Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Geschichte des japanischen Volkes.
Noch schlimmer ging es Masuda Nagamori. Er wurde seiner Herrschaft
beraubt und zu den Mönchen des Koyasan geschickt. Auch die Besitzung
des Ukita Hideiye und manches anderen Gegners wurde confisciert.

Das Schloss zu Osaka liess Iyeyasu zunächst im ungestörten Be-
sitze des Hideyori und seiner Mutter, welche hier ihren kleinen Hof
weiter führten.

Die Generäle Kato Kiyomasa und Kuroda Yoshitaka erhielten
nun Befehl, den Westen und Süden zu pacificieren, eine Aufgabe,
die nicht schwer zu lösen war, da kaum ein Daimio ernsten Wider-
stand leistete. Auf Kiushiu unterwarf Yoshitaka die Provinzen Bungo,
Buzen und Chikuzen, während Kiyomasa Hizen zur Ruhe brachte.
Tachibana Muneshige, der Fürst von Chikugo, war nicht gewillt,
sich ohne weiteres zu unterwerfen, so dass Nabeshima Nawoshige
von Saga dem Kato zur Hülfe kam. Auf den Rath von Kuroda
wurde der Führer von Tachibana's Armee zu einer Conferenz einge-
laden, auf welcher ein Vergleich zu Stande kam. Nun marschierten
die Generäle des Iyeyasu, verstärkt durch den ganzen Norden von
Kiushiu, südwärts gegen Satsuma, das sich nun ebenfalls unterwarf.

Im Norden von Japan waren Uyesugi Kagekatsu und Satake
Yoshinobu
die Haupttriebfedern zur Gründung der Liga gegen Iyeyasu
gewesen, hatten aber dann nichts beigetragen, um dieselbe materiell
zu stärken. Als dann die Nachricht von dem Ausgange der Schlacht
von Sekigahara zu ihnen gelangte, beeilten sie sich, dem Hideyasu
ihre Unterwerfung anzuzeigen. Sie wurden von diesem an seinen
Vater Iyeyasu nach Fushimi gewiesen, wo sie sich auf Gnade und
Ungnade ergaben und mit dem Verluste des grössten Theiles ihres
seitherigen Besitzes sich abfinden mussten. Waren doch selbst Satsuma
und Choshiu, die mächtigsten Clane des Landes, nicht im Stande ge-
wesen, der gewaltigen Strömung zu widerstehen, sondern mussten
sich, so schwer es ihnen auch werden mochte, unter das Joch des
Mikawa-Häuptlings und seiner Nachfolger beugen.

Grosse Veränderungen im Besitze fanden statt, bei welchen alle
Anhänger des Iyeyasu reich belohnt wurden. Nachdem dies geschehen
war und allenthalben die Waffen ruhten, sandte Iyeyasu seinen Sohn
Hidetada zum Mikado nach Kioto, um demselben einen ausführlichen
Bericht abzustatten über alle Vorgänge und Veränderungen im Reiche
während der letzten Zeit und seine Sanction einzuholen, deren er im

er ihm den Kopf des Sohnes von Konishi, der unter ihm befehligte, zusandte,
sich aber damit sehr getäuscht, denn Iyeyasu war kein Freund solcher niedrigen
Handlungsweise.

I. Geschichte des japanischen Volkes.
Noch schlimmer ging es Masuda Nagamori. Er wurde seiner Herrschaft
beraubt und zu den Mönchen des Koyasan geschickt. Auch die Besitzung
des Ukita Hideiye und manches anderen Gegners wurde confisciert.

Das Schloss zu Ôsaka liess Iyeyasu zunächst im ungestörten Be-
sitze des Hideyori und seiner Mutter, welche hier ihren kleinen Hof
weiter führten.

Die Generäle Katô Kiyomasa und Kuroda Yoshitaka erhielten
nun Befehl, den Westen und Süden zu pacificieren, eine Aufgabe,
die nicht schwer zu lösen war, da kaum ein Daimio ernsten Wider-
stand leistete. Auf Kiushiu unterwarf Yoshitaka die Provinzen Bungo,
Buzen und Chikuzen, während Kiyomasa Hizen zur Ruhe brachte.
Tachibana Muneshige, der Fürst von Chikugo, war nicht gewillt,
sich ohne weiteres zu unterwerfen, so dass Nabeshima Nawoshige
von Saga dem Katô zur Hülfe kam. Auf den Rath von Kuroda
wurde der Führer von Tachibana’s Armee zu einer Conferenz einge-
laden, auf welcher ein Vergleich zu Stande kam. Nun marschierten
die Generäle des Iyeyasu, verstärkt durch den ganzen Norden von
Kiushiu, südwärts gegen Satsuma, das sich nun ebenfalls unterwarf.

