Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Reformation in der Mark Brandenburg.
derte nur, daß der Churfürst nun auch nicht darüber hinaus
gehe, und daß er besonders alle Bündnisse vermeide: Bedin-
gungen die dieser schon von selbst zu erfüllen sehr geneigt war.

Eine sehr außerordentliche Stellung nahm nun Joa-
chim II
ein. Er hatte sich von der kriegerisch gesinnten
eifrig-katholischen Majorität losgerissen: aber darum war er
doch nicht zu dem politischen System ihrer Gegner überge-
treten. Er wagte es, von Glauben und Ritus der römi-
schen Kirche eigenmächtig abzuweichen: dabei aber war er
doch weit entfernt, die wittenbergischen Einrichtungen schlecht-
hin herüberzunehmen. Schon bezweifelten Einige, ob die
Beibehaltung so vieler Cerimonien wirklich mit dem Evan-
gelium bestehen könne, und es gehörte die ganze Autorität
Luthers dazu um sie darüber zu beruhigen. Joachim dem II
lag alles daran, die Lehre und die Kirchenform die er für
die rechte hielt, einzuführen, und sich dabei doch weder mit
dem Kaiser noch mit der Hierarchie des Reiches zu ent-
zweien.

Und war nicht auch dieß ein großer Gewinn, in einem
Augenblick wo die Ideen der Versöhnung und friedlichen Aus-
gleichung überhaupt die Oberhand zu bekommen schienen?

Auch abgesehen hievon aber hatte der Schritt den er
gethan, für die Ausbreitung des evangelischen Bekenntnisses
sehr erwünschte Folgen.

Nachbarliche Gebiete.

Wir erinnern uns, daß Fürst Georg von Anhalt, der
kraft der Befugnisse die er als Dompropst von Magdeburg

Ranke D. Gesch. IV. 11

Reformation in der Mark Brandenburg.
derte nur, daß der Churfürſt nun auch nicht darüber hinaus
gehe, und daß er beſonders alle Bündniſſe vermeide: Bedin-
gungen die dieſer ſchon von ſelbſt zu erfüllen ſehr geneigt war.

Eine ſehr außerordentliche Stellung nahm nun Joa-
chim II
ein. Er hatte ſich von der kriegeriſch geſinnten
eifrig-katholiſchen Majorität losgeriſſen: aber darum war er
doch nicht zu dem politiſchen Syſtem ihrer Gegner überge-
treten. Er wagte es, von Glauben und Ritus der römi-
ſchen Kirche eigenmächtig abzuweichen: dabei aber war er
doch weit entfernt, die wittenbergiſchen Einrichtungen ſchlecht-
hin herüberzunehmen. Schon bezweifelten Einige, ob die
Beibehaltung ſo vieler Cerimonien wirklich mit dem Evan-
gelium beſtehen könne, und es gehörte die ganze Autorität
Luthers dazu um ſie darüber zu beruhigen. Joachim dem II
lag alles daran, die Lehre und die Kirchenform die er für
die rechte hielt, einzuführen, und ſich dabei doch weder mit
dem Kaiſer noch mit der Hierarchie des Reiches zu ent-
zweien.

Und war nicht auch dieß ein großer Gewinn, in einem
Augenblick wo die Ideen der Verſöhnung und friedlichen Aus-
gleichung überhaupt die Oberhand zu bekommen ſchienen?

Auch abgeſehen hievon aber hatte der Schritt den er
gethan, für die Ausbreitung des evangeliſchen Bekenntniſſes
ſehr erwünſchte Folgen.

Nachbarliche Gebiete.

Wir erinnern uns, daß Fürſt Georg von Anhalt, der
kraft der Befugniſſe die er als Dompropſt von Magdeburg

