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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839.

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Verhältniß d. Papstthums zu dem Fürstenthum.

Da sich das unausführbar erwies, so kam die kirch-
liche Verwaltung doch wieder eine Zeitlang an den kaiser-
lichen Hof, unter Heinrich V wie unter Heinrich IV. 1

Aber auch dieß schien gar bald unerträglich: neuer
Zwist erwachte, und nach langem Hader verstand man sich
zu dem Wormser Concordat, durch welches dem Kaiser in
Deutschland, dem Papst in Italien ein vorwaltender Ein-
fluß überlassen ward. Eine Abkunft, die jedoch nicht ein-
mal deutlich ausgesprochen wurde und den Keim zu vielen
neuen Zwistigkeiten in sich trug.

Wie wenig abschließend demnach auch diese Resultate
für das öffentliche Recht waren, so ist doch der Vortheil,
der dem Papstthum aus dem Gange der Ereignisse allmäh-
lig erwachsen war, unermeßlich. Aus totaler Abhängigkeit
war es zu einer eben so vollständigen Emancipation, ja
zu einem zwar noch nicht ganz ausgebildeten, aber doch
bereits unzweifelhaften Übergewicht gelangt, das sich nun
unter begünstigenden Umständen von Moment zu Moment
fester gestaltete.

Verhältniß des Papstthums zu dem Fürstenthum.

Was dem Papstthum hiebei am meisten zu Hülfe kam,
war das natürliche sich gleichsam von selbst verstehende
Bündniß, in welchem es mit den deutschen Fürsten stand.


1 Epistola Friderici Coloniensis archiepiscopi: Codex Vdal-
rici Babenbergensis nr. 277. Synodales episcoporum conventus,
annua consilia, omnes denique ecclesiastici ordinis administratio-
nes in regalem curiam translata sunt.
3*
Verhältniß d. Papſtthums zu dem Fürſtenthum.

Da ſich das unausführbar erwies, ſo kam die kirch-
liche Verwaltung doch wieder eine Zeitlang an den kaiſer-
lichen Hof, unter Heinrich V wie unter Heinrich IV. 1

Aber auch dieß ſchien gar bald unerträglich: neuer
Zwiſt erwachte, und nach langem Hader verſtand man ſich
zu dem Wormſer Concordat, durch welches dem Kaiſer in
Deutſchland, dem Papſt in Italien ein vorwaltender Ein-
fluß überlaſſen ward. Eine Abkunft, die jedoch nicht ein-
mal deutlich ausgeſprochen wurde und den Keim zu vielen
neuen Zwiſtigkeiten in ſich trug.

Wie wenig abſchließend demnach auch dieſe Reſultate
für das öffentliche Recht waren, ſo iſt doch der Vortheil,
der dem Papſtthum aus dem Gange der Ereigniſſe allmäh-
lig erwachſen war, unermeßlich. Aus totaler Abhängigkeit
war es zu einer eben ſo vollſtändigen Emancipation, ja
zu einem zwar noch nicht ganz ausgebildeten, aber doch
bereits unzweifelhaften Übergewicht gelangt, das ſich nun
unter begünſtigenden Umſtänden von Moment zu Moment
feſter geſtaltete.

Verhältniß des Papſtthums zu dem Fürſtenthum.

Was dem Papſtthum hiebei am meiſten zu Hülfe kam,
war das natürliche ſich gleichſam von ſelbſt verſtehende
Bündniß, in welchem es mit den deutſchen Fürſten ſtand.


1 Epistola Friderici Coloniensis archiepiscopi: Codex Vdal-
rici Babenbergensis nr. 277. Synodales episcoporum conventus,
annua consilia, omnes denique ecclesiastici ordinis administratio-
nes in regalem curiam translata sunt.
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[35/0053] Verhältniß d. Papſtthums zu dem Fürſtenthum. Da ſich das unausführbar erwies, ſo kam die kirch- liche Verwaltung doch wieder eine Zeitlang an den kaiſer- lichen Hof, unter Heinrich V wie unter Heinrich IV. 1 Aber auch dieß ſchien gar bald unerträglich: neuer Zwiſt erwachte, und nach langem Hader verſtand man ſich zu dem Wormſer Concordat, durch welches dem Kaiſer in Deutſchland, dem Papſt in Italien ein vorwaltender Ein- fluß überlaſſen ward. Eine Abkunft, die jedoch nicht ein- mal deutlich ausgeſprochen wurde und den Keim zu vielen neuen Zwiſtigkeiten in ſich trug. Wie wenig abſchließend demnach auch dieſe Reſultate für das öffentliche Recht waren, ſo iſt doch der Vortheil, der dem Papſtthum aus dem Gange der Ereigniſſe allmäh- lig erwachſen war, unermeßlich. Aus totaler Abhängigkeit war es zu einer eben ſo vollſtändigen Emancipation, ja zu einem zwar noch nicht ganz ausgebildeten, aber doch bereits unzweifelhaften Übergewicht gelangt, das ſich nun unter begünſtigenden Umſtänden von Moment zu Moment feſter geſtaltete. Verhältniß des Papſtthums zu dem Fürſtenthum. Was dem Papſtthum hiebei am meiſten zu Hülfe kam, war das natürliche ſich gleichſam von ſelbſt verſtehende Bündniß, in welchem es mit den deutſchen Fürſten ſtand. 1 Epistola Friderici Coloniensis archiepiscopi: Codex Vdal- rici Babenbergensis nr. 277. Synodales episcoporum conventus, annua consilia, omnes denique ecclesiastici ordinis administratio- nes in regalem curiam translata sunt. 3*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 1. Berlin, 1839, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation01_1839/53>, abgerufen am 28.03.2024.