Im Norden von Japan waren Uyesugi Kagekatsu und Satake
Yoshinobu
die Haupttriebfedern zur Gründung der Liga gegen Iyeyasu
gewesen, hatten aber dann nichts beigetragen, um dieselbe materiell
zu stärken. Als dann die Nachricht von dem Ausgange der Schlacht
von Sekigahara zu ihnen gelangte, beeilten sie sich, dem Hideyasu
ihre Unterwerfung anzuzeigen. Sie wurden von diesem an seinen
Vater Iyeyasu nach Fushimi gewiesen, wo sie sich auf Gnade und
Ungnade ergaben und mit dem Verluste des grössten Theiles ihres
seitherigen Besitzes sich abfinden mussten. Waren doch selbst Satsuma
und Chôshiu, die mächtigsten Clane des Landes, nicht im Stande ge-
wesen, der gewaltigen Strömung zu widerstehen, sondern mussten
sich, so schwer es ihnen auch werden mochte, unter das Joch des
Mikawa-Häuptlings und seiner Nachfolger beugen.

Grosse Veränderungen im Besitze fanden statt, bei welchen alle
Anhänger des Iyeyasu reich belohnt wurden. Nachdem dies geschehen
war und allenthalben die Waffen ruhten, sandte Iyeyasu seinen Sohn
Hidetada zum Mikado nach Kiôto, um demselben einen ausführlichen
Bericht abzustatten über alle Vorgänge und Veränderungen im Reiche
während der letzten Zeit und seine Sanction einzuholen, deren er im