Ranke D. Geſch. IV. 11
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0173" n="161"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reformation in der Mark <placeName>Brandenburg</placeName></hi>.</fw><lb/>
derte nur, daß der Churfür&#x017F;t nun auch nicht darüber hinaus<lb/>
gehe, und daß er be&#x017F;onders alle Bündni&#x017F;&#x017F;e vermeide: Bedin-<lb/>
gungen die die&#x017F;er &#x017F;chon von &#x017F;elb&#x017F;t zu erfüllen &#x017F;ehr geneigt war.</p><lb/>
            <p>Eine &#x017F;ehr außerordentliche Stellung nahm nun <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557556">Joa-<lb/>
chim <hi rendition="#aq">II</hi></persName> ein. Er hatte &#x017F;ich von der kriegeri&#x017F;ch ge&#x017F;innten<lb/>
eifrig-katholi&#x017F;chen Majorität losgeri&#x017F;&#x017F;en: aber darum war er<lb/>
doch nicht zu dem politi&#x017F;chen Sy&#x017F;tem ihrer Gegner überge-<lb/>
treten. Er wagte es, von Glauben und Ritus der römi-<lb/>
&#x017F;chen Kirche eigenmächtig abzuweichen: dabei aber war er<lb/>
doch weit entfernt, die wittenbergi&#x017F;chen Einrichtungen &#x017F;chlecht-<lb/>
hin herüberzunehmen. Schon bezweifelten Einige, ob die<lb/>
Beibehaltung &#x017F;o vieler Cerimonien wirklich mit dem Evan-<lb/>
gelium be&#x017F;tehen könne, und es gehörte die ganze Autorität<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luthers</persName> dazu um &#x017F;ie darüber zu beruhigen. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557556">Joachim dem <hi rendition="#aq">II</hi></persName><lb/>
lag alles daran, die Lehre und die Kirchenform die er für<lb/>
die rechte hielt, einzuführen, und &#x017F;ich dabei doch weder mit<lb/>
dem Kai&#x017F;er noch mit der Hierarchie des Reiches zu ent-<lb/>
zweien.</p><lb/>
            <p>Und war nicht auch dieß ein großer Gewinn, in einem<lb/>
Augenblick wo die Ideen der Ver&#x017F;öhnung und friedlichen Aus-<lb/>
gleichung überhaupt die Oberhand zu bekommen &#x017F;chienen?</p><lb/>
            <p>Auch abge&#x017F;ehen hievon aber hatte der Schritt den er<lb/>
gethan, für die Ausbreitung des evangeli&#x017F;chen Bekenntni&#x017F;&#x017F;es<lb/>
&#x017F;ehr erwün&#x017F;chte Folgen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Nachbarliche Gebiete.</head><lb/>
            <p>Wir erinnern uns, daß Für&#x017F;t <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716891">Georg von Anhalt</persName>, der<lb/>
kraft der Befugni&#x017F;&#x017F;e die er als Domprop&#x017F;t von <placeName>Magdeburg</placeName><lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118598279">Ranke</persName> D. Ge&#x017F;ch. <hi rendition="#aq">IV.</hi> 11</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0173] Reformation in der Mark Brandenburg. derte nur, daß der Churfürſt nun auch nicht darüber hinaus gehe, und daß er beſonders alle Bündniſſe vermeide: Bedin- gungen die dieſer ſchon von ſelbſt zu erfüllen ſehr geneigt war. Eine ſehr außerordentliche Stellung nahm nun Joa- chim II ein. Er hatte ſich von der kriegeriſch geſinnten eifrig-katholiſchen Majorität losgeriſſen: aber darum war er doch nicht zu dem politiſchen Syſtem ihrer Gegner überge- treten. Er wagte es, von Glauben und Ritus der römi- ſchen Kirche eigenmächtig abzuweichen: dabei aber war er doch weit entfernt, die wittenbergiſchen Einrichtungen ſchlecht- hin herüberzunehmen. Schon bezweifelten Einige, ob die Beibehaltung ſo vieler Cerimonien wirklich mit dem Evan- gelium beſtehen könne, und es gehörte die ganze Autorität Luthers dazu um ſie darüber zu beruhigen. Joachim dem II lag alles daran, die Lehre und die Kirchenform die er für die rechte hielt, einzuführen, und ſich dabei doch weder mit dem Kaiſer noch mit der Hierarchie des Reiches zu ent- zweien. Und war nicht auch dieß ein großer Gewinn, in einem Augenblick wo die Ideen der Verſöhnung und friedlichen Aus- gleichung überhaupt die Oberhand zu bekommen ſchienen? Auch abgeſehen hievon aber hatte der Schritt den er gethan, für die Ausbreitung des evangeliſchen Bekenntniſſes ſehr erwünſchte Folgen. Nachbarliche Gebiete. Wir erinnern uns, daß Fürſt Georg von Anhalt, der kraft der Befugniſſe die er als Dompropſt von Magdeburg Ranke D. Geſch. IV. 11

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/173
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/173>, abgerufen am 28.03.2024.