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Rapsilber, Maximilian: Das Reichstags-Gebäude. Berlin, 1895.

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Otto der Grosse, Heinrich III., Friedrich I., Rudolph von Habs¬
burg, Karl IV
und der letzte Ritter Maximilian I., welche sich auf
niedrigen Postamenten vor den Pfeilern 21/2 m hoch erheben werden.
Aus dem Gewölbefries oberhalb der Säulenkapitäle sind in den
Charakterköpfen die verschiedenen Dynastien und Kulturepochen
des Mittelalters gekennzeichnet. Es ist nun ein schöner Gedanke,
dass die Fenster, welche der vaterländischen Gedenkhalle das Licht
zuführen, Glasmalereien mit Motiven des neuen Reichs enthalten.
Ueber dem Portal thront Allmutter Germania auf dem Festhügel, ein
jugendschönes heroisches Weib, zu ihren Füssen der Festreigen ihrer
gekrönten Kinder, die mit dem Gelöbniss: "Wir wollen sein ein
einig Volk von Brüdern" sich in fröhlicher Eintracht zu einem festen
Ring geschlossen haben. Als Symbol der Einheit umschlingt sie
Alle ein Band in den Reichsfarben. Zweige im Frühlingsblüthen¬
schmuck neigen sich herüber, und im Hintergrund dehnt sich das
deutsche Land vom Fels zum Meer. Im oberen Theil des Fensters
steht Sanct Michael, der Schutzpatron der Deutschen, und in der
Predella schliessen Nord und Süd mit Handschlag den ewigen Bund
der Treue. Um das Ganze läuft ein prächtiges Frucht- und Blumen¬
gewinde. Das Fenster liegt an der Sonnenseite des Hauses, die
Farben sind daher licht getönt, ein wunderbares Leuchten und
Glänzen durchwirkt den erhabenen Raum, wenn zur Mittagszeit beim
Beginn der Sitzungen das Tagesgestirn in den Farben des Fensters
spielt. Das dem Eintretenden entgegenblickende Fenster in der
Nordwand, zu welcher die breite Treppe emporführt, enthält den
Reichsadler mit den Wappen der Bundesstaaten. Ohne Zweifel die
bedeutendste Leistung auf heraldischem Gebiet und als Glasmalerei
den besten Erzeugnissen der Vergangenheit ebenbürtig. Die zahl¬
reich variirenden Farben der Wappenschilde sind zu schönster Har¬
monie vereinigt, und das einigende Band liegt hier in den riesenhaft
gedehnten Gliedern des Adlers, deren kraftvolles Schwarz zusammen
mit dem Goldgrund den dominirenden Farbenakkord bildet. Diese
beiden sowie die übrigen farbigen Fenster sind von dem Frankfurter

Otto der Grosse, Heinrich III., Friedrich I., Rudolph von Habs¬
burg, Karl IV
und der letzte Ritter Maximilian I., welche sich auf
niedrigen Postamenten vor den Pfeilern 2½ m hoch erheben werden.
Aus dem Gewölbefries oberhalb der Säulenkapitäle sind in den
Charakterköpfen die verschiedenen Dynastien und Kulturepochen
des Mittelalters gekennzeichnet. Es ist nun ein schöner Gedanke,
dass die Fenster, welche der vaterländischen Gedenkhalle das Licht
zuführen, Glasmalereien mit Motiven des neuen Reichs enthalten.
Ueber dem Portal thront Allmutter Germania auf dem Festhügel, ein
jugendschönes heroisches Weib, zu ihren Füssen der Festreigen ihrer
gekrönten Kinder, die mit dem Gelöbniss: „Wir wollen sein ein
einig Volk von Brüdern“ sich in fröhlicher Eintracht zu einem festen
Ring geschlossen haben. Als Symbol der Einheit umschlingt sie
Alle ein Band in den Reichsfarben. Zweige im Frühlingsblüthen¬
schmuck neigen sich herüber, und im Hintergrund dehnt sich das
deutsche Land vom Fels zum Meer. Im oberen Theil des Fensters
steht Sanct Michael, der Schutzpatron der Deutschen, und in der
Predella schliessen Nord und Süd mit Handschlag den ewigen Bund
der Treue. Um das Ganze läuft ein prächtiges Frucht- und Blumen¬
gewinde. Das Fenster liegt an der Sonnenseite des Hauses, die
Farben sind daher licht getönt, ein wunderbares Leuchten und
Glänzen durchwirkt den erhabenen Raum, wenn zur Mittagszeit beim
Beginn der Sitzungen das Tagesgestirn in den Farben des Fensters
spielt. Das dem Eintretenden entgegenblickende Fenster in der
Nordwand, zu welcher die breite Treppe emporführt, enthält den
Reichsadler mit den Wappen der Bundesstaaten. Ohne Zweifel die
bedeutendste Leistung auf heraldischem Gebiet und als Glasmalerei
den besten Erzeugnissen der Vergangenheit ebenbürtig. Die zahl¬
reich variirenden Farben der Wappenschilde sind zu schönster Har¬
monie vereinigt, und das einigende Band liegt hier in den riesenhaft
gedehnten Gliedern des Adlers, deren kraftvolles Schwarz zusammen
mit dem Goldgrund den dominirenden Farbenakkord bildet. Diese
beiden sowie die übrigen farbigen Fenster sind von dem Frankfurter

