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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Vollziehung des schmalkaldischen Bundes.
Rath einige Macht besaß; der hatte aber ganz andere Sym-
pathien, und trug natürlicher Weise Bedenken darauf ein-
zugehn. Allein die Hundert vier und sechzig waren desto
leichter gewonnen. Auf deren Antrieb erschien schon bei
der zweiten Versammlung zu Schmalkalden im März 1531
ein Abgeordneter der Stadt, der nur noch im Voraus zu
wissen wünschte, welche Unterstützung sie sich in ihren Strei-
tigkeiten mit dem vertriebenen König von Dänemark, wenn
der Kaiser ihn zurückzuführen suche, von den Fürsten ver-
sprechen könne, und an die Nothwendigkeit erinnerte, die
Stadt dagegen bei der von ihr zu leistenden Hülfe nicht
zu stark anzusehn. Und auch diesen Vorbehalt ließ man
fallen, als indeß jene große Veränderung in Lübeck einge-
treten war. Obgleich der Abgeordnete auf seine Fragen
nur sehr ungenügende Antworten empfing, so nahm doch
Lübeck das Verständniß unmittelbar hierauf an. Diese drei
Städte finden wir gleich in der ersten besiegelten Bundes-
formel aufgeführt.

In der folgenden Versammlung, im Juni, traten Göt-
tingen und Braunschweig bei. Braunschweig meinte an-
fangs, durch seine Verbindung mit dem Herzog von Lüne-
burg dem Bunde schon genugsam anzugehören; allein die
Verbündeten urtheilten, daß sie der Stadt einmal im Noth-
fall mit besserem Grunde würden Hülfe leisten können, wenn
sie selbst in das Verständniß eintrete. Ein Abgesandter des
Landgrafen beseitigte dann vollends ihre Bedenklichkeiten.


1
1 Schreiben der Stadt an Ernst von Lüneburg 22. März 1531.
"Dieweil wir mit E. F. Gn. über unsre natürliche untertänige Ver-
wandniß und sonderlich aufgerichtete Verträge der christlichen ange-
fangen Sachen halber im Namen Gottes zusammengesetzt haben."

Vollziehung des ſchmalkaldiſchen Bundes.
Rath einige Macht beſaß; der hatte aber ganz andere Sym-
pathien, und trug natürlicher Weiſe Bedenken darauf ein-
zugehn. Allein die Hundert vier und ſechzig waren deſto
leichter gewonnen. Auf deren Antrieb erſchien ſchon bei
der zweiten Verſammlung zu Schmalkalden im März 1531
ein Abgeordneter der Stadt, der nur noch im Voraus zu
wiſſen wünſchte, welche Unterſtützung ſie ſich in ihren Strei-
tigkeiten mit dem vertriebenen König von Dänemark, wenn
der Kaiſer ihn zurückzuführen ſuche, von den Fürſten ver-
ſprechen könne, und an die Nothwendigkeit erinnerte, die
Stadt dagegen bei der von ihr zu leiſtenden Hülfe nicht
zu ſtark anzuſehn. Und auch dieſen Vorbehalt ließ man
fallen, als indeß jene große Veränderung in Lübeck einge-
treten war. Obgleich der Abgeordnete auf ſeine Fragen
nur ſehr ungenügende Antworten empfing, ſo nahm doch
Lübeck das Verſtändniß unmittelbar hierauf an. Dieſe drei
Städte finden wir gleich in der erſten beſiegelten Bundes-
formel aufgeführt.

In der folgenden Verſammlung, im Juni, traten Göt-
tingen und Braunſchweig bei. Braunſchweig meinte an-
fangs, durch ſeine Verbindung mit dem Herzog von Lüne-
burg dem Bunde ſchon genugſam anzugehören; allein die
Verbündeten urtheilten, daß ſie der Stadt einmal im Noth-
fall mit beſſerem Grunde würden Hülfe leiſten können, wenn
ſie ſelbſt in das Verſtändniß eintrete. Ein Abgeſandter des
Landgrafen beſeitigte dann vollends ihre Bedenklichkeiten.


1
1 Schreiben der Stadt an Ernſt von Luͤneburg 22. Maͤrz 1531.
„Dieweil wir mit E. F. Gn. uͤber unſre natuͤrliche untertaͤnige Ver-
wandniß und ſonderlich aufgerichtete Vertraͤge der chriſtlichen ange-
fangen Sachen halber im Namen Gottes zuſammengeſetzt haben.“
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[391/0407] Vollziehung des ſchmalkaldiſchen Bundes. Rath einige Macht beſaß; der hatte aber ganz andere Sym- pathien, und trug natürlicher Weiſe Bedenken darauf ein- zugehn. Allein die Hundert vier und ſechzig waren deſto leichter gewonnen. Auf deren Antrieb erſchien ſchon bei der zweiten Verſammlung zu Schmalkalden im März 1531 ein Abgeordneter der Stadt, der nur noch im Voraus zu wiſſen wünſchte, welche Unterſtützung ſie ſich in ihren Strei- tigkeiten mit dem vertriebenen König von Dänemark, wenn der Kaiſer ihn zurückzuführen ſuche, von den Fürſten ver- ſprechen könne, und an die Nothwendigkeit erinnerte, die Stadt dagegen bei der von ihr zu leiſtenden Hülfe nicht zu ſtark anzuſehn. Und auch dieſen Vorbehalt ließ man fallen, als indeß jene große Veränderung in Lübeck einge- treten war. Obgleich der Abgeordnete auf ſeine Fragen nur ſehr ungenügende Antworten empfing, ſo nahm doch Lübeck das Verſtändniß unmittelbar hierauf an. Dieſe drei Städte finden wir gleich in der erſten beſiegelten Bundes- formel aufgeführt. In der folgenden Verſammlung, im Juni, traten Göt- tingen und Braunſchweig bei. Braunſchweig meinte an- fangs, durch ſeine Verbindung mit dem Herzog von Lüne- burg dem Bunde ſchon genugſam anzugehören; allein die Verbündeten urtheilten, daß ſie der Stadt einmal im Noth- fall mit beſſerem Grunde würden Hülfe leiſten können, wenn ſie ſelbſt in das Verſtändniß eintrete. Ein Abgeſandter des Landgrafen beſeitigte dann vollends ihre Bedenklichkeiten. 1 1 Schreiben der Stadt an Ernſt von Luͤneburg 22. Maͤrz 1531. „Dieweil wir mit E. F. Gn. uͤber unſre natuͤrliche untertaͤnige Ver- wandniß und ſonderlich aufgerichtete Vertraͤge der chriſtlichen ange- fangen Sachen halber im Namen Gottes zuſammengeſetzt haben.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 391. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/407>, abgerufen am 29.03.2024.