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Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836.

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Buch VIII. Spätere Epochen.
Geistlichen zur Theilnahme an den Auflagen herbeigezogen
wurden. Dem kaiserlichen Hofe wurde die Beschränkung
der gebotenen Festtage gewährt, die zu ihrer Zeit so gro-
ßes Aussehn machte; hatte der Papst nur erlaubt an die-
sen Tagen zu arbeiten, so trug der kaiserliche Hof kein Be-
denken mit Gewalt dazu zu nöthigen.

Dergestalt versöhnten sich die katholischen Höfe noch
einmal mit ihrem kirchlichen Oberhaupte. Noch einmal
ward der Friede hergestellt.

Durfte man sich aber wohl überreden, daß es hiemit
abgethan sey? Sollte der Streit zwischen Staat und Kir-
che, der fast auf einer innern Nothwendigkeit des Katho-
licismus beruht, durch so leichte Transactionen geschlichtet
seyn? Unmöglich konnten diese doch für mehr als für den
Augenblick genügen, aus dem sie hervorgegangen waren.
Schon kündigten sich aus der aufgeregten Tiefe neue und
bei weitem gewaltigere Stürme an.

Veränderte Weltstellung. Innere Gährungen.
Aufhebung der Jesuiten.

Nicht allein in Italien, in dem südlichen Europa, son-
dern in der allgemeinen politischen Lage der Dinge hatte sich
die größte Veränderung vollzogen.

Wo waren die Zeiten hin, in welchen sich das Papst-
thum, und zwar nicht ohne Grund, Hoffnung machen
durfte Europa und die Welt aufs neue zu erobern?

Unter den fünf großen Mächten, welche bereits in der
Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Weltgeschicke be-

Buch VIII. Spaͤtere Epochen.
Geiſtlichen zur Theilnahme an den Auflagen herbeigezogen
wurden. Dem kaiſerlichen Hofe wurde die Beſchraͤnkung
der gebotenen Feſttage gewaͤhrt, die zu ihrer Zeit ſo gro-
ßes Auſſehn machte; hatte der Papſt nur erlaubt an die-
ſen Tagen zu arbeiten, ſo trug der kaiſerliche Hof kein Be-
denken mit Gewalt dazu zu noͤthigen.

Dergeſtalt verſoͤhnten ſich die katholiſchen Hoͤfe noch
einmal mit ihrem kirchlichen Oberhaupte. Noch einmal
ward der Friede hergeſtellt.

Durfte man ſich aber wohl uͤberreden, daß es hiemit
abgethan ſey? Sollte der Streit zwiſchen Staat und Kir-
che, der faſt auf einer innern Nothwendigkeit des Katho-
licismus beruht, durch ſo leichte Transactionen geſchlichtet
ſeyn? Unmoͤglich konnten dieſe doch fuͤr mehr als fuͤr den
Augenblick genuͤgen, aus dem ſie hervorgegangen waren.
Schon kuͤndigten ſich aus der aufgeregten Tiefe neue und
bei weitem gewaltigere Stuͤrme an.

Veränderte Weltſtellung. Innere Gährungen.
Aufhebung der Jeſuiten.

Nicht allein in Italien, in dem ſuͤdlichen Europa, ſon-
dern in der allgemeinen politiſchen Lage der Dinge hatte ſich
die groͤßte Veraͤnderung vollzogen.

Wo waren die Zeiten hin, in welchen ſich das Papſt-
thum, und zwar nicht ohne Grund, Hoffnung machen
durfte Europa und die Welt aufs neue zu erobern?

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Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Weltgeſchicke be-

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[182/0194] Buch VIII. Spaͤtere Epochen. Geiſtlichen zur Theilnahme an den Auflagen herbeigezogen wurden. Dem kaiſerlichen Hofe wurde die Beſchraͤnkung der gebotenen Feſttage gewaͤhrt, die zu ihrer Zeit ſo gro- ßes Auſſehn machte; hatte der Papſt nur erlaubt an die- ſen Tagen zu arbeiten, ſo trug der kaiſerliche Hof kein Be- denken mit Gewalt dazu zu noͤthigen. Dergeſtalt verſoͤhnten ſich die katholiſchen Hoͤfe noch einmal mit ihrem kirchlichen Oberhaupte. Noch einmal ward der Friede hergeſtellt. Durfte man ſich aber wohl uͤberreden, daß es hiemit abgethan ſey? Sollte der Streit zwiſchen Staat und Kir- che, der faſt auf einer innern Nothwendigkeit des Katho- licismus beruht, durch ſo leichte Transactionen geſchlichtet ſeyn? Unmoͤglich konnten dieſe doch fuͤr mehr als fuͤr den Augenblick genuͤgen, aus dem ſie hervorgegangen waren. Schon kuͤndigten ſich aus der aufgeregten Tiefe neue und bei weitem gewaltigere Stuͤrme an. Veränderte Weltſtellung. Innere Gährungen. Aufhebung der Jeſuiten. Nicht allein in Italien, in dem ſuͤdlichen Europa, ſon- dern in der allgemeinen politiſchen Lage der Dinge hatte ſich die groͤßte Veraͤnderung vollzogen. Wo waren die Zeiten hin, in welchen ſich das Papſt- thum, und zwar nicht ohne Grund, Hoffnung machen durfte Europa und die Welt aufs neue zu erobern? Unter den fuͤnf großen Maͤchten, welche bereits in der Mitte des achtzehnten Jahrhunderts die Weltgeſchicke be-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Die römischen Päpste. Bd. 3. Berlin, 1836, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_paepste03_1836/194>, abgerufen am 29.03.2024.