Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite

Zeit nicht außer dem Kreise des Glaubwürdigen, und

3) Die Charaktere der beyden Gatten zeigen eine Selbstthätigkeit, die ihre Schicksale mit regiert. Die Eifersucht der Sinonis geht so weit, daß sie sich sogar mit einem andern Manne vermählt, und Rhodanes nimmt sie seinem Nebenbuhler mit den Waffen in der Hand wieder ab. Endlich

4) versichert uns Photius, daß der Styl des Jamblichius seiner Methode und seiner Würde wegen, sich dem der wahren Geschichte genähert habe.

Chariton Aphrodinensis hat uns die Liebesgeschichte des Chereas und der Callirrhoe geliefert.

Diese beyden Personen in Syrakus, und daselbst von den angesehensten Eltern geboren, sehen sich im Tempel der Venus, lieben sich, und werden mit einander verheirathet. Die Nebenbuhler des Chereas, neidisch über sein Glück, bestechen eine der Sklavinnen der Callirrhoe, ihren Liebhaber unter solchen Umständen ins Haus zu lassen, welche den Verdacht erregen, als wenn er zu ihrer Gebieterin ginge. Chereas wird zu gleicher Zeit von der vorgeblichen Untreue seiner Gattin unterrichtet: sieht, daß der Liebhaber in der Kleidung eines Mannes, der auf gut Glück ausgeht, in sein Haus schleicht; stürzt ihm nach, und mißhandelt, da der Buhle seiner Verfolgung entwischt, das treue Weib auf eine so grausame Art, daß es für todt hinfällt.

Callirrhoe wird begraben. Aber sie erwacht im Grabe, und Räuber, die es plündern wollen, führen sie gefangen mit sich fort. Sie wird nach Milet gebracht, und einem reichen Ionier, Dyonisius, verkauft.

Zeit nicht außer dem Kreise des Glaubwürdigen, und

3) Die Charaktere der beyden Gatten zeigen eine Selbstthätigkeit, die ihre Schicksale mit regiert. Die Eifersucht der Sinonis geht so weit, daß sie sich sogar mit einem andern Manne vermählt, und Rhodanes nimmt sie seinem Nebenbuhler mit den Waffen in der Hand wieder ab. Endlich

4) versichert uns Photius, daß der Styl des Jamblichius seiner Methode und seiner Würde wegen, sich dem der wahren Geschichte genähert habe.

Chariton Aphrodinensis hat uns die Liebesgeschichte des Chereas und der Callirrhoe geliefert.

Diese beyden Personen in Syrakus, und daselbst von den angesehensten Eltern geboren, sehen sich im Tempel der Venus, lieben sich, und werden mit einander verheirathet. Die Nebenbuhler des Chereas, neidisch über sein Glück, bestechen eine der Sklavinnen der Callirrhoe, ihren Liebhaber unter solchen Umständen ins Haus zu lassen, welche den Verdacht erregen, als wenn er zu ihrer Gebieterin ginge. Chereas wird zu gleicher Zeit von der vorgeblichen Untreue seiner Gattin unterrichtet: sieht, daß der Liebhaber in der Kleidung eines Mannes, der auf gut Glück ausgeht, in sein Haus schleicht; stürzt ihm nach, und mißhandelt, da der Buhle seiner Verfolgung entwischt, das treue Weib auf eine so grausame Art, daß es für todt hinfällt.

