Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787.

Bild:
<< vorherige Seite

Das Capitol.
und mit Statuen Aegyptischer Gottheiten besetzte. Die
Figuren, die in diesem Zimmer stehen, sind von dort
hergeholt. An einigen finden wir eine genaue Nachah-
mung des ältesten Aegyptischen Stils, und diese ge-
hören aus Gründen, die ich bereits bei der Beschrei-
bung der Vaticanischen Statuen angeführt habe, nicht
vor unser Forum: An andern legte die griechische KunstGriechische
Bearbeitung
Aegyptischer
Ideen: Ent-
weder mit
Beibehal-
tung der Ae-
gyptischen
Vorstel-
lungsart,
oder mit Er-
findung einer
neuen, der
Schönheit
mehr ange-
messenen.

nur Objekte religiöser Verehrung der Aegyptier zum
Grunde, und verfeinerte sie nach denen ihr eigenthüm-
lichen Ideen von Schönheit.

Aber auch unter Werken dieser Art findet sich ein
merklicher Unterschied. Entweder haben sich die grie-
chischen Künstler mehr oder minder in die hieroglyphi-
sche Allegorie zu schicken gesucht, oder sie haben diese
Fesseln ganz abgeworfen. Von dieser letzten Art zu
verfahren werde ich weiter hin durch die griechische
Isis und den griechischen Harpocrates auffallende Bei-
spiele geben. Die erste finden wir an verschiedenen
Statuen in diesem Zimmer beobachtet.

Die Idee deutet Barbarei an, die Ausführung
Cultur: Das Steife der Stellung, das Unbedeutende
der Mine und Gebährde, die hieroglyphische Zusam-
mensetzung von Thier und Mensch, oder gar von leb-
losen Gegenständen mit dem Menschen, widersprechen
der Regelmäßigkeit in der Zeichnung, dem Reitz in
den Formen, und der Weichheit in der Behand-
lung.

+ Canopus, ein Kopf mit zwei Angesichtern,
auf einer länglicht runden Vase. Das eine Angesicht
stellt eine Isis vor mit einer Lotusblume als Haupt-
schmuck, das andere einen Ochsenkopf. Dieses sehr

fleißig
Erster Theil. O

Das Capitol.
und mit Statuen Aegyptiſcher Gottheiten beſetzte. Die
Figuren, die in dieſem Zimmer ſtehen, ſind von dort
hergeholt. An einigen finden wir eine genaue Nachah-
mung des aͤlteſten Aegyptiſchen Stils, und dieſe ge-
hoͤren aus Gruͤnden, die ich bereits bei der Beſchrei-
bung der Vaticaniſchen Statuen angefuͤhrt habe, nicht
vor unſer Forum: An andern legte die griechiſche KunſtGriechiſche
Bearbeitung
Aegyptiſcher
Ideen: Ent-
weder mit
Beibehal-
tung der Ae-
gyptiſchen
Vorſtel-
lungsart,
oder mit Er-
findung einer
neuen, der
Schoͤnheit
mehr ange-
meſſenen.

nur Objekte religioͤſer Verehrung der Aegyptier zum
Grunde, und verfeinerte ſie nach denen ihr eigenthuͤm-
lichen Ideen von Schoͤnheit.

Aber auch unter Werken dieſer Art findet ſich ein
merklicher Unterſchied. Entweder haben ſich die grie-
chiſchen Kuͤnſtler mehr oder minder in die hieroglyphi-
ſche Allegorie zu ſchicken geſucht, oder ſie haben dieſe
Feſſeln ganz abgeworfen. Von dieſer letzten Art zu
verfahren werde ich weiter hin durch die griechiſche
Iſis und den griechiſchen Harpocrates auffallende Bei-
ſpiele geben. Die erſte finden wir an verſchiedenen
Statuen in dieſem Zimmer beobachtet.

Die Idee deutet Barbarei an, die Ausfuͤhrung
Cultur: Das Steife der Stellung, das Unbedeutende
der Mine und Gebaͤhrde, die hieroglyphiſche Zuſam-
menſetzung von Thier und Menſch, oder gar von leb-
loſen Gegenſtaͤnden mit dem Menſchen, widerſprechen
der Regelmaͤßigkeit in der Zeichnung, dem Reitz in
den Formen, und der Weichheit in der Behand-
lung.

Canopus, ein Kopf mit zwei Angeſichtern,
auf einer laͤnglicht runden Vaſe. Das eine Angeſicht
ſtellt eine Iſis vor mit einer Lotusblume als Haupt-
ſchmuck, das andere einen Ochſenkopf. Dieſes ſehr