er ihm den Kopf des Sohnes von Konishi, der unter ihm befehligte, zusandte,
sich aber damit sehr getäuscht, denn Iyeyasu war kein Freund solcher niedrigen
Handlungsweise.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0372" n="346"/><fw place="top" type="header">I. Geschichte des japanischen Volkes.</fw><lb/>
Noch schlimmer ging es Masuda Nagamori. Er wurde seiner Herrschaft<lb/>
beraubt und zu den Mönchen des Koyasan geschickt. Auch die Besitzung<lb/>
des Ukita Hideiye und manches anderen Gegners wurde confisciert.</p><lb/>
            <p>Das Schloss zu Ôsaka liess Iyeyasu zunächst im ungestörten Be-<lb/>
sitze des Hideyori und seiner Mutter, welche hier ihren kleinen Hof<lb/>
weiter führten.</p><lb/>
            <p>Die Generäle Katô Kiyomasa und Kuroda Yoshitaka erhielten<lb/>
nun Befehl, den Westen und Süden zu pacificieren, eine Aufgabe,<lb/>
die nicht schwer zu lösen war, da kaum ein Daimio ernsten Wider-<lb/>
stand leistete. Auf Kiushiu unterwarf Yoshitaka die Provinzen Bungo,<lb/>
Buzen und Chikuzen, während Kiyomasa Hizen zur Ruhe brachte.<lb/><hi rendition="#g">Tachibana Muneshige,</hi> der Fürst von Chikugo, war nicht gewillt,<lb/>
sich ohne weiteres zu unterwerfen, so dass <hi rendition="#g">Nabeshima Nawoshige</hi><lb/>
von Saga dem Katô zur Hülfe kam. Auf den Rath von Kuroda<lb/>
wurde der Führer von Tachibana&#x2019;s Armee zu einer Conferenz einge-<lb/>
laden, auf welcher ein Vergleich zu Stande kam. Nun marschierten<lb/>
die Generäle des Iyeyasu, verstärkt durch den ganzen Norden von<lb/>
Kiushiu, südwärts gegen Satsuma, das sich nun ebenfalls unterwarf.</p><lb/>
            <p>Im Norden von Japan waren Uyesugi Kagekatsu und <hi rendition="#g">Satake<lb/>
Yoshinobu</hi> die Haupttriebfedern zur Gründung der Liga gegen Iyeyasu<lb/>
gewesen, hatten aber dann nichts beigetragen, um dieselbe materiell<lb/>
zu stärken. Als dann die Nachricht von dem Ausgange der Schlacht<lb/>
von Sekigahara zu ihnen gelangte, beeilten sie sich, dem Hideyasu<lb/>
ihre Unterwerfung anzuzeigen. Sie wurden von diesem an seinen<lb/>
Vater Iyeyasu nach Fushimi gewiesen, wo sie sich auf Gnade und<lb/>
Ungnade ergaben und mit dem Verluste des grössten Theiles ihres<lb/>
seitherigen Besitzes sich abfinden mussten. Waren doch selbst Satsuma<lb/>
und Chôshiu, die mächtigsten Clane des Landes, nicht im Stande ge-<lb/>
wesen, der gewaltigen Strömung zu widerstehen, sondern mussten<lb/>
sich, so schwer es ihnen auch werden mochte, unter das Joch des<lb/>
Mikawa-Häuptlings und seiner Nachfolger beugen.</p><lb/>
            <p>Grosse Veränderungen im Besitze fanden statt, bei welchen alle<lb/>
Anhänger des Iyeyasu reich belohnt wurden. Nachdem dies geschehen<lb/>
war und allenthalben die Waffen ruhten, sandte Iyeyasu seinen Sohn<lb/>
Hidetada zum Mikado nach Kiôto, um demselben einen ausführlichen<lb/>
Bericht abzustatten über alle Vorgänge und Veränderungen im Reiche<lb/>
während der letzten Zeit und seine Sanction einzuholen, deren er im<lb/><note xml:id="seg2pn_4_2" prev="#seg2pn_4_1" place="foot" n="*)">er ihm den Kopf des Sohnes von Konishi, der unter ihm befehligte, zusandte,<lb/>
sich aber damit sehr getäuscht, denn Iyeyasu war kein Freund solcher niedrigen<lb/>
Handlungsweise.</note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[346/0372] I. Geschichte des japanischen Volkes. Noch schlimmer ging es Masuda Nagamori. Er wurde seiner Herrschaft beraubt und zu den Mönchen des Koyasan geschickt. Auch die Besitzung des Ukita Hideiye und manches anderen Gegners wurde confisciert. Das Schloss zu Ôsaka liess Iyeyasu zunächst im ungestörten Be- sitze des Hideyori und seiner Mutter, welche hier ihren kleinen Hof weiter führten. Die Generäle Katô Kiyomasa und Kuroda Yoshitaka erhielten nun Befehl, den Westen und Süden zu pacificieren, eine Aufgabe, die nicht schwer zu lösen war, da kaum ein Daimio ernsten Wider- stand leistete. Auf Kiushiu unterwarf Yoshitaka die Provinzen Bungo, Buzen und Chikuzen, während Kiyomasa Hizen zur Ruhe brachte. Tachibana Muneshige, der Fürst von Chikugo, war nicht gewillt, sich ohne weiteres zu unterwerfen, so dass Nabeshima Nawoshige von Saga dem Katô zur Hülfe kam. Auf den Rath von Kuroda wurde der Führer von Tachibana’s Armee zu einer Conferenz einge- laden, auf welcher ein Vergleich zu Stande kam. Nun marschierten die Generäle des Iyeyasu, verstärkt durch den ganzen Norden von Kiushiu, südwärts gegen Satsuma, das sich nun ebenfalls unterwarf. Im Norden von Japan waren Uyesugi Kagekatsu und Satake Yoshinobu die Haupttriebfedern zur Gründung der Liga gegen Iyeyasu gewesen, hatten aber dann nichts beigetragen, um dieselbe materiell zu stärken. Als dann die Nachricht von dem Ausgange der Schlacht von Sekigahara zu ihnen gelangte, beeilten sie sich, dem Hideyasu ihre Unterwerfung anzuzeigen. Sie wurden von diesem an seinen Vater Iyeyasu nach Fushimi gewiesen, wo sie sich auf Gnade und Ungnade ergaben und mit dem Verluste des grössten Theiles ihres seitherigen Besitzes sich abfinden mussten. Waren doch selbst Satsuma und Chôshiu, die mächtigsten Clane des Landes, nicht im Stande ge- wesen, der gewaltigen Strömung zu widerstehen, sondern mussten sich, so schwer es ihnen auch werden mochte, unter das Joch des Mikawa-Häuptlings und seiner Nachfolger beugen. Grosse Veränderungen im Besitze fanden statt, bei welchen alle Anhänger des Iyeyasu reich belohnt wurden. Nachdem dies geschehen war und allenthalben die Waffen ruhten, sandte Iyeyasu seinen Sohn Hidetada zum Mikado nach Kiôto, um demselben einen ausführlichen Bericht abzustatten über alle Vorgänge und Veränderungen im Reiche während der letzten Zeit und seine Sanction einzuholen, deren er im *) *) er ihm den Kopf des Sohnes von Konishi, der unter ihm befehligte, zusandte, sich aber damit sehr getäuscht, denn Iyeyasu war kein Freund solcher niedrigen Handlungsweise.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/372
Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/372>, abgerufen am 28.03.2024.