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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836.

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Jesuitische Bewegungen.
merkt Delfino, die Spanier möchten den Unwillen, den
sie über die Absolution empfunden, an ihnen auslassen.
Glücklicherweise stellte Heinrich IV. seine erschütterte Re-
putation durch die Wiedereroberung von Amiens bald wie-
der her.

Nicht als ob man zu Rom diejenigen zu lieben an-
gefangen hätte, die man früher bekämpfte: den Oberhäup-
tern der Geistlichkeit, die sich zuerst an Heinrich IV. an-
geschlossen und jene Opposition begründet, vergaß man es
doch nie: viel lieber beförderte man die Anhänger der Li-
gue, wenn sie nur zuletzt freiwillig zurückgetreten, d. i. wenn
sie ungefähr im Falle der Curie selber waren. Aber in Kur-
zem that sich -- wie denn die Meinungen der Menschen,
wenn auch einander nahestehend, doch sogleich verschiedene
Hinneigungen offenbaren -- unter den Anhängern des Kö-
nigs selbst eine mit Absicht strenger katholische Partei her-
vor, die vor allen Dingen das gute Vernehmen mit
dem Hofe zu Rom zu erhalten trachtete: an diese vor-
nehmlich hielt sich der Papst: er hoffte alle Differenzen,
die es zwischen den französischen und römischen Interessen
noch geben mochte, auszugleichen: hauptsächlich war sein
Wunsch und sein Bemühen die Jesuiten, die aus Frank-
reich, wie wir sahen, verjagt worden, dahin zurückzufüh-
ren, und damit der Entwickelung der Dinge, die in Frank-
reich Statt gehabt, zum Trotz den römischen Doctrinen
daselbst freiere Bahn zu verschaffen.

Es kam ihm hiebei eine Bewegung in dem Orden der
Jesuiten zu Statten, die, obwohl sie aus dem Innern des-
selben hervorging, doch mit der Veränderung der allge-

Jeſuitiſche Bewegungen.
merkt Delfino, die Spanier moͤchten den Unwillen, den
ſie uͤber die Abſolution empfunden, an ihnen auslaſſen.
Gluͤcklicherweiſe ſtellte Heinrich IV. ſeine erſchuͤtterte Re-
putation durch die Wiedereroberung von Amiens bald wie-
der her.

Nicht als ob man zu Rom diejenigen zu lieben an-
gefangen haͤtte, die man fruͤher bekaͤmpfte: den Oberhaͤup-
tern der Geiſtlichkeit, die ſich zuerſt an Heinrich IV. an-
geſchloſſen und jene Oppoſition begruͤndet, vergaß man es
doch nie: viel lieber befoͤrderte man die Anhaͤnger der Li-
gue, wenn ſie nur zuletzt freiwillig zuruͤckgetreten, d. i. wenn
ſie ungefaͤhr im Falle der Curie ſelber waren. Aber in Kur-
zem that ſich — wie denn die Meinungen der Menſchen,
wenn auch einander naheſtehend, doch ſogleich verſchiedene
Hinneigungen offenbaren — unter den Anhaͤngern des Koͤ-
nigs ſelbſt eine mit Abſicht ſtrenger katholiſche Partei her-
vor, die vor allen Dingen das gute Vernehmen mit
dem Hofe zu Rom zu erhalten trachtete: an dieſe vor-
nehmlich hielt ſich der Papſt: er hoffte alle Differenzen,
die es zwiſchen den franzoͤſiſchen und roͤmiſchen Intereſſen
noch geben mochte, auszugleichen: hauptſaͤchlich war ſein
Wunſch und ſein Bemuͤhen die Jeſuiten, die aus Frank-
reich, wie wir ſahen, verjagt worden, dahin zuruͤckzufuͤh-
ren, und damit der Entwickelung der Dinge, die in Frank-
reich Statt gehabt, zum Trotz den roͤmiſchen Doctrinen
daſelbſt freiere Bahn zu verſchaffen.

Es kam ihm hiebei eine Bewegung in dem Orden der
Jeſuiten zu Statten, die, obwohl ſie aus dem Innern deſ-
ſelben hervorging, doch mit der Veraͤnderung der allge-

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[281/0293] Jeſuitiſche Bewegungen. merkt Delfino, die Spanier moͤchten den Unwillen, den ſie uͤber die Abſolution empfunden, an ihnen auslaſſen. Gluͤcklicherweiſe ſtellte Heinrich IV. ſeine erſchuͤtterte Re- putation durch die Wiedereroberung von Amiens bald wie- der her. Nicht als ob man zu Rom diejenigen zu lieben an- gefangen haͤtte, die man fruͤher bekaͤmpfte: den Oberhaͤup- tern der Geiſtlichkeit, die ſich zuerſt an Heinrich IV. an- geſchloſſen und jene Oppoſition begruͤndet, vergaß man es doch nie: viel lieber befoͤrderte man die Anhaͤnger der Li- gue, wenn ſie nur zuletzt freiwillig zuruͤckgetreten, d. i. wenn ſie ungefaͤhr im Falle der Curie ſelber waren. Aber in Kur- zem that ſich — wie denn die Meinungen der Menſchen, wenn auch einander naheſtehend, doch ſogleich verſchiedene Hinneigungen offenbaren — unter den Anhaͤngern des Koͤ- nigs ſelbſt eine mit Abſicht ſtrenger katholiſche Partei her- vor, die vor allen Dingen das gute Vernehmen mit dem Hofe zu Rom zu erhalten trachtete: an dieſe vor- nehmlich hielt ſich der Papſt: er hoffte alle Differenzen, die es zwiſchen den franzoͤſiſchen und roͤmiſchen Intereſſen noch geben mochte, auszugleichen: hauptſaͤchlich war ſein Wunſch und ſein Bemuͤhen die Jeſuiten, die aus Frank- reich, wie wir ſahen, verjagt worden, dahin zuruͤckzufuͤh- ren, und damit der Entwickelung der Dinge, die in Frank- reich Statt gehabt, zum Trotz den roͤmiſchen Doctrinen daſelbſt freiere Bahn zu verſchaffen. Es kam ihm hiebei eine Bewegung in dem Orden der Jeſuiten zu Statten, die, obwohl ſie aus dem Innern deſ- ſelben hervorging, doch mit der Veraͤnderung der allge-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 2. Berlin, 1836, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste02_1836/293>, abgerufen am 25.04.2024.