Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

Finanzen.
und fesselt, in dem Kirchenstaate zuerst systematisch entwik-
kelt wurde.

Mit wie vielem Recht man auch über die Erpressun-
gen Klage geführt haben mag, welche sich Rom während
des funfzehnten Jahrhunderts erlaubte, so ist doch au-
genscheinlich, daß von dem Ertrage derselben nur wenig
in die Hände des Papstes kam. Pius II. genoß die all-
gemeine Obedienz von Europa: dennoch hat er einmal
aus Mangel an Geld sich und seine Umgebung auf Eine
Mahlzeit des Tages einschränken müssen. Die 200000 Duc.,
die er zu dem Türkenkriege brauchte, den er vorhatte,
mußte er erborgen. Selbst jene kleinlichen Mittel, deren
sich mancher Papst bediente, um von einem Fürsten, einem
Bischof, einem Großmeister, der eine Sache am Hofe hatte,
ein Geschenk, etwa von einem goldenen Becher mit einer
Summe Ducaten darin, oder von Pelzwerk zu erlangen 1),
beweisen nur, wie die Wirthschaft, die man führte, doch
eigentlich armselig war.

Das Geld gelangte, wenn nicht in so außerordentli-
chen Summen, wie man angenommen, doch in sehr be-
trächtlichen allerdings an den Hof, aber hier zerfloß es
in tausend Hände. Es wurde von den Aemtern absorbirt,
die man schon seit geraumer Zeit zu verkaufen pflegte.

1) Vogt: Stimmen aus Rom über den päpstlichen Hof im
funfzehnten Jahrhundert in dem Historischen Taschenbuch von Fr.
v. Raumer 1833 hat eine Menge Notizen hierüber. Wer das
Buch: Schlesien vor und seit dem Jahre 1740 zur Hand hat, fin-
det darin II, 483, eine nicht üble Satire auf dieß Unwesen des Ge-
schenkgebens aus dem 15ten Jahrh.: Passio domini papae secun-
dum marcam auri et argenti.
26

Finanzen.
und feſſelt, in dem Kirchenſtaate zuerſt ſyſtematiſch entwik-
kelt wurde.

Mit wie vielem Recht man auch uͤber die Erpreſſun-
gen Klage gefuͤhrt haben mag, welche ſich Rom waͤhrend
des funfzehnten Jahrhunderts erlaubte, ſo iſt doch au-
genſcheinlich, daß von dem Ertrage derſelben nur wenig
in die Haͤnde des Papſtes kam. Pius II. genoß die all-
gemeine Obedienz von Europa: dennoch hat er einmal
aus Mangel an Geld ſich und ſeine Umgebung auf Eine
Mahlzeit des Tages einſchraͤnken muͤſſen. Die 200000 Duc.,
die er zu dem Tuͤrkenkriege brauchte, den er vorhatte,
mußte er erborgen. Selbſt jene kleinlichen Mittel, deren
ſich mancher Papſt bediente, um von einem Fuͤrſten, einem
Biſchof, einem Großmeiſter, der eine Sache am Hofe hatte,
ein Geſchenk, etwa von einem goldenen Becher mit einer
Summe Ducaten darin, oder von Pelzwerk zu erlangen 1),
beweiſen nur, wie die Wirthſchaft, die man fuͤhrte, doch
eigentlich armſelig war.

Das Geld gelangte, wenn nicht in ſo außerordentli-
chen Summen, wie man angenommen, doch in ſehr be-
traͤchtlichen allerdings an den Hof, aber hier zerfloß es
in tauſend Haͤnde. Es wurde von den Aemtern abſorbirt,
die man ſchon ſeit geraumer Zeit zu verkaufen pflegte.

