Kuͤnſtler bei Bearbeitung der Geſchichte des Lao-
coon ſich vor Augen geſetzt hat.

Laocoon hat den Zorn der Goͤtter auf ſich gela-
den: — Nach dem Virgil, — weil er mit ver-
wegener Hand den Speer in die Seite des Pferdes
geſchleudert hatte, welches von den Griechen vor Troja
zuruͤckgelaſſen, von dem groͤßten Theil der Einwohner
dieſer Stadt zu einem geheiligten Geſchenke fuͤr den
Tempel der Minerva beſtimmt wurde. Eben bringt
er dem Neptun ein Opfer, und ſeine beiden Soͤhne
leiſten ihm dabei Dienſte der Opferknaben, als zwei

Schlan-
5) Ich habe gleich zu Anfang dieſes Buchs erklaͤrt,
daß meine Abſicht dahin geht, den Liebhaber auf
die Spur des Schoͤnen der hauptſaͤchlichſten Kunſt-
werke in Rom zu fuͤhren. Die Schickſale unſerer
Statue, die Unterſuchung der Frage: ob der Kuͤnſt-
ler den Dichter, oder der Dichter den Kuͤnſtler nach-
geahmet habe, kurz! Alles dasjenige, was man nicht
zu wiſſen braucht, um unſere Gruppe ſchoͤn zu fin-
den, gehoͤrt nicht hieher. Wer hieruͤber das Vor-
trefflichſte leſen will, und zu gleicher Zeit eine Ent-
wickelung des Gedankens dieſes Kunſtwerks, die
der Geiſt des Urhebers eingegeben zu haben ſcheint,
der leſe des Herrn Hofraths Heyne Pruͤfung einiger
Nachrichten und Behauptungen vom Lacoon im
Belvedere. Sammlung antiquariſcher Aufſaͤtze,
IItes Stuͤck n. 1.
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[56/0078] Der Vaticaniſche Pallaſt. † Laocoon. 5) Eine Gruppe. Darſtellung hoͤchſter Bewegung der Seele und des Koͤrpers, mit moͤglichſter Bewahrung der Schoͤn- heit, ſcheint, nebſt dem Eindruck des Mitleidens, der davon abhaͤngt, die Abſicht geweſen zu ſeyn, welche der Kuͤnſtler bei Bearbeitung der Geſchichte des Lao- coon ſich vor Augen geſetzt hat. Laocoon hat den Zorn der Goͤtter auf ſich gela- den: — Nach dem Virgil, — weil er mit ver- wegener Hand den Speer in die Seite des Pferdes geſchleudert hatte, welches von den Griechen vor Troja zuruͤckgelaſſen, von dem groͤßten Theil der Einwohner dieſer Stadt zu einem geheiligten Geſchenke fuͤr den Tempel der Minerva beſtimmt wurde. Eben bringt er dem Neptun ein Opfer, und ſeine beiden Soͤhne leiſten ihm dabei Dienſte der Opferknaben, als zwei Schlan- 5) Ich habe gleich zu Anfang dieſes Buchs erklaͤrt, daß meine Abſicht dahin geht, den Liebhaber auf die Spur des Schoͤnen der hauptſaͤchlichſten Kunſt- werke in Rom zu fuͤhren. Die Schickſale unſerer Statue, die Unterſuchung der Frage: ob der Kuͤnſt- ler den Dichter, oder der Dichter den Kuͤnſtler nach- geahmet habe, kurz! Alles dasjenige, was man nicht zu wiſſen braucht, um unſere Gruppe ſchoͤn zu fin- den, gehoͤrt nicht hieher. Wer hieruͤber das Vor- trefflichſte leſen will, und zu gleicher Zeit eine Ent- wickelung des Gedankens dieſes Kunſtwerks, die der Geiſt des Urhebers eingegeben zu haben ſcheint, der leſe des Herrn Hofraths Heyne Pruͤfung einiger Nachrichten und Behauptungen vom Lacoon im Belvedere. Sammlung antiquariſcher Aufſaͤtze, IItes Stuͤck n. 1.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/78>, abgerufen am 23.04.2024.