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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839.

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Viertes Buch. Erstes Capitel.
und Lodron waren dem Haus Östreich mannichfaltig ver-
pflichtet; auch die Hauptleute -- ihre Namen verdienen wohl
genannt zu werden: es waren Martin Pfaff, Graf Chri-
stoph von Lupfen, Michael Alting, Eiteleck von Reischach,
Heinrich von Castelalt, Conradin Glürns, Michael Mer-
tel, Caspar Schwegler -- hatten sich nun schon eine Zeitlang
daher unter den kaiserlichen Fahnen eingelebt. Ich will
nicht sagen was ein Jeder gethan haben würde, wenn er
zuerst Dienste zu nehmen gehabt hätte: allein die genom-
menen, in denen er sich Ansprüche erworben, jetzt wieder zu
verlassen war gewiß keiner geneigt. 1 Auch wäre das gibelli-
nische Pavia nicht geeignet gewesen Gedanken dieser Art zu
erwecken. Hier sah man vornehme Damen selber an der Ar-
beit des Schanzens Theil nehmen: der reichste Bürger Mat-
teo Beccaria hatte auf seine Kosten aus seinem Anhang
in der Stadt ein Fähnlein gebildet: er gab wohl den Haupt-
leuten auch dann noch als man übrigens schon Mangel
spürte, ein prächtiges Gastmahl, und den Gemeinen fehlte es
wenigstens nie an "weißem Brod und kühlem Wein." Der kai-
serliche Befehlshaber Antonio Leiva rühmt den jungen Cas-

1 Bei Sandoval findet sich zwar, Zollern habe auf Verrath
gesonnen, und sey deshalb bei einem Gastmahl vergiftet worden.
Auch bei G. Capella findet sich hievon eine Andeutung, jedoch mit
dem Zusatz: multi existimavere, was dann auch von Andern mehr
oder minder bedingt wiederholt worden ist. Nach dem Bericht des
Tägius, Physicus und Ritter, der während der Belagerung in Pa-
via war, (de obsidione urbis Ticinensis ed. Pez p. 9) starb Zol-
lern "post longas vigilias et assiduos labores ex tabida febre
XVI Cal. Febr."
Man sagte in Pavia, er sey ein Verwandter des
kaiserlichen Hauses: "aliquali affinitate cum Caesare conjunctus."
In den Liedern wird er gefeiert, als derjenige Mann der an der
Vertheidigung den thätigsten Antheil nahm.

Viertes Buch. Erſtes Capitel.
und Lodron waren dem Haus Öſtreich mannichfaltig ver-
pflichtet; auch die Hauptleute — ihre Namen verdienen wohl
genannt zu werden: es waren Martin Pfaff, Graf Chri-
ſtoph von Lupfen, Michael Alting, Eiteleck von Reiſchach,
Heinrich von Caſtelalt, Conradin Glürns, Michael Mer-
tel, Caspar Schwegler — hatten ſich nun ſchon eine Zeitlang
daher unter den kaiſerlichen Fahnen eingelebt. Ich will
nicht ſagen was ein Jeder gethan haben würde, wenn er
zuerſt Dienſte zu nehmen gehabt hätte: allein die genom-
menen, in denen er ſich Anſprüche erworben, jetzt wieder zu
verlaſſen war gewiß keiner geneigt. 1 Auch wäre das gibelli-
niſche Pavia nicht geeignet geweſen Gedanken dieſer Art zu
erwecken. Hier ſah man vornehme Damen ſelber an der Ar-
beit des Schanzens Theil nehmen: der reichſte Bürger Mat-
teo Beccaria hatte auf ſeine Koſten aus ſeinem Anhang
in der Stadt ein Fähnlein gebildet: er gab wohl den Haupt-
leuten auch dann noch als man übrigens ſchon Mangel
ſpürte, ein prächtiges Gaſtmahl, und den Gemeinen fehlte es
wenigſtens nie an „weißem Brod und kühlem Wein.“ Der kai-
ſerliche Befehlshaber Antonio Leiva rühmt den jungen Cas-

1 Bei Sandoval findet ſich zwar, Zollern habe auf Verrath
geſonnen, und ſey deshalb bei einem Gaſtmahl vergiftet worden.
Auch bei G. Capella findet ſich hievon eine Andeutung, jedoch mit
dem Zuſatz: multi existimavere, was dann auch von Andern mehr
oder minder bedingt wiederholt worden iſt. Nach dem Bericht des
Taͤgius, Phyſicus und Ritter, der waͤhrend der Belagerung in Pa-
via war, (de obsidione urbis Ticinensis ed. Pez p. 9) ſtarb Zol-
lern „post longas vigilias et assiduos labores ex tabida febre
XVI Cal. Febr.“
Man ſagte in Pavia, er ſey ein Verwandter des
kaiſerlichen Hauſes: „aliquali affinitate cum Caesare conjunctus.“
In den Liedern wird er gefeiert, als derjenige Mann der an der
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[306/0316] Viertes Buch. Erſtes Capitel. und Lodron waren dem Haus Öſtreich mannichfaltig ver- pflichtet; auch die Hauptleute — ihre Namen verdienen wohl genannt zu werden: es waren Martin Pfaff, Graf Chri- ſtoph von Lupfen, Michael Alting, Eiteleck von Reiſchach, Heinrich von Caſtelalt, Conradin Glürns, Michael Mer- tel, Caspar Schwegler — hatten ſich nun ſchon eine Zeitlang daher unter den kaiſerlichen Fahnen eingelebt. Ich will nicht ſagen was ein Jeder gethan haben würde, wenn er zuerſt Dienſte zu nehmen gehabt hätte: allein die genom- menen, in denen er ſich Anſprüche erworben, jetzt wieder zu verlaſſen war gewiß keiner geneigt. 1 Auch wäre das gibelli- niſche Pavia nicht geeignet geweſen Gedanken dieſer Art zu erwecken. Hier ſah man vornehme Damen ſelber an der Ar- beit des Schanzens Theil nehmen: der reichſte Bürger Mat- teo Beccaria hatte auf ſeine Koſten aus ſeinem Anhang in der Stadt ein Fähnlein gebildet: er gab wohl den Haupt- leuten auch dann noch als man übrigens ſchon Mangel ſpürte, ein prächtiges Gaſtmahl, und den Gemeinen fehlte es wenigſtens nie an „weißem Brod und kühlem Wein.“ Der kai- ſerliche Befehlshaber Antonio Leiva rühmt den jungen Cas- 1 Bei Sandoval findet ſich zwar, Zollern habe auf Verrath geſonnen, und ſey deshalb bei einem Gaſtmahl vergiftet worden. Auch bei G. Capella findet ſich hievon eine Andeutung, jedoch mit dem Zuſatz: multi existimavere, was dann auch von Andern mehr oder minder bedingt wiederholt worden iſt. Nach dem Bericht des Taͤgius, Phyſicus und Ritter, der waͤhrend der Belagerung in Pa- via war, (de obsidione urbis Ticinensis ed. Pez p. 9) ſtarb Zol- lern „post longas vigilias et assiduos labores ex tabida febre XVI Cal. Febr.“ Man ſagte in Pavia, er ſey ein Verwandter des kaiſerlichen Hauſes: „aliquali affinitate cum Caesare conjunctus.“ In den Liedern wird er gefeiert, als derjenige Mann der an der Vertheidigung den thaͤtigſten Antheil nahm.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 2. Berlin, 1839, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation02_1839/316>, abgerufen am 24.04.2024.