1) Vogt: Stimmen aus Rom uͤber den paͤpſtlichen Hof im
funfzehnten Jahrhundert in dem Hiſtoriſchen Taſchenbuch von Fr.
v. Raumer 1833 hat eine Menge Notizen hieruͤber. Wer das
Buch: Schleſien vor und ſeit dem Jahre 1740 zur Hand hat, fin-
det darin II, 483, eine nicht uͤble Satire auf dieß Unweſen des Ge-
ſchenkgebens aus dem 15ten Jahrh.: Passio domini papae secun-
dum marcam auri et argenti.
26
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0427" n="401"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Finanzen</hi>.</fw><lb/>
und fe&#x017F;&#x017F;elt, in dem Kirchen&#x017F;taate zuer&#x017F;t &#x017F;y&#x017F;temati&#x017F;ch entwik-<lb/>
kelt wurde.</p><lb/>
          <p>Mit wie vielem Recht man auch u&#x0364;ber die Erpre&#x017F;&#x017F;un-<lb/>
gen Klage gefu&#x0364;hrt haben mag, welche &#x017F;ich Rom wa&#x0364;hrend<lb/>
des funfzehnten Jahrhunderts erlaubte, &#x017F;o i&#x017F;t doch au-<lb/>
gen&#x017F;cheinlich, daß von dem Ertrage der&#x017F;elben nur wenig<lb/>
in die Ha&#x0364;nde des Pap&#x017F;tes kam. Pius <hi rendition="#aq">II.</hi> genoß die all-<lb/>
gemeine Obedienz von Europa: dennoch hat er einmal<lb/>
aus Mangel an Geld &#x017F;ich und &#x017F;eine Umgebung auf Eine<lb/>
Mahlzeit des Tages ein&#x017F;chra&#x0364;nken mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Die 200000 Duc.,<lb/>
die er zu dem Tu&#x0364;rkenkriege brauchte, den er vorhatte,<lb/>
mußte er erborgen. Selb&#x017F;t jene kleinlichen Mittel, deren<lb/>
&#x017F;ich mancher Pap&#x017F;t bediente, um von einem Fu&#x0364;r&#x017F;ten, einem<lb/>
Bi&#x017F;chof, einem Großmei&#x017F;ter, der eine Sache am Hofe hatte,<lb/>
ein Ge&#x017F;chenk, etwa von einem goldenen Becher mit einer<lb/>
Summe Ducaten darin, oder von Pelzwerk zu erlangen <note place="foot" n="1)">Vogt: Stimmen aus Rom u&#x0364;ber den pa&#x0364;p&#x017F;tlichen Hof im<lb/>
funfzehnten Jahrhundert in dem Hi&#x017F;tori&#x017F;chen Ta&#x017F;chenbuch von Fr.<lb/>
v. Raumer 1833 hat eine Menge Notizen hieru&#x0364;ber. Wer das<lb/>
Buch: Schle&#x017F;ien vor und &#x017F;eit dem Jahre 1740 zur Hand hat, fin-<lb/>
det darin <hi rendition="#aq">II,</hi> 483, eine nicht u&#x0364;ble Satire auf dieß Unwe&#x017F;en des Ge-<lb/>
&#x017F;chenkgebens aus dem 15ten Jahrh.: <hi rendition="#aq">Passio domini papae secun-<lb/>
dum marcam auri et argenti.</hi></note>,<lb/>
bewei&#x017F;en nur, wie die Wirth&#x017F;chaft, die man fu&#x0364;hrte, doch<lb/>
eigentlich arm&#x017F;elig war.</p><lb/>
          <p>Das Geld gelangte, wenn nicht in &#x017F;o außerordentli-<lb/>
chen Summen, wie man angenommen, doch in &#x017F;ehr be-<lb/>
tra&#x0364;chtlichen allerdings an den Hof, aber hier zerfloß es<lb/>
in tau&#x017F;end Ha&#x0364;nde. Es wurde von den Aemtern ab&#x017F;orbirt,<lb/>
die man &#x017F;chon &#x017F;eit geraumer Zeit zu verkaufen pflegte.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">26</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[401/0427] Finanzen. und feſſelt, in dem Kirchenſtaate zuerſt ſyſtematiſch entwik- kelt wurde. Mit wie vielem Recht man auch uͤber die Erpreſſun- gen Klage gefuͤhrt haben mag, welche ſich Rom waͤhrend des funfzehnten Jahrhunderts erlaubte, ſo iſt doch au- genſcheinlich, daß von dem Ertrage derſelben nur wenig in die Haͤnde des Papſtes kam. Pius II. genoß die all- gemeine Obedienz von Europa: dennoch hat er einmal aus Mangel an Geld ſich und ſeine Umgebung auf Eine Mahlzeit des Tages einſchraͤnken muͤſſen. Die 200000 Duc., die er zu dem Tuͤrkenkriege brauchte, den er vorhatte, mußte er erborgen. Selbſt jene kleinlichen Mittel, deren ſich mancher Papſt bediente, um von einem Fuͤrſten, einem Biſchof, einem Großmeiſter, der eine Sache am Hofe hatte, ein Geſchenk, etwa von einem goldenen Becher mit einer Summe Ducaten darin, oder von Pelzwerk zu erlangen 1), beweiſen nur, wie die Wirthſchaft, die man fuͤhrte, doch eigentlich armſelig war. Das Geld gelangte, wenn nicht in ſo außerordentli- chen Summen, wie man angenommen, doch in ſehr be- traͤchtlichen allerdings an den Hof, aber hier zerfloß es in tauſend Haͤnde. Es wurde von den Aemtern abſorbirt, die man ſchon ſeit geraumer Zeit zu verkaufen pflegte. 1) Vogt: Stimmen aus Rom uͤber den paͤpſtlichen Hof im funfzehnten Jahrhundert in dem Hiſtoriſchen Taſchenbuch von Fr. v. Raumer 1833 hat eine Menge Notizen hieruͤber. Wer das Buch: Schleſien vor und ſeit dem Jahre 1740 zur Hand hat, fin- det darin II, 483, eine nicht uͤble Satire auf dieß Unweſen des Ge- ſchenkgebens aus dem 15ten Jahrh.: Passio domini papae secun- dum marcam auri et argenti. 26

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/427
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/427>, abgerufen am 25.04.2024.