fleißig
Erſter Theil. O
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0231" n="209"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Das Capitol.</hi></fw><lb/>
und mit Statuen Aegypti&#x017F;cher Gottheiten be&#x017F;etzte. Die<lb/>
Figuren, die in die&#x017F;em Zimmer &#x017F;tehen, &#x017F;ind von dort<lb/>
hergeholt. An einigen finden wir eine genaue Nachah-<lb/>
mung des a&#x0364;lte&#x017F;ten Aegypti&#x017F;chen Stils, und die&#x017F;e ge-<lb/>
ho&#x0364;ren aus Gru&#x0364;nden, die ich bereits bei der Be&#x017F;chrei-<lb/>
bung der Vaticani&#x017F;chen Statuen angefu&#x0364;hrt habe, nicht<lb/>
vor un&#x017F;er Forum: An andern legte die griechi&#x017F;che Kun&#x017F;t<note place="right">Griechi&#x017F;che<lb/>
Bearbeitung<lb/>
Aegypti&#x017F;cher<lb/>
Ideen: Ent-<lb/>
weder mit<lb/>
Beibehal-<lb/>
tung der Ae-<lb/>
gypti&#x017F;chen<lb/>
Vor&#x017F;tel-<lb/>
lungsart,<lb/>
oder mit Er-<lb/>
findung einer<lb/>
neuen, der<lb/>
Scho&#x0364;nheit<lb/>
mehr ange-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;enen.</note><lb/>
nur Objekte religio&#x0364;&#x017F;er Verehrung der Aegyptier zum<lb/>
Grunde, und verfeinerte &#x017F;ie nach denen ihr eigenthu&#x0364;m-<lb/>
lichen Ideen von Scho&#x0364;nheit.</p><lb/>
            <p>Aber auch unter Werken die&#x017F;er Art findet &#x017F;ich ein<lb/>
merklicher Unter&#x017F;chied. Entweder haben &#x017F;ich die grie-<lb/>
chi&#x017F;chen Ku&#x0364;n&#x017F;tler mehr oder minder in die hieroglyphi-<lb/>
&#x017F;che Allegorie zu &#x017F;chicken ge&#x017F;ucht, oder &#x017F;ie haben die&#x017F;e<lb/>
Fe&#x017F;&#x017F;eln ganz abgeworfen. Von die&#x017F;er letzten Art zu<lb/>
verfahren werde ich weiter hin durch die griechi&#x017F;che<lb/>
I&#x017F;is und den griechi&#x017F;chen Harpocrates auffallende Bei-<lb/>
&#x017F;piele geben. Die er&#x017F;te finden wir an ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Statuen in die&#x017F;em Zimmer beobachtet.</p><lb/>
            <p>Die Idee deutet Barbarei an, die Ausfu&#x0364;hrung<lb/>
Cultur: Das Steife der Stellung, das Unbedeutende<lb/>
der Mine und Geba&#x0364;hrde, die hieroglyphi&#x017F;che Zu&#x017F;am-<lb/>
men&#x017F;etzung von Thier und Men&#x017F;ch, oder gar von leb-<lb/>
lo&#x017F;en Gegen&#x017F;ta&#x0364;nden mit dem Men&#x017F;chen, wider&#x017F;prechen<lb/>
der Regelma&#x0364;ßigkeit in der Zeichnung, dem Reitz in<lb/>
den Formen, und der Weichheit in der Behand-<lb/>
lung.</p><lb/>
            <p>&#x2020; <hi rendition="#fr">Canopus,</hi> ein Kopf mit zwei Ange&#x017F;ichtern,<lb/>
auf einer la&#x0364;nglicht runden Va&#x017F;e. Das eine Ange&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;tellt eine I&#x017F;is vor mit einer Lotusblume als Haupt-<lb/>
&#x017F;chmuck, das andere einen Och&#x017F;enkopf. Die&#x017F;es &#x017F;ehr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Er&#x017F;ter Theil.</hi> O</fw><fw place="bottom" type="catch">fleißig</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[209/0231] Das Capitol. und mit Statuen Aegyptiſcher Gottheiten beſetzte. Die Figuren, die in dieſem Zimmer ſtehen, ſind von dort hergeholt. An einigen finden wir eine genaue Nachah- mung des aͤlteſten Aegyptiſchen Stils, und dieſe ge- hoͤren aus Gruͤnden, die ich bereits bei der Beſchrei- bung der Vaticaniſchen Statuen angefuͤhrt habe, nicht vor unſer Forum: An andern legte die griechiſche Kunſt nur Objekte religioͤſer Verehrung der Aegyptier zum Grunde, und verfeinerte ſie nach denen ihr eigenthuͤm- lichen Ideen von Schoͤnheit. Griechiſche Bearbeitung Aegyptiſcher Ideen: Ent- weder mit Beibehal- tung der Ae- gyptiſchen Vorſtel- lungsart, oder mit Er- findung einer neuen, der Schoͤnheit mehr ange- meſſenen. Aber auch unter Werken dieſer Art findet ſich ein merklicher Unterſchied. Entweder haben ſich die grie- chiſchen Kuͤnſtler mehr oder minder in die hieroglyphi- ſche Allegorie zu ſchicken geſucht, oder ſie haben dieſe Feſſeln ganz abgeworfen. Von dieſer letzten Art zu verfahren werde ich weiter hin durch die griechiſche Iſis und den griechiſchen Harpocrates auffallende Bei- ſpiele geben. Die erſte finden wir an verſchiedenen Statuen in dieſem Zimmer beobachtet. Die Idee deutet Barbarei an, die Ausfuͤhrung Cultur: Das Steife der Stellung, das Unbedeutende der Mine und Gebaͤhrde, die hieroglyphiſche Zuſam- menſetzung von Thier und Menſch, oder gar von leb- loſen Gegenſtaͤnden mit dem Menſchen, widerſprechen der Regelmaͤßigkeit in der Zeichnung, dem Reitz in den Formen, und der Weichheit in der Behand- lung. † Canopus, ein Kopf mit zwei Angeſichtern, auf einer laͤnglicht runden Vaſe. Das eine Angeſicht ſtellt eine Iſis vor mit einer Lotusblume als Haupt- ſchmuck, das andere einen Ochſenkopf. Dieſes ſehr fleißig Erſter Theil. O

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/231
Zitationshilfe: Ramdohr, Friedrich Wilhelm Basilius von: Über Mahlerei und Bildhauerarbeit in Rom für Liebhaber des Schönen in der Kunst. T. 1. Leipzig, 1787, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_mahlerei01_1787/231>, abgerufen am 25.04.2024.