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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Reichstag von 1524.

Sahen wir früher welche große Interessen des Staates
und der Religion sich an das Bestehen des Regimentes
knüpften, so sehen wir nun wie mächtige entschlossene Op-
positionen ihm entgegentraten.

Drei kriegerische, siegreiche Fürsten: der schwäbische
Bund, der über so bedeutende Kräfte gebot: die reichen
Städte: endlich, was freilich noch Niemand wußte, die
kaiserliche Gewalt, die erst durch den Fall dieser ständischen
Behörde wieder zu voller freier Wirksamkeit zu gelangen
hoffte.

Auch das Regiment hatte jedoch noch seine Stützen.
Erzherzog Ferdinand versprach, es nicht fallen zu lassen,
und einige seiner Räthe waren entschiedne Anhänger des-
selben. Knüpften sich doch für ihn und für sie so große
Aussichten daran. Der Churfürst von Sachsen, dem es
hauptsächlich sein Daseyn verdankte, kam in Person an
den Reichstag um es aufrecht zu erhalten. Der Churfürst
von Mainz, der durch die drei Fürsten Gewalt erlitten,
und das ganze brandenburgische Haus standen auf seiner
Seite. An Sympathien in der Ritterschaft, deren Hof-
nungen allein auf das Regiment sich gründen konnten,
und in den Männern der religiösen Neuerung fehlte es
ihm nicht.

Daher trat es denn auch noch immer sehr sicher auf.
Aller Veränderung in den Personen zum Trotz erhielt sich
die einmal zu Stande gebrachte Majorität: wer nicht zu
ihr gehörte, wie der Canzler von Trier, Otto Hundt von

Reichstag von 1524.

Sahen wir früher welche große Intereſſen des Staates
und der Religion ſich an das Beſtehen des Regimentes
knüpften, ſo ſehen wir nun wie mächtige entſchloſſene Op-
poſitionen ihm entgegentraten.

Drei kriegeriſche, ſiegreiche Fürſten: der ſchwäbiſche
Bund, der über ſo bedeutende Kräfte gebot: die reichen
Städte: endlich, was freilich noch Niemand wußte, die
kaiſerliche Gewalt, die erſt durch den Fall dieſer ſtändiſchen
Behörde wieder zu voller freier Wirkſamkeit zu gelangen
hoffte.

Auch das Regiment hatte jedoch noch ſeine Stützen.
Erzherzog Ferdinand verſprach, es nicht fallen zu laſſen,
und einige ſeiner Räthe waren entſchiedne Anhänger deſ-
ſelben. Knüpften ſich doch für ihn und für ſie ſo große
Ausſichten daran. Der Churfürſt von Sachſen, dem es
hauptſächlich ſein Daſeyn verdankte, kam in Perſon an
den Reichstag um es aufrecht zu erhalten. Der Churfürſt
von Mainz, der durch die drei Fürſten Gewalt erlitten,
und das ganze brandenburgiſche Haus ſtanden auf ſeiner
Seite. An Sympathien in der Ritterſchaft, deren Hof-
nungen allein auf das Regiment ſich gründen konnten,
und in den Männern der religiöſen Neuerung fehlte es
ihm nicht.

Daher trat es denn auch noch immer ſehr ſicher auf.
Aller Veränderung in den Perſonen zum Trotz erhielt ſich
die einmal zu Stande gebrachte Majorität: wer nicht zu
ihr gehörte, wie der Canzler von Trier, Otto Hundt von

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[133/0143] Reichstag von 1524. Sahen wir früher welche große Intereſſen des Staates und der Religion ſich an das Beſtehen des Regimentes knüpften, ſo ſehen wir nun wie mächtige entſchloſſene Op- poſitionen ihm entgegentraten. Drei kriegeriſche, ſiegreiche Fürſten: der ſchwäbiſche Bund, der über ſo bedeutende Kräfte gebot: die reichen Städte: endlich, was freilich noch Niemand wußte, die kaiſerliche Gewalt, die erſt durch den Fall dieſer ſtändiſchen Behörde wieder zu voller freier Wirkſamkeit zu gelangen hoffte. Auch das Regiment hatte jedoch noch ſeine Stützen. Erzherzog Ferdinand verſprach, es nicht fallen zu laſſen, und einige ſeiner Räthe waren entſchiedne Anhänger deſ- ſelben. Knüpften ſich doch für ihn und für ſie ſo große Ausſichten daran. Der Churfürſt von Sachſen, dem es hauptſächlich ſein Daſeyn verdankte, kam in Perſon an den Reichstag um es aufrecht zu erhalten. Der Churfürſt von Mainz, der durch die drei Fürſten Gewalt erlitten, und das ganze brandenburgiſche Haus ſtanden auf ſeiner Seite. An Sympathien in der Ritterſchaft, deren Hof- nungen allein auf das Regiment ſich gründen konnten, und in den Männern der religiöſen Neuerung fehlte es ihm nicht. Daher trat es denn auch noch immer ſehr ſicher auf. Aller Veränderung in den Perſonen zum Trotz erhielt ſich die einmal zu Stande gebrachte Majorität: wer nicht zu ihr gehörte, wie der Canzler von Trier, Otto Hundt von

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/143>, abgerufen am 29.03.2024.