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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Drittes Buch. Sechstes Capitel.
nem eignen Namen, daß von Amtleuten und Obrigkeiten
in Hinsicht der Klagen der Unterthanen gebührende Ein-
sicht geschehen solle. 1

In Oberöstreich litten die Stände nicht, daß den Un-
terthanen eine Brandschatzung aufgelegt würde. 2

In Tirol schritt man noch unter der Einwirkung der
Unruhen zur Abfassung eines Gesetzbuches, in welchem den
Unterthanen alle Robothen, von denen nicht ein Herkom-
men von wenigstens 50 Jahren urkundlich nachgewiesen
werde, so wie der kleine Feldzehend und gar manche andre
Leistungen abgenommen, Fischerei und selbst Antheil an der
Jagd verstattet wurde. Auch religiöse Concessionen machte
hier Erzherzog Ferdinand. Städte und Gerichte sollten be-
fugt seyn, ihre Geistlichen zu präsentiren: das Evangelium
sollte nach dem Buchstaben gelehrt werden. 3

Salzburg war wohl das einzige Land, wo die Bauern
gegen ein anrückendes geordnetes Heer sogar das Feld be-
hauptet. Als sie endlich vor der Macht des schwäbischen
Bundes sich beugen mußten, erlangten sie doch fürs Erste
ausnehmend günstige Bedingungen. 4

Alles Ereignisse, die zugleich noch einer andern Ent-
wickelung angehören, welche unmittelbar nach der Bewe-
gung eintrat, und die wir nun näher zu betrachten haben.



Sie-
1 Offenburger Vertrag: Auszug in Schreibers Taschenbuch
p. 302.
2 Erklärung der Stände bei Bucholtz VIII, 104.
3 Excerpte aus den Landtagsverhandlungen bei Bucholtz VIII,
337.
4 Zauner Chronik von Salzburg IV, p. 429.

Drittes Buch. Sechstes Capitel.
nem eignen Namen, daß von Amtleuten und Obrigkeiten
in Hinſicht der Klagen der Unterthanen gebührende Ein-
ſicht geſchehen ſolle. 1

In Oberöſtreich litten die Stände nicht, daß den Un-
terthanen eine Brandſchatzung aufgelegt würde. 2

In Tirol ſchritt man noch unter der Einwirkung der
Unruhen zur Abfaſſung eines Geſetzbuches, in welchem den
Unterthanen alle Robothen, von denen nicht ein Herkom-
men von wenigſtens 50 Jahren urkundlich nachgewieſen
werde, ſo wie der kleine Feldzehend und gar manche andre
Leiſtungen abgenommen, Fiſcherei und ſelbſt Antheil an der
Jagd verſtattet wurde. Auch religiöſe Conceſſionen machte
hier Erzherzog Ferdinand. Städte und Gerichte ſollten be-
fugt ſeyn, ihre Geiſtlichen zu präſentiren: das Evangelium
ſollte nach dem Buchſtaben gelehrt werden. 3

Salzburg war wohl das einzige Land, wo die Bauern
gegen ein anrückendes geordnetes Heer ſogar das Feld be-
hauptet. Als ſie endlich vor der Macht des ſchwäbiſchen
Bundes ſich beugen mußten, erlangten ſie doch fürs Erſte
ausnehmend günſtige Bedingungen. 4

Alles Ereigniſſe, die zugleich noch einer andern Ent-
wickelung angehören, welche unmittelbar nach der Bewe-
gung eintrat, und die wir nun näher zu betrachten haben.



Sie-
1 Offenburger Vertrag: Auszug in Schreibers Taſchenbuch
p. 302.
2 Erklaͤrung der Staͤnde bei Bucholtz VIII, 104.
3 Excerpte aus den Landtagsverhandlungen bei Bucholtz VIII,
337.
4 Zauner Chronik von Salzburg IV, p. 429.
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[224/0234] Drittes Buch. Sechstes Capitel. nem eignen Namen, daß von Amtleuten und Obrigkeiten in Hinſicht der Klagen der Unterthanen gebührende Ein- ſicht geſchehen ſolle. 1 In Oberöſtreich litten die Stände nicht, daß den Un- terthanen eine Brandſchatzung aufgelegt würde. 2 In Tirol ſchritt man noch unter der Einwirkung der Unruhen zur Abfaſſung eines Geſetzbuches, in welchem den Unterthanen alle Robothen, von denen nicht ein Herkom- men von wenigſtens 50 Jahren urkundlich nachgewieſen werde, ſo wie der kleine Feldzehend und gar manche andre Leiſtungen abgenommen, Fiſcherei und ſelbſt Antheil an der Jagd verſtattet wurde. Auch religiöſe Conceſſionen machte hier Erzherzog Ferdinand. Städte und Gerichte ſollten be- fugt ſeyn, ihre Geiſtlichen zu präſentiren: das Evangelium ſollte nach dem Buchſtaben gelehrt werden. 3 Salzburg war wohl das einzige Land, wo die Bauern gegen ein anrückendes geordnetes Heer ſogar das Feld be- hauptet. Als ſie endlich vor der Macht des ſchwäbiſchen Bundes ſich beugen mußten, erlangten ſie doch fürs Erſte ausnehmend günſtige Bedingungen. 4 Alles Ereigniſſe, die zugleich noch einer andern Ent- wickelung angehören, welche unmittelbar nach der Bewe- gung eintrat, und die wir nun näher zu betrachten haben. Sie- 1 Offenburger Vertrag: Auszug in Schreibers Taſchenbuch p. 302. 2 Erklaͤrung der Staͤnde bei Bucholtz VIII, 104. 3 Excerpte aus den Landtagsverhandlungen bei Bucholtz VIII, 337. 4 Zauner Chronik von Salzburg IV, p. 429.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/234>, abgerufen am 19.04.2024.