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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Festsetzung italienischer Verhältnisse.
den, die der Kaiser mit den italienischen Mächten geschlos-
sen habe. Sie protestirten in aller Form, wenn etwas in
jenen Verträgen angenommen sey, das jetzt oder künftig
dem h. römischen Reiche zum Abbruch oder Nachtheil ge-
reichen könne, so wollen sie nicht darin gewilligt haben. 1

Schon früher hatte man bei dem Kaiser in Erinne-
rung gebracht, daß was in Italien erobert worden nicht
ihm, sondern dem Reiche gehöre, man hatte ihn aufgefordert,
dem Reiche seine Kammern, namentlich Mailand und Ge-
nua zurückzustellen; dieß werde dann den Gubernator setzen,
und den Ueberschuß der Verwaltung zur Handhabung von
Frieden und Recht verwenden. Das waren aber nicht
die Gedanken des Kaisers oder seiner spanischen Haupt-
leute. Der Herzog von Braunschweig behauptete, mit
Absicht seyen ihm bei seinem italienischen Zuge im Jahre
1528 von Antonio Leiva Hindernisse in den Weg gelegt
worden; der Spanier habe keinen deutschen Fürsten im
Mailändischen dulden wollen. Und dieser Leiva nun ward
jetzt mit Pavia belehnt, er behielt den Oberbefehl und fürs
Erste die Waffen in den Händen. An deutschen Einfluß
war weder damals noch auch später zu denken.

Man sieht: auch politisch erschien der Kaiser nicht als
der Repräsentant der nationalen Macht, als er Anfang Mai
1530 über die Tridentiner Alpen nach Deutschland zurück-
kehrte.


2

1 Protestation vom 30. Juli 1530 im Coblenzer Archiv.
2 Bucholz III, 92 Anmerkung.
Ranke d. Gesch. III. 15

Feſtſetzung italieniſcher Verhaͤltniſſe.
den, die der Kaiſer mit den italieniſchen Mächten geſchloſ-
ſen habe. Sie proteſtirten in aller Form, wenn etwas in
jenen Verträgen angenommen ſey, das jetzt oder künftig
dem h. römiſchen Reiche zum Abbruch oder Nachtheil ge-
reichen könne, ſo wollen ſie nicht darin gewilligt haben. 1

Schon früher hatte man bei dem Kaiſer in Erinne-
rung gebracht, daß was in Italien erobert worden nicht
ihm, ſondern dem Reiche gehöre, man hatte ihn aufgefordert,
dem Reiche ſeine Kammern, namentlich Mailand und Ge-
nua zurückzuſtellen; dieß werde dann den Gubernator ſetzen,
und den Ueberſchuß der Verwaltung zur Handhabung von
Frieden und Recht verwenden. Das waren aber nicht
die Gedanken des Kaiſers oder ſeiner ſpaniſchen Haupt-
leute. Der Herzog von Braunſchweig behauptete, mit
Abſicht ſeyen ihm bei ſeinem italieniſchen Zuge im Jahre
1528 von Antonio Leiva Hinderniſſe in den Weg gelegt
worden; der Spanier habe keinen deutſchen Fürſten im
Mailändiſchen dulden wollen. Und dieſer Leiva nun ward
jetzt mit Pavia belehnt, er behielt den Oberbefehl und fürs
Erſte die Waffen in den Händen. An deutſchen Einfluß
war weder damals noch auch ſpäter zu denken.

Man ſieht: auch politiſch erſchien der Kaiſer nicht als
der Repräſentant der nationalen Macht, als er Anfang Mai
1530 über die Tridentiner Alpen nach Deutſchland zurück-
kehrte.


2

1 Proteſtation vom 30. Juli 1530 im Coblenzer Archiv.
2 Bucholz III, 92 Anmerkung.
Ranke d. Geſch. III. 15
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[225/0241] Feſtſetzung italieniſcher Verhaͤltniſſe. den, die der Kaiſer mit den italieniſchen Mächten geſchloſ- ſen habe. Sie proteſtirten in aller Form, wenn etwas in jenen Verträgen angenommen ſey, das jetzt oder künftig dem h. römiſchen Reiche zum Abbruch oder Nachtheil ge- reichen könne, ſo wollen ſie nicht darin gewilligt haben. 1 Schon früher hatte man bei dem Kaiſer in Erinne- rung gebracht, daß was in Italien erobert worden nicht ihm, ſondern dem Reiche gehöre, man hatte ihn aufgefordert, dem Reiche ſeine Kammern, namentlich Mailand und Ge- nua zurückzuſtellen; dieß werde dann den Gubernator ſetzen, und den Ueberſchuß der Verwaltung zur Handhabung von Frieden und Recht verwenden. Das waren aber nicht die Gedanken des Kaiſers oder ſeiner ſpaniſchen Haupt- leute. Der Herzog von Braunſchweig behauptete, mit Abſicht ſeyen ihm bei ſeinem italieniſchen Zuge im Jahre 1528 von Antonio Leiva Hinderniſſe in den Weg gelegt worden; der Spanier habe keinen deutſchen Fürſten im Mailändiſchen dulden wollen. Und dieſer Leiva nun ward jetzt mit Pavia belehnt, er behielt den Oberbefehl und fürs Erſte die Waffen in den Händen. An deutſchen Einfluß war weder damals noch auch ſpäter zu denken. Man ſieht: auch politiſch erſchien der Kaiſer nicht als der Repräſentant der nationalen Macht, als er Anfang Mai 1530 über die Tridentiner Alpen nach Deutſchland zurück- kehrte. 2 1 Proteſtation vom 30. Juli 1530 im Coblenzer Archiv. 2 Bucholz III, 92 Anmerkung. Ranke d. Geſch. III. 15

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/241>, abgerufen am 28.03.2024.