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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Buch IV. Staat und Hof.

Bei den ersten glücklichen Fortschritten der Osmanen
in den illyrischen und dalmatinischen Provinzen flohen viele
Einwohner derselben nach Italien. Man sah sie ankom-
men, in Gruppen geschaart an dem Ufer sitzen und die
Hände gegen den Himmel ausstrecken. Unter solchen Flücht-
lingen ist wahrscheinlich auch der Ahnherr Sixtus V., Za-
netto Peretti, herübergekommen; er war von slawischer Na-
tion. Wie es aber Flüchtlingen geht: weder er noch auch
seine Nachkommen, die sich in Montalto niedergelassen,
hatten sich in ihrem neuen Vaterlande eines besondern
Glückes zu rühmen: Peretto Peretti, der Vater Sixtus V.,
mußte sogar Schulden halber diese Stadt verlassen: erst
seine Verheurathung machte ihn fähig, einen Garten in
Grotte a Mare bei Fermo zu pachten. Dieser Ort hat
einen milderen Winter als sonst die Mark: er bringt Po-
meranzen und Citronen hervor: um die Ruinen eines alten
Tempels der etruskischen Juno, der Cupra her war der
Garten angelegt. Hier ward dem Peretti am 18. Dez.
1521 ein Sohn geboren. Es hatte ihm geträumt, er be-
klage sein Unglück, und eine himmlische Stimme tröste
ihn mit der Versicherung, er werde einen Sohn bekom-
men, der sein Haus glücklich machen werde. Deshalb
nannte er ihn Felix 1).


1) Tempesti: storia della vita e geste di Sisto V. 1754 hat
über den Ursprung seines Helden das Archiv von Montalto unter-
sucht. Authentisch ist auch die vita Sixti V., ipsius manu emen-
data. Ms.
der Bibl. Altieri zu Rom. Sixtus ward geboren, cum
pater Ludovici Vecchii Firmani hortum excoleret, mater Dia-
nae nurui ejus perhonestae matronae domesticis ministeriis ope-
ram daret.
Diese Diana erlebte im hohen Alter das Pontificat des
Buch IV. Staat und Hof.

Bei den erſten gluͤcklichen Fortſchritten der Osmanen
in den illyriſchen und dalmatiniſchen Provinzen flohen viele
Einwohner derſelben nach Italien. Man ſah ſie ankom-
men, in Gruppen geſchaart an dem Ufer ſitzen und die
Haͤnde gegen den Himmel ausſtrecken. Unter ſolchen Fluͤcht-
lingen iſt wahrſcheinlich auch der Ahnherr Sixtus V., Za-
netto Peretti, heruͤbergekommen; er war von ſlawiſcher Na-
tion. Wie es aber Fluͤchtlingen geht: weder er noch auch
ſeine Nachkommen, die ſich in Montalto niedergelaſſen,
hatten ſich in ihrem neuen Vaterlande eines beſondern
Gluͤckes zu ruͤhmen: Peretto Peretti, der Vater Sixtus V.,
mußte ſogar Schulden halber dieſe Stadt verlaſſen: erſt
ſeine Verheurathung machte ihn faͤhig, einen Garten in
Grotte a Mare bei Fermo zu pachten. Dieſer Ort hat
einen milderen Winter als ſonſt die Mark: er bringt Po-
meranzen und Citronen hervor: um die Ruinen eines alten
Tempels der etruskiſchen Juno, der Cupra her war der
Garten angelegt. Hier ward dem Peretti am 18. Dez.
1521 ein Sohn geboren. Es hatte ihm getraͤumt, er be-
klage ſein Ungluͤck, und eine himmliſche Stimme troͤſte
ihn mit der Verſicherung, er werde einen Sohn bekom-
men, der ſein Haus gluͤcklich machen werde. Deshalb
nannte er ihn Felix 1).


1) Tempesti: storia della vita e geste di Sisto V. 1754 hat
uͤber den Urſprung ſeines Helden das Archiv von Montalto unter-
ſucht. Authentiſch iſt auch die vita Sixti V., ipsius manu emen-
data. Ms.
der Bibl. Altieri zu Rom. Sixtus ward geboren, cum
pater Ludovici Vecchii Firmani hortum excoleret, mater Dia-
nae nurui ejus perhonestae matronae domesticis ministeriis ope-
ram daret.
Dieſe Diana erlebte im hohen Alter das Pontificat des
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[438/0464] Buch IV. Staat und Hof. Bei den erſten gluͤcklichen Fortſchritten der Osmanen in den illyriſchen und dalmatiniſchen Provinzen flohen viele Einwohner derſelben nach Italien. Man ſah ſie ankom- men, in Gruppen geſchaart an dem Ufer ſitzen und die Haͤnde gegen den Himmel ausſtrecken. Unter ſolchen Fluͤcht- lingen iſt wahrſcheinlich auch der Ahnherr Sixtus V., Za- netto Peretti, heruͤbergekommen; er war von ſlawiſcher Na- tion. Wie es aber Fluͤchtlingen geht: weder er noch auch ſeine Nachkommen, die ſich in Montalto niedergelaſſen, hatten ſich in ihrem neuen Vaterlande eines beſondern Gluͤckes zu ruͤhmen: Peretto Peretti, der Vater Sixtus V., mußte ſogar Schulden halber dieſe Stadt verlaſſen: erſt ſeine Verheurathung machte ihn faͤhig, einen Garten in Grotte a Mare bei Fermo zu pachten. Dieſer Ort hat einen milderen Winter als ſonſt die Mark: er bringt Po- meranzen und Citronen hervor: um die Ruinen eines alten Tempels der etruskiſchen Juno, der Cupra her war der Garten angelegt. Hier ward dem Peretti am 18. Dez. 1521 ein Sohn geboren. Es hatte ihm getraͤumt, er be- klage ſein Ungluͤck, und eine himmliſche Stimme troͤſte ihn mit der Verſicherung, er werde einen Sohn bekom- men, der ſein Haus gluͤcklich machen werde. Deshalb nannte er ihn Felix 1). 1) Tempesti: storia della vita e geste di Sisto V. 1754 hat uͤber den Urſprung ſeines Helden das Archiv von Montalto unter- ſucht. Authentiſch iſt auch die vita Sixti V., ipsius manu emen- data. Ms. der Bibl. Altieri zu Rom. Sixtus ward geboren, cum pater Ludovici Vecchii Firmani hortum excoleret, mater Dia- nae nurui ejus perhonestae matronae domesticis ministeriis ope- ram daret. Dieſe Diana erlebte im hohen Alter das Pontificat des

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/464>, abgerufen am 25.04.2024.