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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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5. Cap. Vom Pfropfen.
drey auch folgend abgeschnitten werde. Solche
Oerter, wo ein Auge weggenommen worden, ver-
wachsen noch in demselben Jahre; jedoch halte
ich noch für besser, daß man dieses Ausputzen bis
in das folgende Jahr versparet. Ein jeder muß
hierbey seine Gedanken selbsten zu Rathe ziehen,
indem man solches so deutlich nicht beschreiben
kan. Dieses ist also der gepfropften Reiser ih-
re Wartung im ersten Jahre.

Jm andern Jahre, wenn die jungen Bäu-
me in ihre Blätter gewachsen sind, muß man
die Nebenschosse und Aeste abschneiden, und da-
mit in folgenden Jahren fortfahren, bis man
sie dahin gebracht, daß sie eines Mannes hoch
in ihre Kronen gewachsen sind. Es kan wohl
nichts schändlichers gefunden werden, als wenn
in einem Obst-Garten solche Bäume angetroffen
werden, welche nicht hoch genung gezogen wor-
den, und unter welchen folglich Niemand mit
der Gräserey oder anderer Garten-Arbeit zurech-
te kommen kan. Denn ein gleicher und hoher
Baum lässet nicht allein schöne, sondern er trä-
get auch eben so viel Früchte als ein niedriger.
Es ist also besser solche in gehörige Höhe zu zie-
hen; denn unter den hohen Bäumen kan man
ohne Hindernis hingehen und darunter alle Ar-
beit bequemlich verrichten. Doch muß man al-
hier einen Unterschied zwischen den Franz-Baum-
Gärten und unter einem hochstämmigen Obst-
Baum-Garten machen.

Das

5. Cap. Vom Pfropfen.
drey auch folgend abgeſchnitten werde. Solche
Oerter, wo ein Auge weggenommen worden, ver-
wachſen noch in demſelben Jahre; jedoch halte
ich noch fuͤr beſſer, daß man dieſes Ausputzen bis
in das folgende Jahr verſparet. Ein jeder muß
hierbey ſeine Gedanken ſelbſten zu Rathe ziehen,
indem man ſolches ſo deutlich nicht beſchreiben
kan. Dieſes iſt alſo der gepfropften Reiſer ih-
re Wartung im erſten Jahre.

Jm andern Jahre, wenn die jungen Baͤu-
me in ihre Blaͤtter gewachſen ſind, muß man
die Nebenſchoſſe und Aeſte abſchneiden, und da-
mit in folgenden Jahren fortfahren, bis man
ſie dahin gebracht, daß ſie eines Mannes hoch
in ihre Kronen gewachſen ſind. Es kan wohl
nichts ſchaͤndlichers gefunden werden, als wenn
in einem Obſt-Garten ſolche Baͤume angetroffen
werden, welche nicht hoch genung gezogen wor-
den, und unter welchen folglich Niemand mit
der Graͤſerey oder anderer Garten-Arbeit zurech-
te kommen kan. Denn ein gleicher und hoher
Baum laͤſſet nicht allein ſchoͤne, ſondern er traͤ-
get auch eben ſo viel Fruͤchte als ein niedriger.
Es iſt alſo beſſer ſolche in gehoͤrige Hoͤhe zu zie-
hen; denn unter den hohen Baͤumen kan man
ohne Hindernis hingehen und darunter alle Ar-
beit bequemlich verrichten. Doch muß man al-
hier einen Unterſchied zwiſchen den Franz-Baum-
Gaͤrten und unter einem hochſtaͤmmigen Obſt-
Baum-Garten machen.

Das
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[72/0104] 5. Cap. Vom Pfropfen. drey auch folgend abgeſchnitten werde. Solche Oerter, wo ein Auge weggenommen worden, ver- wachſen noch in demſelben Jahre; jedoch halte ich noch fuͤr beſſer, daß man dieſes Ausputzen bis in das folgende Jahr verſparet. Ein jeder muß hierbey ſeine Gedanken ſelbſten zu Rathe ziehen, indem man ſolches ſo deutlich nicht beſchreiben kan. Dieſes iſt alſo der gepfropften Reiſer ih- re Wartung im erſten Jahre. Jm andern Jahre, wenn die jungen Baͤu- me in ihre Blaͤtter gewachſen ſind, muß man die Nebenſchoſſe und Aeſte abſchneiden, und da- mit in folgenden Jahren fortfahren, bis man ſie dahin gebracht, daß ſie eines Mannes hoch in ihre Kronen gewachſen ſind. Es kan wohl nichts ſchaͤndlichers gefunden werden, als wenn in einem Obſt-Garten ſolche Baͤume angetroffen werden, welche nicht hoch genung gezogen wor- den, und unter welchen folglich Niemand mit der Graͤſerey oder anderer Garten-Arbeit zurech- te kommen kan. Denn ein gleicher und hoher Baum laͤſſet nicht allein ſchoͤne, ſondern er traͤ- get auch eben ſo viel Fruͤchte als ein niedriger. Es iſt alſo beſſer ſolche in gehoͤrige Hoͤhe zu zie- hen; denn unter den hohen Baͤumen kan man ohne Hindernis hingehen und darunter alle Ar- beit bequemlich verrichten. Doch muß man al- hier einen Unterſchied zwiſchen den Franz-Baum- Gaͤrten und unter einem hochſtaͤmmigen Obſt- Baum-Garten machen. Das

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/104>, abgerufen am 28.03.2024.