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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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6. Cap. Vom Oculiren.
nicht verhindert werde, indem sonst der Saft
nicht gehörig umlaufen kan. Findet man in dem
darauf folgenden Frühjahre, daß das Auge gut
geblieben ist, und anfangen wil zu treiben; so
ist der Gipfel des wilden Stammes 7 bis 8 Zol
über dem Auge abzuschneiden. Hat nun solches
10 bis 12 Zol getrieben und Blätter gewonnen,
so muß ein Pfahl darneben gestecket, und das
Reis daran geheftet werden, damit solches die
Winde nicht können herunter werfen. Wenn
das Reis die Länge eines Schuhes hat, so kan
man auch schon den annoch daran gebliebenen
wilden Stam vollends, jedoch ganz genau an dem
Auge hinweg schneiden, und mit Baum-Wachse
verstreichen; es wird sich finden, daß der Abschnit
noch in diesem Jahre über die Helfte zuwäch-
set. Doch kan dieses auch bis in das zweyte
Jahr verbleiben.

§. 7.

Hier wil ich den Zweifel, welchen Herr D.Bäume
werden
durch das
Pfropfen
und Oculi-
ren nicht
verwandelt.

Agricola in seiner Universal-Vermehrung p. 8.
im andern Theile bemerket, anführen: "Dann
"der gute Pelzer, der so viele und lange Jahre,
"auf dem wilden Stam gestanden, und sich mit
"demselben intime vereiniget, gibt doch seinen
"guten Saft, lege circulationis humorum auch
"abwärts der Wurzel zu, & vice versa. Der
"Saft, der in den Wurzeln befindlich, steiget
"aufwärts: daraus ist wohl zu schliessen, daß
"durch solche Temperirung und Vermischung der
"Säfte etwas bessers hervor kommen kan; allein

"über

6. Cap. Vom Oculiren.
nicht verhindert werde, indem ſonſt der Saft
nicht gehoͤrig umlaufen kan. Findet man in dem
darauf folgenden Fruͤhjahre, daß das Auge gut
geblieben iſt, und anfangen wil zu treiben; ſo
iſt der Gipfel des wilden Stammes 7 bis 8 Zol
uͤber dem Auge abzuſchneiden. Hat nun ſolches
10 bis 12 Zol getrieben und Blaͤtter gewonnen,
ſo muß ein Pfahl darneben geſtecket, und das
Reis daran geheftet werden, damit ſolches die
Winde nicht koͤnnen herunter werfen. Wenn
das Reis die Laͤnge eines Schuhes hat, ſo kan
man auch ſchon den annoch daran gebliebenen
wilden Stam vollends, jedoch ganz genau an dem
Auge hinweg ſchneiden, und mit Baum-Wachſe
verſtreichen; es wird ſich finden, daß der Abſchnit
noch in dieſem Jahre uͤber die Helfte zuwaͤch-
ſet. Doch kan dieſes auch bis in das zweyte
Jahr verbleiben.

§. 7.

Hier wil ich den Zweifel, welchen Herr D.Baͤume
werden
durch das
Pfropfen
und Oculi-
ren nicht
verwandelt.

Agricola in ſeiner Univerſal-Vermehrung p. 8.
im andern Theile bemerket, anfuͤhren: ”Dann
„der gute Pelzer, der ſo viele und lange Jahre,
„auf dem wilden Stam geſtanden, und ſich mit
„demſelben intime vereiniget, gibt doch ſeinen
„guten Saft, lege circulationis humorum auch
„abwaͤrts der Wurzel zu, & vice verſa. Der
„Saft, der in den Wurzeln befindlich, ſteiget
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[79/0111] 6. Cap. Vom Oculiren. nicht verhindert werde, indem ſonſt der Saft nicht gehoͤrig umlaufen kan. Findet man in dem darauf folgenden Fruͤhjahre, daß das Auge gut geblieben iſt, und anfangen wil zu treiben; ſo iſt der Gipfel des wilden Stammes 7 bis 8 Zol uͤber dem Auge abzuſchneiden. Hat nun ſolches 10 bis 12 Zol getrieben und Blaͤtter gewonnen, ſo muß ein Pfahl darneben geſtecket, und das Reis daran geheftet werden, damit ſolches die Winde nicht koͤnnen herunter werfen. Wenn das Reis die Laͤnge eines Schuhes hat, ſo kan man auch ſchon den annoch daran gebliebenen wilden Stam vollends, jedoch ganz genau an dem Auge hinweg ſchneiden, und mit Baum-Wachſe verſtreichen; es wird ſich finden, daß der Abſchnit noch in dieſem Jahre uͤber die Helfte zuwaͤch- ſet. Doch kan dieſes auch bis in das zweyte Jahr verbleiben. §. 7. Hier wil ich den Zweifel, welchen Herr D. Agricola in ſeiner Univerſal-Vermehrung p. 8. im andern Theile bemerket, anfuͤhren: ”Dann „der gute Pelzer, der ſo viele und lange Jahre, „auf dem wilden Stam geſtanden, und ſich mit „demſelben intime vereiniget, gibt doch ſeinen „guten Saft, lege circulationis humorum auch „abwaͤrts der Wurzel zu, & vice verſa. Der „Saft, der in den Wurzeln befindlich, ſteiget „aufwaͤrts: daraus iſt wohl zu ſchlieſſen, daß „durch ſolche Temperirung und Vermiſchung der „Saͤfte etwas beſſers hervor kommen kan; allein „uͤber Baͤume werden durch das Pfropfen und Oculi- ren nicht verwandelt.

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/111>, abgerufen am 25.04.2024.