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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Fünftes Buch. Drittes Capitel.
Beruf seines Lebens machte, die alte Religion aufrecht zu
erhalten; dessen Bemühen war es, jene Verbindung zu
Stande zu bringen und wirksam zu machen. Das Gespräch
zu Baden, im Mai 1526, bei welchem auch Eck erschien,
war der Ausdruck des neuen Einverständnisses der Oligar-
chen und der geistlichen Gewalt. 1 Trotziger und mit grö-
ßerem Schein als jemals behaupteten die Altgläubigen, daß
der Sieg auf ihrer Seite geblieben sey.

Aber eben dieses Gespräch sollte ihnen höchst verderb-
lich werden.

Zwingli war daselbst nicht erschienen: wahrscheinlich
schreckten ihn die Executionen, welche man so eben im Cost-
nitzer Sprengel z. B. an Hans Hüglin vornahm; dage-
gen hatten Bern und Basel ein paar Vertreter der neuen
Lehre, Berthold Haller und Oekolampadius geschickt, die
nun aber nicht allein weit davon entfernt waren, ihren Geg-
nern den Sieg zuzugestehn, sondern wie sie nach Hause ka-
men, auch in ihren Mitbürgern ein patriotisches Mitgefühl
für ihre Sache erregten. 2 Bern und Basel forderten auch ih-
rerseits Theilnahme an der Herausgabe der Acten des Ge-
sprächs, und wollten sie der katholischen Majorität nicht so
ohne Weiteres überlassen. Schon in der jurisdictionellen
Frage waren jene Städte mit derselben in Mißverständniß
gerathen; jetzt bahnte sich eine völlige Entzweiung an.


1 Zwingli an Vadian I, 485. Istud unum caveo, ne optima
plebs Helvetica horum nebulonum Fabri videlicet et Ecciorum stro-
phis committatur, id autem Oligarcharum perfidia 3 Kal. Apr.
1526.
2 Wie das Lied des Nicolaus Manuel beweist: ain Lid in
schilers Hofthon; bei Grüneisen p. 409. "Egg zablet mit füßen und
henden, fing an schelken und schenden: -- -- er sprach ich blib by
dem verstand, den Bäpst Cardinäl Bischof hand." Es erscheint in
Baden just wie in Leipzig.

Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel.
Beruf ſeines Lebens machte, die alte Religion aufrecht zu
erhalten; deſſen Bemühen war es, jene Verbindung zu
Stande zu bringen und wirkſam zu machen. Das Geſpräch
zu Baden, im Mai 1526, bei welchem auch Eck erſchien,
war der Ausdruck des neuen Einverſtändniſſes der Oligar-
chen und der geiſtlichen Gewalt. 1 Trotziger und mit grö-
ßerem Schein als jemals behaupteten die Altgläubigen, daß
der Sieg auf ihrer Seite geblieben ſey.

Aber eben dieſes Geſpräch ſollte ihnen höchſt verderb-
lich werden.

Zwingli war daſelbſt nicht erſchienen: wahrſcheinlich
ſchreckten ihn die Executionen, welche man ſo eben im Coſt-
nitzer Sprengel z. B. an Hans Hüglin vornahm; dage-
gen hatten Bern und Baſel ein paar Vertreter der neuen
Lehre, Berthold Haller und Oekolampadius geſchickt, die
nun aber nicht allein weit davon entfernt waren, ihren Geg-
nern den Sieg zuzugeſtehn, ſondern wie ſie nach Hauſe ka-
men, auch in ihren Mitbürgern ein patriotiſches Mitgefühl
für ihre Sache erregten. 2 Bern und Baſel forderten auch ih-
rerſeits Theilnahme an der Herausgabe der Acten des Ge-
ſprächs, und wollten ſie der katholiſchen Majorität nicht ſo
ohne Weiteres überlaſſen. Schon in der jurisdictionellen
Frage waren jene Städte mit derſelben in Mißverſtändniß
gerathen; jetzt bahnte ſich eine völlige Entzweiung an.


1 Zwingli an Vadian I, 485. Istud unum caveo, ne optima
plebs Helvetica horum nebulonum Fabri videlicet et Ecciorum stro-
phis committatur, id autem Oligarcharum perfidia 3 Kal. Apr.
1526.
2 Wie das Lied des Nicolaus Manuel beweiſt: ain Lid in
ſchilers Hofthon; bei Gruͤneiſen p. 409. „Egg zablet mit fuͤßen und
henden, fing an ſchelken und ſchenden: — — er ſprach ich blib by
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Baden juſt wie in Leipzig.
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[96/0112] Fuͤnftes Buch. Drittes Capitel. Beruf ſeines Lebens machte, die alte Religion aufrecht zu erhalten; deſſen Bemühen war es, jene Verbindung zu Stande zu bringen und wirkſam zu machen. Das Geſpräch zu Baden, im Mai 1526, bei welchem auch Eck erſchien, war der Ausdruck des neuen Einverſtändniſſes der Oligar- chen und der geiſtlichen Gewalt. 1 Trotziger und mit grö- ßerem Schein als jemals behaupteten die Altgläubigen, daß der Sieg auf ihrer Seite geblieben ſey. Aber eben dieſes Geſpräch ſollte ihnen höchſt verderb- lich werden. Zwingli war daſelbſt nicht erſchienen: wahrſcheinlich ſchreckten ihn die Executionen, welche man ſo eben im Coſt- nitzer Sprengel z. B. an Hans Hüglin vornahm; dage- gen hatten Bern und Baſel ein paar Vertreter der neuen Lehre, Berthold Haller und Oekolampadius geſchickt, die nun aber nicht allein weit davon entfernt waren, ihren Geg- nern den Sieg zuzugeſtehn, ſondern wie ſie nach Hauſe ka- men, auch in ihren Mitbürgern ein patriotiſches Mitgefühl für ihre Sache erregten. 2 Bern und Baſel forderten auch ih- rerſeits Theilnahme an der Herausgabe der Acten des Ge- ſprächs, und wollten ſie der katholiſchen Majorität nicht ſo ohne Weiteres überlaſſen. Schon in der jurisdictionellen Frage waren jene Städte mit derſelben in Mißverſtändniß gerathen; jetzt bahnte ſich eine völlige Entzweiung an. 1 Zwingli an Vadian I, 485. Istud unum caveo, ne optima plebs Helvetica horum nebulonum Fabri videlicet et Ecciorum stro- phis committatur, id autem Oligarcharum perfidia 3 Kal. Apr. 1526. 2 Wie das Lied des Nicolaus Manuel beweiſt: ain Lid in ſchilers Hofthon; bei Gruͤneiſen p. 409. „Egg zablet mit fuͤßen und henden, fing an ſchelken und ſchenden: — — er ſprach ich blib by dem verſtand, den Baͤpſt Cardinaͤl Biſchof hand.“ Es erſcheint in Baden juſt wie in Leipzig.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/112>, abgerufen am 28.03.2024.