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Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753.

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9. Cap. Von der Wartung
die Sonne des andern Tages hin scheinen konte,
eine Thür. Den zweyten und dritten Tag hernach
bekam der gelbgrünlichte Saft eine andere Farbe
und wurde in etwas dunkler, und von Tagen zu
Tagen bräuner. Gegen den Herbst hatte mein ab-
geschälter Baum eine recht schöne glatte Rinde be-
kommen, gleich als wenn er kaum vor 8. bis 10.
Jahren versetzt wäre, ausgenommen an denenje-
nigen Orten, wo ich aus Versehen mit dem Meisel
den Saft in etwas verletzet, alwo der Saft bis ge-
gen den Herbst des folgendes Jahres kaum überge-
laufen, daß alles völlig zugeheilet war. Wer es ver-
suchen wil, kan solches gleichfals an einem alten
Baume, woran ihm nicht viel gelegen, vornehmen.
Es ist dieses ein sehr artiger Versuch. Denn ob-
gleich sonst weiter kein Nutzen dadurch zu erhal-
ten; so kan man doch hieraus wahrnehmen, wie es
mit dem Safte zwischen der Rinde und Stamme
zugehet, und wie sich derselbe endlich verdicket und
zu einem festen Theile des Baumes wird. Es
haben zwar einige vorgeben wollen, daß die Bäu-
me hiervon tragbarer würden; allein ich kan de-
nenselben keinen Glauben beymessen, vielweniger
begreifen, wie es möglich sey, indem ein solcher ab-
geschälter Baum hernachmalen mit seiner neuen
Rinde zu thun hat, und folglich seine Säfte und
Kräfte, welche er ordentlicher Weise den obern
Theilen des Baumes, nemlich den Zelken und
Aesten mittheilen solte, an die neue Schale wen-
den muß.

§. 12.

9. Cap. Von der Wartung
die Sonne des andern Tages hin ſcheinen konte,
eine Thuͤr. Den zweyten und dritten Tag hernach
bekam der gelbgruͤnlichte Saft eine andere Farbe
und wurde in etwas dunkler, und von Tagen zu
Tagen braͤuner. Gegen den Herbſt hatte mein ab-
geſchaͤlter Baum eine recht ſchoͤne glatte Rinde be-
kommen, gleich als wenn er kaum vor 8. bis 10.
Jahren verſetzt waͤre, ausgenommen an denenje-
nigen Orten, wo ich aus Verſehen mit dem Meiſel
den Saft in etwas verletzet, alwo der Saft bis ge-
gen den Herbſt des folgendes Jahres kaum uͤberge-
laufen, daß alles voͤllig zugeheilet war. Wer es ver-
ſuchen wil, kan ſolches gleichfals an einem alten
Baume, woran ihm nicht viel gelegen, vornehmen.
Es iſt dieſes ein ſehr artiger Verſuch. Denn ob-
gleich ſonſt weiter kein Nutzen dadurch zu erhal-
ten; ſo kan man doch hieraus wahrnehmen, wie es
mit dem Safte zwiſchen der Rinde und Stamme
zugehet, und wie ſich derſelbe endlich verdicket und
zu einem feſten Theile des Baumes wird. Es
haben zwar einige vorgeben wollen, daß die Baͤu-
me hiervon tragbarer wuͤrden; allein ich kan de-
nenſelben keinen Glauben beymeſſen, vielweniger
begreifen, wie es moͤglich ſey, indem ein ſolcher ab-
geſchaͤlter Baum hernachmalen mit ſeiner neuen
Rinde zu thun hat, und folglich ſeine Saͤfte und
Kraͤfte, welche er ordentlicher Weiſe den obern
Theilen des Baumes, nemlich den Zelken und
Aeſten mittheilen ſolte, an die neue Schale wen-
den muß.

§. 12.
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[130/0162] 9. Cap. Von der Wartung die Sonne des andern Tages hin ſcheinen konte, eine Thuͤr. Den zweyten und dritten Tag hernach bekam der gelbgruͤnlichte Saft eine andere Farbe und wurde in etwas dunkler, und von Tagen zu Tagen braͤuner. Gegen den Herbſt hatte mein ab- geſchaͤlter Baum eine recht ſchoͤne glatte Rinde be- kommen, gleich als wenn er kaum vor 8. bis 10. Jahren verſetzt waͤre, ausgenommen an denenje- nigen Orten, wo ich aus Verſehen mit dem Meiſel den Saft in etwas verletzet, alwo der Saft bis ge- gen den Herbſt des folgendes Jahres kaum uͤberge- laufen, daß alles voͤllig zugeheilet war. Wer es ver- ſuchen wil, kan ſolches gleichfals an einem alten Baume, woran ihm nicht viel gelegen, vornehmen. Es iſt dieſes ein ſehr artiger Verſuch. Denn ob- gleich ſonſt weiter kein Nutzen dadurch zu erhal- ten; ſo kan man doch hieraus wahrnehmen, wie es mit dem Safte zwiſchen der Rinde und Stamme zugehet, und wie ſich derſelbe endlich verdicket und zu einem feſten Theile des Baumes wird. Es haben zwar einige vorgeben wollen, daß die Baͤu- me hiervon tragbarer wuͤrden; allein ich kan de- nenſelben keinen Glauben beymeſſen, vielweniger begreifen, wie es moͤglich ſey, indem ein ſolcher ab- geſchaͤlter Baum hernachmalen mit ſeiner neuen Rinde zu thun hat, und folglich ſeine Saͤfte und Kraͤfte, welche er ordentlicher Weiſe den obern Theilen des Baumes, nemlich den Zelken und Aeſten mittheilen ſolte, an die neue Schale wen- den muß. §. 12.

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Zitationshilfe: Reichardt, Christian: Land- u. Garten-Schatzes. Bd. 2. Erfurt, 1753, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reichart_landschatz02_1753/162>, abgerufen am 29.03.2024.