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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Opposition der Lehre.
und den höchsten Forderungen verglichen, einseitig und be-
schränkend werden müßte.

Noch allezeit hat sich auch den zur ausschließenden
Herrschaft anstrebenden Meinungen ein Widerspruch entgegen-
gesetzt, der aus dem unerschöflichen Grunde des allgemei-
nen Lebens entsprungen, frische Kräfte hervorgetrieben hat.

Nahmen wir wahr, daß keine Macht emporkommen
wird, die nicht zugleich auf der Grundlage der Idee be-
ruhe, so können wir hinzufügen, daß sie auch in der Idee
ihre Beschränkung findet: die großen Leben erzeugenden
Kämpfe vollziehen sich immer zugleich in den Regionen der
Ueberzeugung, des Gedankens.

So trat nun auch der Idee der weltbeherrschenden
priesterlichen Religion die Unabhängigkeit der Nationalität,
die eigene Bedeutung des weltlichen Elementes mächtig
entgegen.

Das germanische Fürstenthum, ausgebreitet über die
romanischen Nationen und tief in ihnen gewurzelt, hat nie-
mals zerstört werden können, weder durch priesterliche An-
sprüche noch durch die Fiction der Volkssouveränetät, die
sich zuletzt immer unhaltbar erwiesen hat.

Der abenteuerlichen Verbindung in welche beide da-
mals mit einander getreten, setzte man die Lehre von dem
göttlichen Rechte des Fürstenthums entgegen.

Zunächst ward sie von den Protestanten, die früher
wohl auch geschwankt haben mochten, mit dem vollen Ei-
fer eines Feindes ergriffen, der seinen Gegner ein sehr ge-
fährliches Spiel wagen, sich auf Pfaden bewegen sieht
welche ihn ins Verderben führen müssen.


Oppoſition der Lehre.
und den hoͤchſten Forderungen verglichen, einſeitig und be-
ſchraͤnkend werden muͤßte.

Noch allezeit hat ſich auch den zur ausſchließenden
Herrſchaft anſtrebenden Meinungen ein Widerſpruch entgegen-
geſetzt, der aus dem unerſchoͤflichen Grunde des allgemei-
nen Lebens entſprungen, friſche Kraͤfte hervorgetrieben hat.

Nahmen wir wahr, daß keine Macht emporkommen
wird, die nicht zugleich auf der Grundlage der Idee be-
ruhe, ſo koͤnnen wir hinzufuͤgen, daß ſie auch in der Idee
ihre Beſchraͤnkung findet: die großen Leben erzeugenden
Kaͤmpfe vollziehen ſich immer zugleich in den Regionen der
Ueberzeugung, des Gedankens.

So trat nun auch der Idee der weltbeherrſchenden
prieſterlichen Religion die Unabhaͤngigkeit der Nationalitaͤt,
die eigene Bedeutung des weltlichen Elementes maͤchtig
entgegen.

Das germaniſche Fuͤrſtenthum, ausgebreitet uͤber die
romaniſchen Nationen und tief in ihnen gewurzelt, hat nie-
mals zerſtoͤrt werden koͤnnen, weder durch prieſterliche An-
ſpruͤche noch durch die Fiction der Volksſouveraͤnetaͤt, die
ſich zuletzt immer unhaltbar erwieſen hat.

Der abenteuerlichen Verbindung in welche beide da-
mals mit einander getreten, ſetzte man die Lehre von dem
goͤttlichen Rechte des Fuͤrſtenthums entgegen.

Zunaͤchſt ward ſie von den Proteſtanten, die fruͤher
wohl auch geſchwankt haben mochten, mit dem vollen Ei-
fer eines Feindes ergriffen, der ſeinen Gegner ein ſehr ge-
faͤhrliches Spiel wagen, ſich auf Pfaden bewegen ſieht
welche ihn ins Verderben fuͤhren muͤſſen.


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[191/0203] Oppoſition der Lehre. und den hoͤchſten Forderungen verglichen, einſeitig und be- ſchraͤnkend werden muͤßte. Noch allezeit hat ſich auch den zur ausſchließenden Herrſchaft anſtrebenden Meinungen ein Widerſpruch entgegen- geſetzt, der aus dem unerſchoͤflichen Grunde des allgemei- nen Lebens entſprungen, friſche Kraͤfte hervorgetrieben hat. Nahmen wir wahr, daß keine Macht emporkommen wird, die nicht zugleich auf der Grundlage der Idee be- ruhe, ſo koͤnnen wir hinzufuͤgen, daß ſie auch in der Idee ihre Beſchraͤnkung findet: die großen Leben erzeugenden Kaͤmpfe vollziehen ſich immer zugleich in den Regionen der Ueberzeugung, des Gedankens. So trat nun auch der Idee der weltbeherrſchenden prieſterlichen Religion die Unabhaͤngigkeit der Nationalitaͤt, die eigene Bedeutung des weltlichen Elementes maͤchtig entgegen. Das germaniſche Fuͤrſtenthum, ausgebreitet uͤber die romaniſchen Nationen und tief in ihnen gewurzelt, hat nie- mals zerſtoͤrt werden koͤnnen, weder durch prieſterliche An- ſpruͤche noch durch die Fiction der Volksſouveraͤnetaͤt, die ſich zuletzt immer unhaltbar erwieſen hat. Der abenteuerlichen Verbindung in welche beide da- mals mit einander getreten, ſetzte man die Lehre von dem goͤttlichen Rechte des Fuͤrſtenthums entgegen. Zunaͤchſt ward ſie von den Proteſtanten, die fruͤher wohl auch geſchwankt haben mochten, mit dem vollen Ei- fer eines Feindes ergriffen, der ſeinen Gegner ein ſehr ge- faͤhrliches Spiel wagen, ſich auf Pfaden bewegen ſieht welche ihn ins Verderben fuͤhren muͤſſen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/203>, abgerufen am 25.04.2024.