Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

Formationen und Regionen der Vegetation.
Thätigkeit noch nicht lange eingestellt haben. Da sehen wir, wie
die Samen vieler dieser Gewächse von ihrer ersten unteren Ansiede-
lung aus, durch Thalwinde gehoben, immer höher getragen werden,
bis sie zuletzt die erkalteten Gipfel erreichen. Obenan unter diesen
Vorläufern und ersten Anfängern der Hochgebirgsflora treffen wir
Polygonum Weyrichii, Stellaria florida und Carex tristis. Bei ver-
schiedenen späteren Ansiedlern, zumal den beerentragenden, mögen
immerhin auch andere Vehikel mitgewirkt haben, z. B. Vögel, ins-
besondere das Schneehuhn, doch ist eine solche Verbreitung leichter
denkbar, als nachweisbar.

Fassen wir zum Schlusse das, was in Vorstehendem über die
Vegetationsformen Japans und insbesondere über die Verbreitung
seiner Nadelhölzer in verticaler Richtung gesagt wurde, zusammen,
so vermögen wir fünf Pflanzenregionen zu unterscheiden, nämlich:

1. Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders,
bis 400 Meter hoch. Sie umfasst die Culturregion, die Vegetation
des Dünensandes, der stehenden und langsam fliessenden Gewässer,
der buschigen Hügellandschaften und des immergrünen Waldes im
Süden, welcher nur ausnahmsweise 200 Meter höher reicht.

2. Zone der Cryptomerien, Cypressen und Eiben,
400--1000 Meter Höhe. Es ist dies zugleich das Gebiet des unteren
sommergrünen Laubwaldes, in welchem die Vegetation an Ueppigkeit
und Artenverschiedenheit ihre grösste Kraft entwickelt, die Region
der Castanien, blattwechselnden Laurineen, der meisten Magnoliaceen
Ternstroemiaceen, Lardizabaleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen und an-
derer reich vertretener Sippen, sowie endlich das Gebiet der unteren
und ausgebreitetsten Hara.

3. Zone der Abies firma und des mittleren Laub-
waldes
, 1000--1500 Meter Höhe. Hierher gehört der grösste Theil
des blattwechselnden Hochwaldes mit Eichen, Buchen, Ahornen, Erlen,
Eschen, Rosskastanien, Aralien, ferner die obere Hara.

4. Zone der Tannen und Lärchen, 1500--2000 Meter. Es
ist zugleich das Gebiet des oberen Laubwaldes mit Birken, Erlen,
der subalpinen Kräuter und Sträucher.

5. Zone des Knieholzes, von 2000 Meter an aufwärts, die
Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter.



12*

Formationen und Regionen der Vegetation.
Thätigkeit noch nicht lange eingestellt haben. Da sehen wir, wie
die Samen vieler dieser Gewächse von ihrer ersten unteren Ansiede-
lung aus, durch Thalwinde gehoben, immer höher getragen werden,
bis sie zuletzt die erkalteten Gipfel erreichen. Obenan unter diesen
Vorläufern und ersten Anfängern der Hochgebirgsflora treffen wir
Polygonum Weyrichii, Stellaria florida und Carex tristis. Bei ver-
schiedenen späteren Ansiedlern, zumal den beerentragenden, mögen
immerhin auch andere Vehikel mitgewirkt haben, z. B. Vögel, ins-
besondere das Schneehuhn, doch ist eine solche Verbreitung leichter
denkbar, als nachweisbar.

Fassen wir zum Schlusse das, was in Vorstehendem über die
Vegetationsformen Japans und insbesondere über die Verbreitung
seiner Nadelhölzer in verticaler Richtung gesagt wurde, zusammen,
so vermögen wir fünf Pflanzenregionen zu unterscheiden, nämlich:

1. Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders,
bis 400 Meter hoch. Sie umfasst die Culturregion, die Vegetation
des Dünensandes, der stehenden und langsam fliessenden Gewässer,
der buschigen Hügellandschaften und des immergrünen Waldes im
Süden, welcher nur ausnahmsweise 200 Meter höher reicht.

2. Zone der Cryptomerien, Cypressen und Eiben,
400—1000 Meter Höhe. Es ist dies zugleich das Gebiet des unteren
sommergrünen Laubwaldes, in welchem die Vegetation an Ueppigkeit
und Artenverschiedenheit ihre grösste Kraft entwickelt, die Region
der Castanien, blattwechselnden Laurineen, der meisten Magnoliaceen
Ternstroemiaceen, Lardizabaleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen und an-
derer reich vertretener Sippen, sowie endlich das Gebiet der unteren
und ausgebreitetsten Hara.

3. Zone der Abies firma und des mittleren Laub-
waldes
, 1000—1500 Meter Höhe. Hierher gehört der grösste Theil
des blattwechselnden Hochwaldes mit Eichen, Buchen, Ahornen, Erlen,
Eschen, Rosskastanien, Aralien, ferner die obere Hara.

4. Zone der Tannen und Lärchen, 1500—2000 Meter. Es
ist zugleich das Gebiet des oberen Laubwaldes mit Birken, Erlen,
der subalpinen Kräuter und Sträucher.

