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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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II. Ethnographie.
von ihnen dem 2., 5., 8., 11., 13., 16. und 19. Jahr eines jeden
Mondcirkels ein Schaltmonat von verschiedener Grösse beigegeben.
Derselbe führte in Japan den Namen uru-tsuki und folgte dem zweiten
Monat des Jahres, der dann doppelt gezählt wurde, als uru-nigatsu,
d. h. überzähliger zweiter Monat. Der japanische Landmann unter-
scheidet ausser den grossen Jahreszeiten noch 24 kleinere von je
15 Tagen, welche er durch Halbierung der Monate erhält, setsu und
chiu nennt und zur Richtschnur für seine Arbeiten wählt.

Wie die Chinesen noch immer, so bedienten sich auch die Ja-
paner bis in die Neuzeit für die Chronologie der Cyclen von 60 Jahren,
deren 44. im Jahre 3 nach Christi Geburt, der 75. im Jahre 1863
endete. Diese Sexagesimal-Cyclen werden in 5 Serien von je 12
und in 6 von je 10 Jahren getheilt. In jenen benennt man die ein-
zelnen Jahre nach den 12 Thieren des chinesischen Zodiacus: Ratte,
Ochse, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn,
Hund, Wildschwein, japanisch ne, ushi, tora, u (usagi), tatsu, mi,
mma, hitsuji, saru, tori, inu, i*). Die Jahre der Zehnerreihen wer-
den benannt nach den fünf Elementen der Chinesen: Holz, Feuer,
Erde, Metall und Wasser, japanisch ki, hi, tsuchi, kane und midzu,
von welchen jedes doppelt gezählt wird und zwar von den Chinesen
als männliches und weibliches Princip (ya und me), von den Japanern
als ye (ani) und ko (ototo), d. h. älterer und jüngerer Bruder. Man
unterscheidet hiernach (mit besonderen chinesischen Zeichen) ki-no-ye,
Holz im allgemeinen, und ki-no-to, bearbeitetes Holz, hi-no-ye, natür-
liches Feuer (der Sonne, Vulkane), und hi-no-to, das Feuer im Haus-
halte, tsuchi-no-ye, die rohe Erde, und tsuchi-no-to, die faconnierte,
kan-no-ye, das natürliche Metall, und kan-no-to, das verarbeitete,
midzu-no-ye, fliessendes Wasser, und midzu-no-to, stagnierendes.
Jedes Jahr trägt den Namen eines Thieres der einen Serie und eines
Elementes der anderen. Lässt man die Serien beider Eintheilungs-
weisen neben einander laufen, so wiederholen sich dieselben Combi-
nationen erst nach 60 Jahren wieder. Chinesen und Japaner benutzen
zur Auffindung der speciellen Namen eines Jahres ein Diagramm**)
in Form des Ziffernblattes einer Uhr mit 2 concentrischen Kreisthei-
lungen, jede in 60 gleiche Theile, von denen die äussere sechsmal

*) Dieser chinesische Zodiacus findet sich häufig unter dem Dache der Pa-
goden oder der buddhistischen Tempel in Hochrelief, je drei Thiere auf einer
Seite, abgebildet.
**) Nen-dai-ki genannt oder nen-dai-rokuju-dzu, d. h. Bild der sechzig
Jahr-Tabelle, von nen = Jahr, dai = Periode, rokuju = sechzig und dzu =
Bild, Plan.

II. Ethnographie.
von ihnen dem 2., 5., 8., 11., 13., 16. und 19. Jahr eines jeden
Mondcirkels ein Schaltmonat von verschiedener Grösse beigegeben.
Derselbe führte in Japan den Namen uru-tsuki und folgte dem zweiten
Monat des Jahres, der dann doppelt gezählt wurde, als uru-nigatsu,
d. h. überzähliger zweiter Monat. Der japanische Landmann unter-
scheidet ausser den grossen Jahreszeiten noch 24 kleinere von je
15 Tagen, welche er durch Halbierung der Monate erhält, setsu und
chiu nennt und zur Richtschnur für seine Arbeiten wählt.

