Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

spricht die Frau ihr Wort mit, giebt Rath, und hat eine Stimme bey der Wahl eines Weibes für ihren Sohn.

Im Phormio spielt Nausistrata, die Gattin des Chremes, die Rolle einer Maitresse femme. Merkwürdig ist es, daß der Parasit Phormio sich als den guten Freund des Hauses ankündigt, daß Nausistrata verspricht, ihm in Allem, worin sie kann, nützlich zu seyn, daß er sich bey ihr zu Gast bittet, und daß sie, ohne den Mann zu fragen, ihn zur Tafel einladet.

In der Hecyra antwortet Sostrata auf die Vorwürfe ihres Gatten: "Es ist die größte Ungerechtigkeit, wenn die Männer unser ganzes Geschlecht auf einerley Art beurtheilen, weil es einige schlechte Weiber giebt." Laches gesteht dieß selbst ein: "Kann man mehr Vollkommenheit von den Weibern als von den Männern fordern, ruft er aus; sind wir denn selbst ohne Fehler?"

Ueberall findet man Spuren wahrer Zärtlichkeit in der Ehe, und den festgesetzten Begriff der Verbindlichkeit des Gatten zur Treue, oder wenigstens zur Verheimlichung seiner Liebschaften.

Es ist schändlich, sagt Demea in den Adelphen, die Buhlerin mit der Frau in einem Hause zu vereinigen." Nausistrata in dem Phormio will durchaus ihren Mann verlassen, weil er eine Tochter in einer Winkelheirath gezeugt hat, und dieser fühlt selbst, daß er nicht Recht daran gethan habe, und höchstens nur Nachsicht verdiene.

In der Andria, im Eunuch, in den Adelphen, im Phormio, in der Hecyra kommen theils leidenschaftlich verliebte Liebhaber, theils eben so leidenschaftlich verliebte und zärtliche Ehemänner vor. In dem letzten

spricht die Frau ihr Wort mit, giebt Rath, und hat eine Stimme bey der Wahl eines Weibes für ihren Sohn.

Im Phormio spielt Nausistrata, die Gattin des Chremes, die Rolle einer Maitresse femme. Merkwürdig ist es, daß der Parasit Phormio sich als den guten Freund des Hauses ankündigt, daß Nausistrata verspricht, ihm in Allem, worin sie kann, nützlich zu seyn, daß er sich bey ihr zu Gast bittet, und daß sie, ohne den Mann zu fragen, ihn zur Tafel einladet.

In der Hecyra antwortet Sostrata auf die Vorwürfe ihres Gatten: „Es ist die größte Ungerechtigkeit, wenn die Männer unser ganzes Geschlecht auf einerley Art beurtheilen, weil es einige schlechte Weiber giebt.“ Laches gesteht dieß selbst ein: „Kann man mehr Vollkommenheit von den Weibern als von den Männern fordern, ruft er aus; sind wir denn selbst ohne Fehler?“

Ueberall findet man Spuren wahrer Zärtlichkeit in der Ehe, und den festgesetzten Begriff der Verbindlichkeit des Gatten zur Treue, oder wenigstens zur Verheimlichung seiner Liebschaften.

Es ist schändlich, sagt Demea in den Adelphen, die Buhlerin mit der Frau in einem Hause zu vereinigen.“ Nausistrata in dem Phormio will durchaus ihren Mann verlassen, weil er eine Tochter in einer Winkelheirath gezeugt hat, und dieser fühlt selbst, daß er nicht Recht daran gethan habe, und höchstens nur Nachsicht verdiene.