5. Zone des Knieholzes, von 2000 Meter an aufwärts, die
Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter.



12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0203" n="179"/><fw place="top" type="header">Formationen und Regionen der Vegetation.</fw><lb/>
Thätigkeit noch nicht lange eingestellt haben. Da sehen wir, wie<lb/>
die Samen vieler dieser Gewächse von ihrer ersten unteren Ansiede-<lb/>
lung aus, durch Thalwinde gehoben, immer höher getragen werden,<lb/>
bis sie zuletzt die erkalteten Gipfel erreichen. Obenan unter diesen<lb/>
Vorläufern und ersten Anfängern der Hochgebirgsflora treffen wir<lb/>
Polygonum Weyrichii, Stellaria florida und Carex tristis. Bei ver-<lb/>
schiedenen späteren Ansiedlern, zumal den beerentragenden, mögen<lb/>
immerhin auch andere Vehikel mitgewirkt haben, z. B. Vögel, ins-<lb/>
besondere das Schneehuhn, doch ist eine solche Verbreitung leichter<lb/>
denkbar, als nachweisbar.</p><lb/>
              <p>Fassen wir zum Schlusse das, was in Vorstehendem über die<lb/>
Vegetationsformen Japans und insbesondere über die Verbreitung<lb/>
seiner Nadelhölzer in verticaler Richtung gesagt wurde, zusammen,<lb/>
so vermögen wir fünf Pflanzenregionen zu unterscheiden, nämlich:</p><lb/>
              <p>1. <hi rendition="#g">Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders</hi>,<lb/>
bis 400 Meter hoch. Sie umfasst die Culturregion, die Vegetation<lb/>
des Dünensandes, der stehenden und langsam fliessenden Gewässer,<lb/>
der buschigen Hügellandschaften und des immergrünen Waldes im<lb/>
Süden, welcher nur ausnahmsweise 200 Meter höher reicht.</p><lb/>
              <p>2. <hi rendition="#g">Zone der Cryptomerien, Cypressen und Eiben</hi>,<lb/>
400&#x2014;1000 Meter Höhe. Es ist dies zugleich das Gebiet des unteren<lb/>
sommergrünen Laubwaldes, in welchem die Vegetation an Ueppigkeit<lb/>
und Artenverschiedenheit ihre grösste Kraft entwickelt, die Region<lb/>
der Castanien, blattwechselnden Laurineen, der meisten Magnoliaceen<lb/>
Ternstroemiaceen, Lardizabaleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen und an-<lb/>
derer reich vertretener Sippen, sowie endlich das Gebiet der unteren<lb/>
und ausgebreitetsten Hara.</p><lb/>
              <p>3. <hi rendition="#g">Zone der Abies firma und des mittleren Laub-<lb/>
waldes</hi>, 1000&#x2014;1500 Meter Höhe. Hierher gehört der grösste Theil<lb/>
des blattwechselnden Hochwaldes mit Eichen, Buchen, Ahornen, Erlen,<lb/>
Eschen, Rosskastanien, Aralien, ferner die obere Hara.</p><lb/>
              <p>4. <hi rendition="#g">Zone der Tannen und Lärchen</hi>, 1500&#x2014;2000 Meter. Es<lb/>
ist zugleich das Gebiet des oberen Laubwaldes mit Birken, Erlen,<lb/>
der subalpinen Kräuter und Sträucher.</p><lb/>
              <p>5. <hi rendition="#g">Zone des Knieholzes</hi>, von 2000 Meter an aufwärts, die<lb/>
Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          <fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0203] Formationen und Regionen der Vegetation. Thätigkeit noch nicht lange eingestellt haben. Da sehen wir, wie die Samen vieler dieser Gewächse von ihrer ersten unteren Ansiede- lung aus, durch Thalwinde gehoben, immer höher getragen werden, bis sie zuletzt die erkalteten Gipfel erreichen. Obenan unter diesen Vorläufern und ersten Anfängern der Hochgebirgsflora treffen wir Polygonum Weyrichii, Stellaria florida und Carex tristis. Bei ver- schiedenen späteren Ansiedlern, zumal den beerentragenden, mögen immerhin auch andere Vehikel mitgewirkt haben, z. B. Vögel, ins- besondere das Schneehuhn, doch ist eine solche Verbreitung leichter denkbar, als nachweisbar. Fassen wir zum Schlusse das, was in Vorstehendem über die Vegetationsformen Japans und insbesondere über die Verbreitung seiner Nadelhölzer in verticaler Richtung gesagt wurde, zusammen, so vermögen wir fünf Pflanzenregionen zu unterscheiden, nämlich: 1. Zone des Kiefernwaldes und des Wachholders, bis 400 Meter hoch. Sie umfasst die Culturregion, die Vegetation des Dünensandes, der stehenden und langsam fliessenden Gewässer, der buschigen Hügellandschaften und des immergrünen Waldes im Süden, welcher nur ausnahmsweise 200 Meter höher reicht. 2. Zone der Cryptomerien, Cypressen und Eiben, 400—1000 Meter Höhe. Es ist dies zugleich das Gebiet des unteren sommergrünen Laubwaldes, in welchem die Vegetation an Ueppigkeit und Artenverschiedenheit ihre grösste Kraft entwickelt, die Region der Castanien, blattwechselnden Laurineen, der meisten Magnoliaceen Ternstroemiaceen, Lardizabaleen, Hydrangeen, Caprifoliaceen und an- derer reich vertretener Sippen, sowie endlich das Gebiet der unteren und ausgebreitetsten Hara. 3. Zone der Abies firma und des mittleren Laub- waldes, 1000—1500 Meter Höhe. Hierher gehört der grösste Theil des blattwechselnden Hochwaldes mit Eichen, Buchen, Ahornen, Erlen, Eschen, Rosskastanien, Aralien, ferner die obere Hara. 4. Zone der Tannen und Lärchen, 1500—2000 Meter. Es ist zugleich das Gebiet des oberen Laubwaldes mit Birken, Erlen, der subalpinen Kräuter und Sträucher. 5. Zone des Knieholzes, von 2000 Meter an aufwärts, die Region der kriechenden Ericineen und hochalpinen Kräuter. 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/203
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/203>, abgerufen am 16.04.2024.