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Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798.

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einer Person von verschiedenem Geschlechte in der Gesellschaft durch Vorzüge, welche das Geschlecht charakterisieren, ausschließend zu gefallen. Er führt etwas Ueppiges mit sich, welches der Ehrgeitz und selbst die Eitelkeit, den Beyfall einer Person von dem nehmlichen Geschlechte zu erhalten, nicht an sich trägt. Eitelkeit gehört überhaupt, in seinem Verhältnisse zum Ehrgeitze betrachtet, zu unserer Zartheit. Wir fühlen uns an unserer zärteren Seite gereitzt, und die Wonne, welche dieß Bewußtseyn begleitet, ist ihrem Charakter nach auflösend. Aber diejenige Eitelkeit, welche durch den Beyfall einer Person von anerkannter Geschlechtsverschiedenheit befriedigt wird, trägt den Charakter des Hanges zum Geschlechtsverschiedenen an sich. Was dem Weibe an dem Manne gefällt, ist nicht seine reine Stärke, seine reine Festigkeit, sondern beydes zur Geschmeidigkeit modificiert: die Annehmlichkeit seines festen Charakters. Die Vorstellung dieser gefallenden Eigenschaft führt jene Mischung von Hingebung und Beherrschung mit sich, welche die Seele zu gleicher Zeit spannt und zärtelt. Wenn das Weib die Macht seiner sanften Reitze über die Stärke des Mannes erprobt, so fühlt es sich mittelst seiner Zartheit stark und dem Manne sich entgegenhebend. Wieder ein üppiges Gefühl, wieder eine Mischung von Stärke und Zartheit, von Hingebung und Beherrschung! Beyde Gemüther lagern sich in einander ein!

Es ist überhaupt sehr merkwürdig, daß der Trieb nach geselliger Auszeichnung vom andern Geschlechte, diese üppige Eitelkeit der Seele, mit der Ueppigkeit und der Lüsternheit des Körpers in so genauem Verhältnisse steht.

einer Person von verschiedenem Geschlechte in der Gesellschaft durch Vorzüge, welche das Geschlecht charakterisieren, ausschließend zu gefallen. Er führt etwas Ueppiges mit sich, welches der Ehrgeitz und selbst die Eitelkeit, den Beyfall einer Person von dem nehmlichen Geschlechte zu erhalten, nicht an sich trägt. Eitelkeit gehört überhaupt, in seinem Verhältnisse zum Ehrgeitze betrachtet, zu unserer Zartheit. Wir fühlen uns an unserer zärteren Seite gereitzt, und die Wonne, welche dieß Bewußtseyn begleitet, ist ihrem Charakter nach auflösend. Aber diejenige Eitelkeit, welche durch den Beyfall einer Person von anerkannter Geschlechtsverschiedenheit befriedigt wird, trägt den Charakter des Hanges zum Geschlechtsverschiedenen an sich. Was dem Weibe an dem Manne gefällt, ist nicht seine reine Stärke, seine reine Festigkeit, sondern beydes zur Geschmeidigkeit modificiert: die Annehmlichkeit seines festen Charakters. Die Vorstellung dieser gefallenden Eigenschaft führt jene Mischung von Hingebung und Beherrschung mit sich, welche die Seele zu gleicher Zeit spannt und zärtelt. Wenn das Weib die Macht seiner sanften Reitze über die Stärke des Mannes erprobt, so fühlt es sich mittelst seiner Zartheit stark und dem Manne sich entgegenhebend. Wieder ein üppiges Gefühl, wieder eine Mischung von Stärke und Zartheit, von Hingebung und Beherrschung! Beyde Gemüther lagern sich in einander ein!

Es ist überhaupt sehr merkwürdig, daß der Trieb nach geselliger Auszeichnung vom andern Geschlechte, diese üppige Eitelkeit der Seele, mit der Ueppigkeit und der Lüsternheit des Körpers in so genauem Verhältnisse steht.

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[180/0180] einer Person von verschiedenem Geschlechte in der Gesellschaft durch Vorzüge, welche das Geschlecht charakterisieren, ausschließend zu gefallen. Er führt etwas Ueppiges mit sich, welches der Ehrgeitz und selbst die Eitelkeit, den Beyfall einer Person von dem nehmlichen Geschlechte zu erhalten, nicht an sich trägt. Eitelkeit gehört überhaupt, in seinem Verhältnisse zum Ehrgeitze betrachtet, zu unserer Zartheit. Wir fühlen uns an unserer zärteren Seite gereitzt, und die Wonne, welche dieß Bewußtseyn begleitet, ist ihrem Charakter nach auflösend. Aber diejenige Eitelkeit, welche durch den Beyfall einer Person von anerkannter Geschlechtsverschiedenheit befriedigt wird, trägt den Charakter des Hanges zum Geschlechtsverschiedenen an sich. Was dem Weibe an dem Manne gefällt, ist nicht seine reine Stärke, seine reine Festigkeit, sondern beydes zur Geschmeidigkeit modificiert: die Annehmlichkeit seines festen Charakters. Die Vorstellung dieser gefallenden Eigenschaft führt jene Mischung von Hingebung und Beherrschung mit sich, welche die Seele zu gleicher Zeit spannt und zärtelt. Wenn das Weib die Macht seiner sanften Reitze über die Stärke des Mannes erprobt, so fühlt es sich mittelst seiner Zartheit stark und dem Manne sich entgegenhebend. Wieder ein üppiges Gefühl, wieder eine Mischung von Stärke und Zartheit, von Hingebung und Beherrschung! Beyde Gemüther lagern sich in einander ein! Es ist überhaupt sehr merkwürdig, daß der Trieb nach geselliger Auszeichnung vom andern Geschlechte, diese üppige Eitelkeit der Seele, mit der Ueppigkeit und der Lüsternheit des Körpers in so genauem Verhältnisse steht.

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Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Erster Theil: Naturkunde der Liebe. Leipzig, 1798, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus01_1798/180>, abgerufen am 29.03.2024.