Wie die Chinesen noch immer, so bedienten sich auch die Ja-
paner bis in die Neuzeit für die Chronologie der Cyclen von 60 Jahren,
deren 44. im Jahre 3 nach Christi Geburt, der 75. im Jahre 1863
endete. Diese Sexagesimal-Cyclen werden in 5 Serien von je 12
und in 6 von je 10 Jahren getheilt. In jenen benennt man die ein-
zelnen Jahre nach den 12 Thieren des chinesischen Zodiacus: Ratte,
Ochse, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn,
Hund, Wildschwein, japanisch ne, ushi, tora, u (usagi), tatsu, mi,
mma, hitsuji, saru, tori, inu, i*). Die Jahre der Zehnerreihen wer-
den benannt nach den fünf Elementen der Chinesen: Holz, Feuer,
Erde, Metall und Wasser, japanisch ki, hi, tsuchi, kane und midzu,
von welchen jedes doppelt gezählt wird und zwar von den Chinesen
als männliches und weibliches Princip (ya und me), von den Japanern
als ye (ani) und ko (otôto), d. h. älterer und jüngerer Bruder. Man
unterscheidet hiernach (mit besonderen chinesischen Zeichen) ki-no-ye,
Holz im allgemeinen, und ki-no-to, bearbeitetes Holz, hi-no-ye, natür-
liches Feuer (der Sonne, Vulkane), und hi-no-to, das Feuer im Haus-
halte, tsuchi-no-ye, die rohe Erde, und tsuchi-no-to, die façonnierte,
kan-no-ye, das natürliche Metall, und kan-no-to, das verarbeitete,
midzu-no-ye, fliessendes Wasser, und midzu-no-to, stagnierendes.
Jedes Jahr trägt den Namen eines Thieres der einen Serie und eines
Elementes der anderen. Lässt man die Serien beider Eintheilungs-
weisen neben einander laufen, so wiederholen sich dieselben Combi-
nationen erst nach 60 Jahren wieder. Chinesen und Japaner benutzen
zur Auffindung der speciellen Namen eines Jahres ein Diagramm**)
in Form des Ziffernblattes einer Uhr mit 2 concentrischen Kreisthei-
lungen, jede in 60 gleiche Theile, von denen die äussere sechsmal

*) Dieser chinesische Zodiacus findet sich häufig unter dem Dache der Pa-
goden oder der buddhistischen Tempel in Hochrelief, je drei Thiere auf einer
Seite, abgebildet.
**) Nen-dai-ki genannt oder nen-dai-rokuju-dzu, d. h. Bild der sechzig
Jahr-Tabelle, von nen = Jahr, dai = Periode, rokuju = sechzig und dzu =
Bild, Plan.
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[504/0538] II. Ethnographie. von ihnen dem 2., 5., 8., 11., 13., 16. und 19. Jahr eines jeden Mondcirkels ein Schaltmonat von verschiedener Grösse beigegeben. Derselbe führte in Japan den Namen uru-tsuki und folgte dem zweiten Monat des Jahres, der dann doppelt gezählt wurde, als uru-nigatsu, d. h. überzähliger zweiter Monat. Der japanische Landmann unter- scheidet ausser den grossen Jahreszeiten noch 24 kleinere von je 15 Tagen, welche er durch Halbierung der Monate erhält, setsu und chiu nennt und zur Richtschnur für seine Arbeiten wählt. Wie die Chinesen noch immer, so bedienten sich auch die Ja- paner bis in die Neuzeit für die Chronologie der Cyclen von 60 Jahren, deren 44. im Jahre 3 nach Christi Geburt, der 75. im Jahre 1863 endete. Diese Sexagesimal-Cyclen werden in 5 Serien von je 12 und in 6 von je 10 Jahren getheilt. In jenen benennt man die ein- zelnen Jahre nach den 12 Thieren des chinesischen Zodiacus: Ratte, Ochse, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Ziege, Affe, Hahn, Hund, Wildschwein, japanisch ne, ushi, tora, u (usagi), tatsu, mi, mma, hitsuji, saru, tori, inu, i *). Die Jahre der Zehnerreihen wer- den benannt nach den fünf Elementen der Chinesen: Holz, Feuer, Erde, Metall und Wasser, japanisch ki, hi, tsuchi, kane und midzu, von welchen jedes doppelt gezählt wird und zwar von den Chinesen als männliches und weibliches Princip (ya und me), von den Japanern als ye (ani) und ko (otôto), d. h. älterer und jüngerer Bruder. Man unterscheidet hiernach (mit besonderen chinesischen Zeichen) ki-no-ye, Holz im allgemeinen, und ki-no-to, bearbeitetes Holz, hi-no-ye, natür- liches Feuer (der Sonne, Vulkane), und hi-no-to, das Feuer im Haus- halte, tsuchi-no-ye, die rohe Erde, und tsuchi-no-to, die façonnierte, kan-no-ye, das natürliche Metall, und kan-no-to, das verarbeitete, midzu-no-ye, fliessendes Wasser, und midzu-no-to, stagnierendes. Jedes Jahr trägt den Namen eines Thieres der einen Serie und eines Elementes der anderen. Lässt man die Serien beider Eintheilungs- weisen neben einander laufen, so wiederholen sich dieselben Combi- nationen erst nach 60 Jahren wieder. Chinesen und Japaner benutzen zur Auffindung der speciellen Namen eines Jahres ein Diagramm **) in Form des Ziffernblattes einer Uhr mit 2 concentrischen Kreisthei- lungen, jede in 60 gleiche Theile, von denen die äussere sechsmal *) Dieser chinesische Zodiacus findet sich häufig unter dem Dache der Pa- goden oder der buddhistischen Tempel in Hochrelief, je drei Thiere auf einer Seite, abgebildet. **) Nen-dai-ki genannt oder nen-dai-rokuju-dzu, d. h. Bild der sechzig Jahr-Tabelle, von nen = Jahr, dai = Periode, rokuju = sechzig und dzu = Bild, Plan.

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/538>, abgerufen am 19.04.2024.