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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Viertes Capitel.
Katastrophe der Reformation in der Schweiz.

Der Angriff Savoyens auf Genf ward noch 1530
zurückgeschlagen; im Frühjahr 1531 ward auch der Castel-
lan von Musso aus Graubünden vertrieben. So wenig
die Städte in den schmalkaldischen Bund getreten, so we-
nig war eine wirkliche Verbindung der fünf Orte mit
Oestreich geschlossen worden. Auf sich allein beschränkt,
standen die beiden Theile der Eidgenossenschaft einander ge-
genüber; aber erbitterter als je.

Die fünf Orte klagten, und in der That nicht mit Un-
recht, daß man ihre Mehrheit nicht mehr anerkenne, sie
ihres Rechtes entsetze. Sie weigerten sich, in Ordnungen
zu willigen, wie sie z. B. in St. Gallen getroffen worden.
Der erste Hauptmann, der nach der neuen Einrichtung da-
selbst antreten sollte -- er war von Lucern -- verschmähte
den Bauern zu schwören und ritt davon.

Dagegen waren die evangelischen Städte wohl noch
mit augenscheinlicherm Rechte entrüstet, daß man sie in je-
nen gemeineidgenössischen Sachen nicht unterstützt hatte;

Viertes Capitel.
Kataſtrophe der Reformation in der Schweiz.

Der Angriff Savoyens auf Genf ward noch 1530
zurückgeſchlagen; im Frühjahr 1531 ward auch der Caſtel-
lan von Muſſo aus Graubünden vertrieben. So wenig
die Städte in den ſchmalkaldiſchen Bund getreten, ſo we-
nig war eine wirkliche Verbindung der fünf Orte mit
Oeſtreich geſchloſſen worden. Auf ſich allein beſchränkt,
ſtanden die beiden Theile der Eidgenoſſenſchaft einander ge-
genüber; aber erbitterter als je.

Die fünf Orte klagten, und in der That nicht mit Un-
recht, daß man ihre Mehrheit nicht mehr anerkenne, ſie
ihres Rechtes entſetze. Sie weigerten ſich, in Ordnungen
zu willigen, wie ſie z. B. in St. Gallen getroffen worden.
Der erſte Hauptmann, der nach der neuen Einrichtung da-
ſelbſt antreten ſollte — er war von Lucern — verſchmähte
den Bauern zu ſchwören und ritt davon.

Dagegen waren die evangeliſchen Städte wohl noch
mit augenſcheinlicherm Rechte entrüſtet, daß man ſie in je-
nen gemeineidgenöſſiſchen Sachen nicht unterſtützt hatte;

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[[352]/0368] Viertes Capitel. Kataſtrophe der Reformation in der Schweiz. Der Angriff Savoyens auf Genf ward noch 1530 zurückgeſchlagen; im Frühjahr 1531 ward auch der Caſtel- lan von Muſſo aus Graubünden vertrieben. So wenig die Städte in den ſchmalkaldiſchen Bund getreten, ſo we- nig war eine wirkliche Verbindung der fünf Orte mit Oeſtreich geſchloſſen worden. Auf ſich allein beſchränkt, ſtanden die beiden Theile der Eidgenoſſenſchaft einander ge- genüber; aber erbitterter als je. Die fünf Orte klagten, und in der That nicht mit Un- recht, daß man ihre Mehrheit nicht mehr anerkenne, ſie ihres Rechtes entſetze. Sie weigerten ſich, in Ordnungen zu willigen, wie ſie z. B. in St. Gallen getroffen worden. Der erſte Hauptmann, der nach der neuen Einrichtung da- ſelbſt antreten ſollte — er war von Lucern — verſchmähte den Bauern zu ſchwören und ritt davon. Dagegen waren die evangeliſchen Städte wohl noch mit augenſcheinlicherm Rechte entrüſtet, daß man ſie in je- nen gemeineidgenöſſiſchen Sachen nicht unterſtützt hatte;

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. [352]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/368>, abgerufen am 28.03.2024.