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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.
Spanische Erbfolge.

Daß die spanische Linie des Hauses Oestreich ausstarb,
war auch für das Papstthum ein Ereigniß von der höch-
sten Bedeutung.

Auf dem Gegensatze, in welchem die spanische Mo-
narchie mit Frankreich stand, der den Charakter der euro-
päischen Politik überhaupt bestimmte, beruhte zuletzt auch
die Freiheit und Selbstbestimmung des päpstlichen Stuh-
les: durch die Maximen der Spanier war der Kirchenstaat
anderthalb Jahrhunderte lang mit Friede umgeben worden.
Was auch geschehen mochte, so war es alle Mal gefähr-
lich, daß ein Zustand, auf welchen sich alle Gewohnheiten
des Daseyns bezogen, zweifelhaft wurde.

Aber noch viel gefährlicher war, daß über die Erb-
folge ein Streit obwaltete, der in einen allgemeinen Krieg
auszuschlagen drohte, einen Krieg der dann großentheils in
Italien ausgefochten werden mußte. Der Papst selbst konnte
sich der Nothwendigkeit Partei zu ergreifen schwerlich ent-
ziehen, ohne daß er doch zum Siege dieser Partei etwas
Wesentliches beizutragen sich hätte schmeicheln können.

Ich finde die Nachricht 1), Innocenz XII, der jetzt

1) Morosini: Relatione di Roma 1707. Se il papa abbia
avuto mano o partecipatione nel testamento di Carlo II, io non
ardiro d'asserirlo, ne e facile di penetrare il vero con sicurezza.
Bensi addurro solo due fatti. L'uno che questo arcano non si
sa, se con verita fu esposto in un manifesto uscito alle stampe
in Roma ne' primi mesi del mio ingresso all' ambasciata all'ora
che dall' uno e l'altro partito si trattava la guerra non meno
Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
Spaniſche Erbfolge.

Daß die ſpaniſche Linie des Hauſes Oeſtreich ausſtarb,
war auch fuͤr das Papſtthum ein Ereigniß von der hoͤch-
ſten Bedeutung.

Auf dem Gegenſatze, in welchem die ſpaniſche Mo-
narchie mit Frankreich ſtand, der den Charakter der euro-
paͤiſchen Politik uͤberhaupt beſtimmte, beruhte zuletzt auch
die Freiheit und Selbſtbeſtimmung des paͤpſtlichen Stuh-
les: durch die Maximen der Spanier war der Kirchenſtaat
anderthalb Jahrhunderte lang mit Friede umgeben worden.
Was auch geſchehen mochte, ſo war es alle Mal gefaͤhr-
lich, daß ein Zuſtand, auf welchen ſich alle Gewohnheiten
des Daſeyns bezogen, zweifelhaft wurde.

Aber noch viel gefaͤhrlicher war, daß uͤber die Erb-
folge ein Streit obwaltete, der in einen allgemeinen Krieg
auszuſchlagen drohte, einen Krieg der dann großentheils in
Italien ausgefochten werden mußte. Der Papſt ſelbſt konnte
ſich der Nothwendigkeit Partei zu ergreifen ſchwerlich ent-
ziehen, ohne daß er doch zum Siege dieſer Partei etwas
Weſentliches beizutragen ſich haͤtte ſchmeicheln koͤnnen.

Ich finde die Nachricht 1), Innocenz XII, der jetzt

1) Morosini: Relatione di Roma 1707. Se il papa abbia
avuto mano o partecipatione nel testamento di Carlo II, io non
ardirò d’asserirlo, nè è facile di penetrare il vero con sicurezza.
Bensì addurrò solo due fatti. L’uno che questo arcano non si
sa, se con verità fu esposto in un manifesto uscito alle stampe
in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata all’ora
che dall’ uno e l’altro partito si trattava la guerra non meno
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[172/0184] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. Spaniſche Erbfolge. Daß die ſpaniſche Linie des Hauſes Oeſtreich ausſtarb, war auch fuͤr das Papſtthum ein Ereigniß von der hoͤch- ſten Bedeutung. Auf dem Gegenſatze, in welchem die ſpaniſche Mo- narchie mit Frankreich ſtand, der den Charakter der euro- paͤiſchen Politik uͤberhaupt beſtimmte, beruhte zuletzt auch die Freiheit und Selbſtbeſtimmung des paͤpſtlichen Stuh- les: durch die Maximen der Spanier war der Kirchenſtaat anderthalb Jahrhunderte lang mit Friede umgeben worden. Was auch geſchehen mochte, ſo war es alle Mal gefaͤhr- lich, daß ein Zuſtand, auf welchen ſich alle Gewohnheiten des Daſeyns bezogen, zweifelhaft wurde. Aber noch viel gefaͤhrlicher war, daß uͤber die Erb- folge ein Streit obwaltete, der in einen allgemeinen Krieg auszuſchlagen drohte, einen Krieg der dann großentheils in Italien ausgefochten werden mußte. Der Papſt ſelbſt konnte ſich der Nothwendigkeit Partei zu ergreifen ſchwerlich ent- ziehen, ohne daß er doch zum Siege dieſer Partei etwas Weſentliches beizutragen ſich haͤtte ſchmeicheln koͤnnen. Ich finde die Nachricht 1), Innocenz XII, der jetzt 1) Morosini: Relatione di Roma 1707. Se il papa abbia avuto mano o partecipatione nel testamento di Carlo II, io non ardirò d’asserirlo, nè è facile di penetrare il vero con sicurezza. Bensì addurrò solo due fatti. L’uno che questo arcano non si sa, se con verità fu esposto in un manifesto uscito alle stampe in Roma ne’ primi mesi del mio ingresso all’ ambasciata all’ora che dall’ uno e l’altro partito si trattava la guerra non meno

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/184>, abgerufen am 28.03.2024.