In der Andria, im Eunuch, in den Adelphen, im Phormio, in der Hecyra kommen theils leidenschaftlich verliebte Liebhaber, theils eben so leidenschaftlich verliebte und zärtliche Ehemänner vor. In dem letzten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0269" n="269"/>
spricht die Frau ihr Wort mit, giebt Rath, und hat eine Stimme bey der Wahl eines Weibes für ihren Sohn.</p>
          <p>Im Phormio spielt Nausistrata, die Gattin des Chremes, die Rolle einer <hi rendition="#aq">Maitresse femme.</hi> Merkwürdig ist es, daß der Parasit <hi rendition="#g">Phormio</hi> sich als den guten Freund des Hauses ankündigt, daß Nausistrata verspricht, ihm in Allem, worin sie kann, nützlich zu seyn, daß er sich bey ihr zu Gast bittet, und daß sie, ohne den Mann zu fragen, ihn zur Tafel einladet.</p>
          <p>In der <hi rendition="#g">Hecyra</hi> antwortet Sostrata auf die Vorwürfe ihres Gatten: &#x201E;Es ist die größte Ungerechtigkeit, wenn die Männer unser ganzes Geschlecht auf einerley Art beurtheilen, weil es einige schlechte Weiber giebt.&#x201C; Laches gesteht dieß selbst ein: &#x201E;Kann man mehr Vollkommenheit von den Weibern als von den Männern fordern, ruft er aus; sind wir denn selbst ohne Fehler?&#x201C;</p>
          <p>Ueberall findet man Spuren wahrer Zärtlichkeit in der Ehe, und den festgesetzten Begriff der Verbindlichkeit des Gatten zur Treue, oder wenigstens zur Verheimlichung seiner Liebschaften.</p>
          <p>Es ist schändlich, sagt Demea in den <hi rendition="#g">Adelphen,</hi> die Buhlerin mit der Frau in einem Hause zu vereinigen.&#x201C; Nausistrata in dem Phormio will durchaus ihren Mann verlassen, weil er eine Tochter in einer Winkelheirath gezeugt hat, und dieser fühlt selbst, daß er nicht Recht daran gethan habe, und höchstens nur Nachsicht verdiene.</p>
          <p>In der Andria, im Eunuch, in den Adelphen, im Phormio, in der Hecyra kommen theils leidenschaftlich verliebte Liebhaber, theils eben so leidenschaftlich verliebte und zärtliche Ehemänner vor. In dem letzten
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0269] spricht die Frau ihr Wort mit, giebt Rath, und hat eine Stimme bey der Wahl eines Weibes für ihren Sohn. Im Phormio spielt Nausistrata, die Gattin des Chremes, die Rolle einer Maitresse femme. Merkwürdig ist es, daß der Parasit Phormio sich als den guten Freund des Hauses ankündigt, daß Nausistrata verspricht, ihm in Allem, worin sie kann, nützlich zu seyn, daß er sich bey ihr zu Gast bittet, und daß sie, ohne den Mann zu fragen, ihn zur Tafel einladet. In der Hecyra antwortet Sostrata auf die Vorwürfe ihres Gatten: „Es ist die größte Ungerechtigkeit, wenn die Männer unser ganzes Geschlecht auf einerley Art beurtheilen, weil es einige schlechte Weiber giebt.“ Laches gesteht dieß selbst ein: „Kann man mehr Vollkommenheit von den Weibern als von den Männern fordern, ruft er aus; sind wir denn selbst ohne Fehler?“ Ueberall findet man Spuren wahrer Zärtlichkeit in der Ehe, und den festgesetzten Begriff der Verbindlichkeit des Gatten zur Treue, oder wenigstens zur Verheimlichung seiner Liebschaften. Es ist schändlich, sagt Demea in den Adelphen, die Buhlerin mit der Frau in einem Hause zu vereinigen.“ Nausistrata in dem Phormio will durchaus ihren Mann verlassen, weil er eine Tochter in einer Winkelheirath gezeugt hat, und dieser fühlt selbst, daß er nicht Recht daran gethan habe, und höchstens nur Nachsicht verdiene. In der Andria, im Eunuch, in den Adelphen, im Phormio, in der Hecyra kommen theils leidenschaftlich verliebte Liebhaber, theils eben so leidenschaftlich verliebte und zärtliche Ehemänner vor. In dem letzten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/269
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/269>, abgerufen am 29.03.2024.