Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

Bild:
<< vorherige Seite
Drittes Buch. Siebentes Capitel.

Jene Regensburger Verbündeten, welche jetzt in dem
schwäbischen Bunde den vorwaltenden Einfluß ausübten,
ergriffen die Gelegenheit, um die dort beschlossenen Maaß-
regeln mit Gewalt auszuführen. Die Siege des Bundes
waren überall mit religiöser Verfolgung verbunden. Unter
denen, die in Würzburg enthauptet wurden, nannte man
nicht Wenige, denen nicht der Aufruhr, an dem sie keinen
Antheil genommen, sondern das evangelische Bekenntniß
zum Verbrechen gemacht ward. Neun der reichsten Bür-
ger wurden in Bamberg hingerichtet: man versichert, daß
Einige von ihnen grade zu den Ruhigsten gehörten, den
Anfall des Landvolks auf die Residenz des Bischofs eher
verhindert hatten: man strafte an ihnen -- und sagte es
laut -- daß sie sich zum Evangelium gehalten: 1 unerhör-
ter Weise überließ man ihre Güter einigen Privatleuten, un-
ter ihnen einem Secretär des Truchseß. Alles was sich
zu der evangelischen Lehre bekannte wich fürs Erste aus
den beiden Bisthümern. Aber auch in allen andern Ge-
bieten wurde den Bauern mit dem weltlichen zugleich der
geistliche Gehorsam wieder aufgelegt; unter Denen die von
der Begnadigung ausgeschlossen wurden, standen die soge-
nannten Lutheraner obenan; am meisten wurden die Prä-
dicanten verfolgt. Ein Profoß, Namens Aichili, durch-
streifte mit einer Anzahl Reiter Schwaben und Franken,
um die Executionen die man beschlossen, ins Werk zu
setzen; man rechnet ihm nach daß er in ziemlich engem
Umkreise vierzig evangelische Prediger aufgehängt habe, die
Landstraßen entlang, hie und da an den Bäumen. 2 Es

1 Ausführliche Erzählung in Müllners Annalen.
2 Bullingers 140stes Cap. handelt "vom Profoßen Aichili." Auch
Drittes Buch. Siebentes Capitel.

Jene Regensburger Verbündeten, welche jetzt in dem
ſchwäbiſchen Bunde den vorwaltenden Einfluß ausübten,
ergriffen die Gelegenheit, um die dort beſchloſſenen Maaß-
regeln mit Gewalt auszuführen. Die Siege des Bundes
waren überall mit religiöſer Verfolgung verbunden. Unter
denen, die in Würzburg enthauptet wurden, nannte man
nicht Wenige, denen nicht der Aufruhr, an dem ſie keinen
Antheil genommen, ſondern das evangeliſche Bekenntniß
zum Verbrechen gemacht ward. Neun der reichſten Bür-
ger wurden in Bamberg hingerichtet: man verſichert, daß
Einige von ihnen grade zu den Ruhigſten gehörten, den
Anfall des Landvolks auf die Reſidenz des Biſchofs eher
verhindert hatten: man ſtrafte an ihnen — und ſagte es
laut — daß ſie ſich zum Evangelium gehalten: 1 unerhör-
ter Weiſe überließ man ihre Güter einigen Privatleuten, un-
ter ihnen einem Secretär des Truchſeß. Alles was ſich
zu der evangeliſchen Lehre bekannte wich fürs Erſte aus
den beiden Bisthümern. Aber auch in allen andern Ge-
bieten wurde den Bauern mit dem weltlichen zugleich der
geiſtliche Gehorſam wieder aufgelegt; unter Denen die von
der Begnadigung ausgeſchloſſen wurden, ſtanden die ſoge-
nannten Lutheraner obenan; am meiſten wurden die Prä-
dicanten verfolgt. Ein Profoß, Namens Aichili, durch-
ſtreifte mit einer Anzahl Reiter Schwaben und Franken,
um die Executionen die man beſchloſſen, ins Werk zu
ſetzen; man rechnet ihm nach daß er in ziemlich engem
Umkreiſe vierzig evangeliſche Prediger aufgehängt habe, die
Landſtraßen entlang, hie und da an den Bäumen. 2 Es

