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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 98.
Regte sich auch zuweilen Widerspruch in fürstlichen Abge-
sandten, so hielten sich dagegen die churfürstlichen und städti-
schen immer zu ihm und rissen jene mit sich fort. So
brachte man es denn auch in den Abschied. Das Ver-
fahren war, daß ein Jeder die gefaßten Beschlüsse zuerst
für sich selber aufzeichnete; in der Versammlung stellte man
dann eine Vergleichung an, setzte eine bestimmte Fassung
fest, und unterzeichnete sie.

Am 10 Februar 1497 ward der Reichstag in Lindau
geschlossen. Die Stände dankten dem Churfürsten für seine
Bemühungen und baten ihn wegen ihrer Nachläßigkeiten
um Verzeihung. Der Churfürst entschuldigte sich dagegen,
wenn er ihnen vielleicht ein wenig ernstlich zugeredet habe,
und ersuchte sie, die gefaßten Beschlüsse nun auch zu Hause
treulich zu fördern, damit dem Reiche geholfen werde.

Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 1498.

Es war jedoch hiemit nur erst die Eine Seite der
Sache erledigt; man hatte die Schwierigkeiten beseitigt, die
sich unter den Ständen erhoben; dagegen auf den König,
dessen Theilnahme und Zwangsgewalt doch nicht zu ent-
behren war, hatte man sich noch keinerlei Einfluß verschafft.

Maximilians abenteuerliches Unternehmen hatte den
Ausgang gehabt, der sich voraussehen ließ; die Phantasie,
die ihm mit übertriebenen Hoffnungen schmeichelte, hatte
ihn verhindert die wahre Lage der Dinge zu erkennen;
nach kurzem Erfolge hatten sich die Verbündeten, auf de-
ren Hülfe er allein angewiesen war, entzweit; voll Scham,

Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 98.
Regte ſich auch zuweilen Widerſpruch in fürſtlichen Abge-
ſandten, ſo hielten ſich dagegen die churfürſtlichen und ſtädti-
ſchen immer zu ihm und riſſen jene mit ſich fort. So
brachte man es denn auch in den Abſchied. Das Ver-
fahren war, daß ein Jeder die gefaßten Beſchlüſſe zuerſt
für ſich ſelber aufzeichnete; in der Verſammlung ſtellte man
dann eine Vergleichung an, ſetzte eine beſtimmte Faſſung
feſt, und unterzeichnete ſie.

Am 10 Februar 1497 ward der Reichstag in Lindau
geſchloſſen. Die Stände dankten dem Churfürſten für ſeine
Bemühungen und baten ihn wegen ihrer Nachläßigkeiten
um Verzeihung. Der Churfürſt entſchuldigte ſich dagegen,
wenn er ihnen vielleicht ein wenig ernſtlich zugeredet habe,
und erſuchte ſie, die gefaßten Beſchlüſſe nun auch zu Hauſe
treulich zu fördern, damit dem Reiche geholfen werde.

Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 1498.

Es war jedoch hiemit nur erſt die Eine Seite der
Sache erledigt; man hatte die Schwierigkeiten beſeitigt, die
ſich unter den Ständen erhoben; dagegen auf den König,
deſſen Theilnahme und Zwangsgewalt doch nicht zu ent-
behren war, hatte man ſich noch keinerlei Einfluß verſchafft.

Maximilians abenteuerliches Unternehmen hatte den
Ausgang gehabt, der ſich vorausſehen ließ; die Phantaſie,
die ihm mit übertriebenen Hoffnungen ſchmeichelte, hatte
ihn verhindert die wahre Lage der Dinge zu erkennen;
nach kurzem Erfolge hatten ſich die Verbündeten, auf de-
ren Hülfe er allein angewieſen war, entzweit; voll Scham,

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[127/0145] Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 98. Regte ſich auch zuweilen Widerſpruch in fürſtlichen Abge- ſandten, ſo hielten ſich dagegen die churfürſtlichen und ſtädti- ſchen immer zu ihm und riſſen jene mit ſich fort. So brachte man es denn auch in den Abſchied. Das Ver- fahren war, daß ein Jeder die gefaßten Beſchlüſſe zuerſt für ſich ſelber aufzeichnete; in der Verſammlung ſtellte man dann eine Vergleichung an, ſetzte eine beſtimmte Faſſung feſt, und unterzeichnete ſie. Am 10 Februar 1497 ward der Reichstag in Lindau geſchloſſen. Die Stände dankten dem Churfürſten für ſeine Bemühungen und baten ihn wegen ihrer Nachläßigkeiten um Verzeihung. Der Churfürſt entſchuldigte ſich dagegen, wenn er ihnen vielleicht ein wenig ernſtlich zugeredet habe, und erſuchte ſie, die gefaßten Beſchlüſſe nun auch zu Hauſe treulich zu fördern, damit dem Reiche geholfen werde. Reichstag zu Worms und zu Freiburg 1497. 1498. Es war jedoch hiemit nur erſt die Eine Seite der Sache erledigt; man hatte die Schwierigkeiten beſeitigt, die ſich unter den Ständen erhoben; dagegen auf den König, deſſen Theilnahme und Zwangsgewalt doch nicht zu ent- behren war, hatte man ſich noch keinerlei Einfluß verſchafft. Maximilians abenteuerliches Unternehmen hatte den Ausgang gehabt, der ſich vorausſehen ließ; die Phantaſie, die ihm mit übertriebenen Hoffnungen ſchmeichelte, hatte ihn verhindert die wahre Lage der Dinge zu erkennen; nach kurzem Erfolge hatten ſich die Verbündeten, auf de- ren Hülfe er allein angewieſen war, entzweit; voll Scham,

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/145>, abgerufen am 25.04.2024.