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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
Kriegführung und ihre Erfolge, die Wechsel der Politik muß-
ten dann auf das Innere eine unaufhörliche Rückwirkung
ausüben, wie wir schon vorläufig bemerkten, und bald deut-
licher wahrnehmen werden.

Feldzug von 1521, 22.

Anfangs schien es, als würde die Entscheidung auf
den alten Schauplätzen der burgundischen Kriege, an den
französisch-niederländischen Grenzen erfolgen.

Von dem ohne viel Mühe bezwungenen Gebiete Ro-
berts von der Mark bewegte sich ein stattliches kaiserliches
Heer, unter dem Grafen von Nassau, Sickingen und Frunds-
berg, gegen die französischen Grenzen, eroberte Mouzon, be-
lagerte Mezieres, und setzte die ganze Champagne in Ge-
fahr; allein indeß sammelte auch Franz seine besten Streit-
kräfte: er fühlte sich gar bald so überlegen, daß er meinte,
Gott selber zeige sich französisch-gesinnt: die Kaiserlichen
mußten jene Belagerung aufheben, und als sie hierauf den
Franzosen in der Nähe von Valenciennes begegneten, es
für ein Glück halten, daß sie ungeschlagen davon kamen:
Georg Frundsberg hielt diesen Abzug für eine seiner rühm-
lichsten Thaten. Eben dadurch aber daß die Franzosen dieß
geschehen ließen, stellte sich ein gewisses Gleichgewicht her:
die Franzosen nahmen einige feste Plätze von Artois, die
Kaiserlichen Tournay weg: zu ernstlichen Anstrengungen,
nahmhaften Erfolgen kam es an dieser Stelle nicht. 1


1 Die Memoiren von Bellay und Fleuranges von der einen,
Pontus Heuterus und Sandoval von der andern Seite schildern die-
sen Krieg. Ich denke im Anhang noch ein unpoetisches, aber doch
belehrendes historisches Lied beizubringen.

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
Kriegführung und ihre Erfolge, die Wechſel der Politik muß-
ten dann auf das Innere eine unaufhörliche Rückwirkung
ausüben, wie wir ſchon vorläufig bemerkten, und bald deut-
licher wahrnehmen werden.

Feldzug von 1521, 22.

Anfangs ſchien es, als würde die Entſcheidung auf
den alten Schauplätzen der burgundiſchen Kriege, an den
franzöſiſch-niederländiſchen Grenzen erfolgen.

Von dem ohne viel Mühe bezwungenen Gebiete Ro-
berts von der Mark bewegte ſich ein ſtattliches kaiſerliches
Heer, unter dem Grafen von Naſſau, Sickingen und Frunds-
berg, gegen die franzöſiſchen Grenzen, eroberte Mouzon, be-
lagerte Mezieres, und ſetzte die ganze Champagne in Ge-
fahr; allein indeß ſammelte auch Franz ſeine beſten Streit-
kräfte: er fühlte ſich gar bald ſo überlegen, daß er meinte,
Gott ſelber zeige ſich franzöſiſch-geſinnt: die Kaiſerlichen
mußten jene Belagerung aufheben, und als ſie hierauf den
Franzoſen in der Nähe von Valenciennes begegneten, es
für ein Glück halten, daß ſie ungeſchlagen davon kamen:
Georg Frundsberg hielt dieſen Abzug für eine ſeiner rühm-
lichſten Thaten. Eben dadurch aber daß die Franzoſen dieß
geſchehen ließen, ſtellte ſich ein gewiſſes Gleichgewicht her:
die Franzoſen nahmen einige feſte Plätze von Artois, die
Kaiſerlichen Tournay weg: zu ernſtlichen Anſtrengungen,
nahmhaften Erfolgen kam es an dieſer Stelle nicht. 1


1 Die Memoiren von Bellay und Fleuranges von der einen,
Pontus Heuterus und Sandoval von der andern Seite ſchildern die-
ſen Krieg. Ich denke im Anhang noch ein unpoetiſches, aber doch
belehrendes hiſtoriſches Lied beizubringen.
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[260/0270] Viertes Buch. Erſtes Capitel. Kriegführung und ihre Erfolge, die Wechſel der Politik muß- ten dann auf das Innere eine unaufhörliche Rückwirkung ausüben, wie wir ſchon vorläufig bemerkten, und bald deut- licher wahrnehmen werden. Feldzug von 1521, 22. Anfangs ſchien es, als würde die Entſcheidung auf den alten Schauplätzen der burgundiſchen Kriege, an den franzöſiſch-niederländiſchen Grenzen erfolgen. Von dem ohne viel Mühe bezwungenen Gebiete Ro- berts von der Mark bewegte ſich ein ſtattliches kaiſerliches Heer, unter dem Grafen von Naſſau, Sickingen und Frunds- berg, gegen die franzöſiſchen Grenzen, eroberte Mouzon, be- lagerte Mezieres, und ſetzte die ganze Champagne in Ge- fahr; allein indeß ſammelte auch Franz ſeine beſten Streit- kräfte: er fühlte ſich gar bald ſo überlegen, daß er meinte, Gott ſelber zeige ſich franzöſiſch-geſinnt: die Kaiſerlichen mußten jene Belagerung aufheben, und als ſie hierauf den Franzoſen in der Nähe von Valenciennes begegneten, es für ein Glück halten, daß ſie ungeſchlagen davon kamen: Georg Frundsberg hielt dieſen Abzug für eine ſeiner rühm- lichſten Thaten. Eben dadurch aber daß die Franzoſen dieß geſchehen ließen, ſtellte ſich ein gewiſſes Gleichgewicht her: die Franzoſen nahmen einige feſte Plätze von Artois, die Kaiſerlichen Tournay weg: zu ernſtlichen Anſtrengungen, nahmhaften Erfolgen kam es an dieſer Stelle nicht. 1 1 Die Memoiren von Bellay und Fleuranges von der einen, Pontus Heuterus und Sandoval von der andern Seite ſchildern die- ſen Krieg. Ich denke im Anhang noch ein unpoetiſches, aber doch belehrendes hiſtoriſches Lied beizubringen.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/270>, abgerufen am 29.03.2024.