1 Ausfuͤhrliche Erzaͤhlung in Muͤllners Annalen.
2 Bullingers 140ſtes Cap. handelt „vom Profoßen Aichili.“ Auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0236" n="226"/>
          <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Drittes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
          <p>Jene Regensburger Verbündeten, welche jetzt in dem<lb/>
&#x017F;chwäbi&#x017F;chen Bunde den vorwaltenden Einfluß ausübten,<lb/>
ergriffen die Gelegenheit, um die dort be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Maaß-<lb/>
regeln mit Gewalt auszuführen. Die Siege des Bundes<lb/>
waren überall mit religiö&#x017F;er Verfolgung verbunden. Unter<lb/>
denen, die in Würzburg enthauptet wurden, nannte man<lb/>
nicht Wenige, denen nicht der Aufruhr, an dem &#x017F;ie keinen<lb/>
Antheil genommen, &#x017F;ondern das evangeli&#x017F;che Bekenntniß<lb/>
zum Verbrechen gemacht ward. Neun der reich&#x017F;ten Bür-<lb/>
ger wurden in Bamberg hingerichtet: man ver&#x017F;ichert, daß<lb/>
Einige von ihnen grade zu den Ruhig&#x017F;ten gehörten, den<lb/>
Anfall des Landvolks auf die Re&#x017F;idenz des Bi&#x017F;chofs eher<lb/>
verhindert hatten: man &#x017F;trafte an ihnen &#x2014; und &#x017F;agte es<lb/>
laut &#x2014; daß &#x017F;ie &#x017F;ich zum Evangelium gehalten: <note place="foot" n="1">Ausfu&#x0364;hrliche Erza&#x0364;hlung in Mu&#x0364;llners Annalen.</note> unerhör-<lb/>
ter Wei&#x017F;e überließ man ihre Güter einigen Privatleuten, un-<lb/>
ter ihnen einem Secretär des Truch&#x017F;eß. Alles was &#x017F;ich<lb/>
zu der evangeli&#x017F;chen Lehre bekannte wich fürs Er&#x017F;te aus<lb/>
den beiden Bisthümern. Aber auch in allen andern Ge-<lb/>
bieten wurde den Bauern mit dem weltlichen zugleich der<lb/>
gei&#x017F;tliche Gehor&#x017F;am wieder aufgelegt; unter Denen die von<lb/>
der Begnadigung ausge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en wurden, &#x017F;tanden die &#x017F;oge-<lb/>
nannten Lutheraner obenan; am mei&#x017F;ten wurden die Prä-<lb/>
dicanten verfolgt. Ein Profoß, Namens Aichili, durch-<lb/>
&#x017F;treifte mit einer Anzahl Reiter Schwaben und Franken,<lb/>
um die Executionen die man be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, ins Werk zu<lb/>
&#x017F;etzen; man rechnet ihm nach daß er in ziemlich engem<lb/>
Umkrei&#x017F;e vierzig evangeli&#x017F;che Prediger aufgehängt habe, die<lb/>
Land&#x017F;traßen entlang, hie und da an den Bäumen. <note xml:id="seg2pn_21_1" next="#seg2pn_21_2" place="foot" n="2">Bullingers 140&#x017F;tes Cap. handelt &#x201E;vom Profoßen Aichili.&#x201C; Auch</note> Es<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0236] Drittes Buch. Siebentes Capitel. Jene Regensburger Verbündeten, welche jetzt in dem ſchwäbiſchen Bunde den vorwaltenden Einfluß ausübten, ergriffen die Gelegenheit, um die dort beſchloſſenen Maaß- regeln mit Gewalt auszuführen. Die Siege des Bundes waren überall mit religiöſer Verfolgung verbunden. Unter denen, die in Würzburg enthauptet wurden, nannte man nicht Wenige, denen nicht der Aufruhr, an dem ſie keinen Antheil genommen, ſondern das evangeliſche Bekenntniß zum Verbrechen gemacht ward. Neun der reichſten Bür- ger wurden in Bamberg hingerichtet: man verſichert, daß Einige von ihnen grade zu den Ruhigſten gehörten, den Anfall des Landvolks auf die Reſidenz des Biſchofs eher verhindert hatten: man ſtrafte an ihnen — und ſagte es laut — daß ſie ſich zum Evangelium gehalten: 1 unerhör- ter Weiſe überließ man ihre Güter einigen Privatleuten, un- ter ihnen einem Secretär des Truchſeß. Alles was ſich zu der evangeliſchen Lehre bekannte wich fürs Erſte aus den beiden Bisthümern. Aber auch in allen andern Ge- bieten wurde den Bauern mit dem weltlichen zugleich der geiſtliche Gehorſam wieder aufgelegt; unter Denen die von der Begnadigung ausgeſchloſſen wurden, ſtanden die ſoge- nannten Lutheraner obenan; am meiſten wurden die Prä- dicanten verfolgt. Ein Profoß, Namens Aichili, durch- ſtreifte mit einer Anzahl Reiter Schwaben und Franken, um die Executionen die man beſchloſſen, ins Werk zu ſetzen; man rechnet ihm nach daß er in ziemlich engem Umkreiſe vierzig evangeliſche Prediger aufgehängt habe, die Landſtraßen entlang, hie und da an den Bäumen. 2 Es 1 Ausfuͤhrliche Erzaͤhlung in Muͤllners Annalen. 2 Bullingers 140ſtes Cap. handelt „vom Profoßen Aichili.“ Auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/236
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/236>, abgerufen am 24.04.2024.