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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834.

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Verhältniß zu den deutschen Kaisern.
gegenüber, zu behaupten. In den Ebenen der Champagne
überwindet er sie; über den Bernhard kommen ihm seine
italienischen Vasallen zu Hülfe; er läßt sich krönen zu Genf
und hält seine Landtage zu Solothurn. Unmittelbar hier-
auf begegnen wir ihm in Unteritalien. "An der Grenze
seines Reiches," sagt sein Geschichtschreiber Wippo, "in
Capua und Benevent hat er durch sein Wort die Zwistig-
keiten geschlichtet." Nicht minder gewaltig herrschte Hein-
rich III. Bald finden wir ihn an der Schelde und Lys,
-- siegreich über die Grafen von Flandern; bald in Un-
garn, das er wenigstens auf eine Zeitlang zur Lehnspflicht
nöthigte, jenseits der Raab, und nur die Elemente setzen
ihm Schranken. Der König von Dänemark sucht ihn zu
Merseburg auf; einen der mächtigsten Fürsten von Frankreich,
den Grafen von Tours nimmt er als Vasallen an; die
spanischen Geschichten erzählen, daß er von Ferdinand I.
in Castilien, so siegreich und mächtig dieser war, als Ober-
lehnsherr aller christlichen Könige anerkannt zu werden ge-
fordert habe.

Fragen wir nun, worauf diese so weit ausgebreitete,
ein europäisches Supremat in Anspruch nehmende Macht
in ihrem Innern sich gründete, so finden wir, daß sie ein
sehr bedeutendes kirchliches Element in sich schloß. Auch
die Deutschen eroberten, indem sie bekehrten. Mit der Kirche
rückten ihre Marken vorwärts, über die Elbe nach der
Oder hin, die Donau hinunter; Mönche und Priester gin-
gen dem deutschen Einfluß in Böhmen und Ungarn vor-
auf. Allenthalben ward deshalb den geistlichen Gewalten eine
große Macht verliehen. In Deutschland erhielten Bischöfe

Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern.
gegenuͤber, zu behaupten. In den Ebenen der Champagne
uͤberwindet er ſie; uͤber den Bernhard kommen ihm ſeine
italieniſchen Vaſallen zu Huͤlfe; er laͤßt ſich kroͤnen zu Genf
und haͤlt ſeine Landtage zu Solothurn. Unmittelbar hier-
auf begegnen wir ihm in Unteritalien. „An der Grenze
ſeines Reiches,“ ſagt ſein Geſchichtſchreiber Wippo, „in
Capua und Benevent hat er durch ſein Wort die Zwiſtig-
keiten geſchlichtet.“ Nicht minder gewaltig herrſchte Hein-
rich III. Bald finden wir ihn an der Schelde und Lys,
— ſiegreich uͤber die Grafen von Flandern; bald in Un-
garn, das er wenigſtens auf eine Zeitlang zur Lehnspflicht
noͤthigte, jenſeits der Raab, und nur die Elemente ſetzen
ihm Schranken. Der Koͤnig von Daͤnemark ſucht ihn zu
Merſeburg auf; einen der maͤchtigſten Fuͤrſten von Frankreich,
den Grafen von Tours nimmt er als Vaſallen an; die
ſpaniſchen Geſchichten erzaͤhlen, daß er von Ferdinand I.
in Caſtilien, ſo ſiegreich und maͤchtig dieſer war, als Ober-
lehnsherr aller chriſtlichen Koͤnige anerkannt zu werden ge-
fordert habe.

Fragen wir nun, worauf dieſe ſo weit ausgebreitete,
ein europaͤiſches Supremat in Anſpruch nehmende Macht
in ihrem Innern ſich gruͤndete, ſo finden wir, daß ſie ein
ſehr bedeutendes kirchliches Element in ſich ſchloß. Auch
die Deutſchen eroberten, indem ſie bekehrten. Mit der Kirche
ruͤckten ihre Marken vorwaͤrts, uͤber die Elbe nach der
Oder hin, die Donau hinunter; Moͤnche und Prieſter gin-
gen dem deutſchen Einfluß in Boͤhmen und Ungarn vor-
auf. Allenthalben ward deshalb den geiſtlichen Gewalten eine
große Macht verliehen. In Deutſchland erhielten Biſchoͤfe

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[23/0049] Verhaͤltniß zu den deutſchen Kaiſern. gegenuͤber, zu behaupten. In den Ebenen der Champagne uͤberwindet er ſie; uͤber den Bernhard kommen ihm ſeine italieniſchen Vaſallen zu Huͤlfe; er laͤßt ſich kroͤnen zu Genf und haͤlt ſeine Landtage zu Solothurn. Unmittelbar hier- auf begegnen wir ihm in Unteritalien. „An der Grenze ſeines Reiches,“ ſagt ſein Geſchichtſchreiber Wippo, „in Capua und Benevent hat er durch ſein Wort die Zwiſtig- keiten geſchlichtet.“ Nicht minder gewaltig herrſchte Hein- rich III. Bald finden wir ihn an der Schelde und Lys, — ſiegreich uͤber die Grafen von Flandern; bald in Un- garn, das er wenigſtens auf eine Zeitlang zur Lehnspflicht noͤthigte, jenſeits der Raab, und nur die Elemente ſetzen ihm Schranken. Der Koͤnig von Daͤnemark ſucht ihn zu Merſeburg auf; einen der maͤchtigſten Fuͤrſten von Frankreich, den Grafen von Tours nimmt er als Vaſallen an; die ſpaniſchen Geſchichten erzaͤhlen, daß er von Ferdinand I. in Caſtilien, ſo ſiegreich und maͤchtig dieſer war, als Ober- lehnsherr aller chriſtlichen Koͤnige anerkannt zu werden ge- fordert habe. Fragen wir nun, worauf dieſe ſo weit ausgebreitete, ein europaͤiſches Supremat in Anſpruch nehmende Macht in ihrem Innern ſich gruͤndete, ſo finden wir, daß ſie ein ſehr bedeutendes kirchliches Element in ſich ſchloß. Auch die Deutſchen eroberten, indem ſie bekehrten. Mit der Kirche ruͤckten ihre Marken vorwaͤrts, uͤber die Elbe nach der Oder hin, die Donau hinunter; Moͤnche und Prieſter gin- gen dem deutſchen Einfluß in Boͤhmen und Ungarn vor- auf. Allenthalben ward deshalb den geiſtlichen Gewalten eine große Macht verliehen. In Deutſchland erhielten Biſchoͤfe

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 1. Berlin, 1834, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste01_1834/49>, abgerufen am 29.03.2024.