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[32/0038] Otto der Grosse, Heinrich III., Friedrich I., Rudolph von Habs¬ burg, Karl IV und der letzte Ritter Maximilian I., welche sich auf niedrigen Postamenten vor den Pfeilern 2½ m hoch erheben werden. Aus dem Gewölbefries oberhalb der Säulenkapitäle sind in den Charakterköpfen die verschiedenen Dynastien und Kulturepochen des Mittelalters gekennzeichnet. Es ist nun ein schöner Gedanke, dass die Fenster, welche der vaterländischen Gedenkhalle das Licht zuführen, Glasmalereien mit Motiven des neuen Reichs enthalten. Ueber dem Portal thront Allmutter Germania auf dem Festhügel, ein jugendschönes heroisches Weib, zu ihren Füssen der Festreigen ihrer gekrönten Kinder, die mit dem Gelöbniss: „Wir wollen sein ein einig Volk von Brüdern“ sich in fröhlicher Eintracht zu einem festen Ring geschlossen haben. Als Symbol der Einheit umschlingt sie Alle ein Band in den Reichsfarben. Zweige im Frühlingsblüthen¬ schmuck neigen sich herüber, und im Hintergrund dehnt sich das deutsche Land vom Fels zum Meer. Im oberen Theil des Fensters steht Sanct Michael, der Schutzpatron der Deutschen, und in der Predella schliessen Nord und Süd mit Handschlag den ewigen Bund der Treue. Um das Ganze läuft ein prächtiges Frucht- und Blumen¬ gewinde. Das Fenster liegt an der Sonnenseite des Hauses, die Farben sind daher licht getönt, ein wunderbares Leuchten und Glänzen durchwirkt den erhabenen Raum, wenn zur Mittagszeit beim Beginn der Sitzungen das Tagesgestirn in den Farben des Fensters spielt. Das dem Eintretenden entgegenblickende Fenster in der Nordwand, zu welcher die breite Treppe emporführt, enthält den Reichsadler mit den Wappen der Bundesstaaten. Ohne Zweifel die bedeutendste Leistung auf heraldischem Gebiet und als Glasmalerei den besten Erzeugnissen der Vergangenheit ebenbürtig. Die zahl¬ reich variirenden Farben der Wappenschilde sind zu schönster Har¬ monie vereinigt, und das einigende Band liegt hier in den riesenhaft gedehnten Gliedern des Adlers, deren kraftvolles Schwarz zusammen mit dem Goldgrund den dominirenden Farbenakkord bildet. Diese beiden sowie die übrigen farbigen Fenster sind von dem Frankfurter

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Zitationshilfe: Rapsilber, Maximilian: Das Reichstags-Gebäude. Berlin, 1895, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rapsilber_reichstagsgebaeude_1895/38>, abgerufen am 23.04.2024.