Callirrhoe wird begraben. Aber sie erwacht im Grabe, und Räuber, die es plündern wollen, führen sie gefangen mit sich fort. Sie wird nach Milet gebracht, und einem reichen Ionier, Dyonisius, verkauft.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0381" n="381"/>
Zeit nicht außer dem Kreise des Glaubwürdigen, und</p>
          <p>3) Die Charaktere der beyden Gatten zeigen eine Selbstthätigkeit, die ihre Schicksale mit regiert. Die Eifersucht der Sinonis geht so weit, daß sie sich sogar mit einem andern Manne vermählt, und Rhodanes nimmt sie seinem Nebenbuhler mit den Waffen in der Hand wieder ab. Endlich</p>
          <p>4) versichert uns Photius, daß der Styl des Jamblichius seiner Methode und seiner Würde wegen, sich dem der wahren Geschichte genähert habe.</p>
          <p>Chariton Aphrodinensis hat uns die Liebesgeschichte des Chereas und der Callirrhoe geliefert.</p>
          <p>Diese beyden Personen in Syrakus, und daselbst von den angesehensten Eltern geboren, sehen sich im Tempel der Venus, lieben sich, und werden mit einander verheirathet. Die Nebenbuhler des Chereas, neidisch über sein Glück, bestechen eine der Sklavinnen der Callirrhoe, ihren Liebhaber unter solchen Umständen ins Haus zu lassen, welche den Verdacht erregen, als wenn er zu ihrer Gebieterin ginge. Chereas wird zu gleicher Zeit von der vorgeblichen Untreue seiner Gattin unterrichtet: sieht, daß der Liebhaber in der Kleidung eines Mannes, der auf gut Glück ausgeht, in sein Haus schleicht; stürzt ihm nach, und mißhandelt, da der Buhle seiner Verfolgung entwischt, das treue Weib auf eine so grausame Art, daß es für todt hinfällt.</p>
          <p>Callirrhoe wird begraben. Aber sie erwacht im Grabe, und Räuber, die es plündern wollen, führen sie gefangen mit sich fort. Sie wird nach Milet gebracht, und einem reichen Ionier, Dyonisius, verkauft.
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0381] Zeit nicht außer dem Kreise des Glaubwürdigen, und 3) Die Charaktere der beyden Gatten zeigen eine Selbstthätigkeit, die ihre Schicksale mit regiert. Die Eifersucht der Sinonis geht so weit, daß sie sich sogar mit einem andern Manne vermählt, und Rhodanes nimmt sie seinem Nebenbuhler mit den Waffen in der Hand wieder ab. Endlich 4) versichert uns Photius, daß der Styl des Jamblichius seiner Methode und seiner Würde wegen, sich dem der wahren Geschichte genähert habe. Chariton Aphrodinensis hat uns die Liebesgeschichte des Chereas und der Callirrhoe geliefert. Diese beyden Personen in Syrakus, und daselbst von den angesehensten Eltern geboren, sehen sich im Tempel der Venus, lieben sich, und werden mit einander verheirathet. Die Nebenbuhler des Chereas, neidisch über sein Glück, bestechen eine der Sklavinnen der Callirrhoe, ihren Liebhaber unter solchen Umständen ins Haus zu lassen, welche den Verdacht erregen, als wenn er zu ihrer Gebieterin ginge. Chereas wird zu gleicher Zeit von der vorgeblichen Untreue seiner Gattin unterrichtet: sieht, daß der Liebhaber in der Kleidung eines Mannes, der auf gut Glück ausgeht, in sein Haus schleicht; stürzt ihm nach, und mißhandelt, da der Buhle seiner Verfolgung entwischt, das treue Weib auf eine so grausame Art, daß es für todt hinfällt. Callirrhoe wird begraben. Aber sie erwacht im Grabe, und Räuber, die es plündern wollen, führen sie gefangen mit sich fort. Sie wird nach Milet gebracht, und einem reichen Ionier, Dyonisius, verkauft.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-20T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-20T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-20T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Als Grundlage dienen die Wikisource:Editionsrichtlinien.
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als moderner Umlaut (ä, ö, ü) transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/381
Zitationshilfe: Ramdohr, Basilius von: Venus Urania. Ueber die Natur der Liebe, über ihre Veredlung und Verschönerung. Dritten Theils erste Abtheilung: Aeltere Geschichte der Geschlechtsverbindung und Liebe. Leipzig, 1798, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ramdohr_venus0301_1798/381>, abgerufen am 20.04.2024.