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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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IX. Der Hokkaido.
schränken. Allen Berichten amerikanischer Bergingenieure an das
Kaitakushi, so umfangreich und scheinbar günstig sie auch aussehen
mögen, konnte der Verfasser nur entnehmen, dass, wie die Verhält-
nisse bis jetzt liegen, ein gewinnreicher Bergbau auf werthvolle Me-
talle nicht zu erwarten ist und ein solcher auf Kohlen noch manche
Zweifel zulässt. So bleibt denn als Hauptresource der Insel nach
wie vor das fisch- und algenreiche Meer und die Jagd, wozu bei
rationeller Behandlung die Verwerthung der Wälder und Weiden
kommen können. Der enorme Reichthum der Aino-Insel an Lachsen,
Häringen, Schellfischen und anderen werthvollen Meeresbewohnern
hat zu der autochthonen Bevölkerung längs der Küste allmählich eine
Menge japanischer Einwanderer geführt, welche sich theils in Städten
und Dörfern dauernd niedergelassen haben, theils nur für die Sommer-
monate aus dem nördlichen Oshiu und Dewa herüber kommen, um als
Tagelöhner im Dienste von Kaufleuten dem Fischfang, sowie der
Einsammlung und Zubereitung essbarer Algen obzuliegen.

Die Gesammtbevölkerung des Hokkaido beträgt 150000, wovon
95000 auf die Provinz Oshima, aber nur 453 Bewohner auf die Ku-
rilen kommen. Die Zahl der Ainos wird zu 16163 angegeben.

1. Oshima, d. h. die grosse Insel, ein Name, der offenbar
von den Japanern ursprünglich auf ganz Yezo angewandt und später
auf die südwestlichste Provinz an der Tsugaru-Strasse beschränkt
wurde. Sie umfasst die ältesten Niederlassungen der Japaner auf
Yezo, die Stadt Matsumaye, welche unter einem Daimio (Matsudaira,
Idzu-no-kami 30000 koku) stand, die Stadt Hakodate, welche als
Domaine der Shogune ein Gouverneur verwaltete, und die Stadt
Yesashi.

Hakodate, einer der Vertragshäfen unter 41° 46' N. und 140°
40' O. Gr. an der Tsugaru-Strasse und einer geräumigen schönen
Bucht gelegen, ist einer der sichersten und geschütztesten Häfen des
Landes, genügend tief und mit vortrefflichem Ankergrunde. Die
Stadt hat etwa 30000 Bewohner, darunter nur gegen 600 Ainos und
70 Fremde *). Im Jahre 1854 schätzte Lieutenant L. Maury U. S. N.,
ein Mitdlied der Perry-Expedition, ihre Bevölkerung auf nur 6000
Seelen. Dieselbe ist also rasch gestiegen. Damals war Matsumaye

*) Die Angabe in Behm und Wagner: Die Bevölkerung der Erde VI,
pag. 112 ist ein anderes Beispiel der grossen Unzuverlässigkeit der japanischen
Statistik Nippon Chichi Teiyo, welcher Knipping sie entnommen hat Hier-
nach hatte Hakodate 1874 112494 Bewohner, aber pag. 132 fungierte nach dem-
selben Werke die Zahl 95404 für die Bevölkerung von ganz Oshima und pag. 113
wohl die richtige Zahl 28025 für Hakodate.
39*

IX. Der Hokkaidô.
schränken. Allen Berichten amerikanischer Bergingenieure an das
Kaitakushi, so umfangreich und scheinbar günstig sie auch aussehen
mögen, konnte der Verfasser nur entnehmen, dass, wie die Verhält-
nisse bis jetzt liegen, ein gewinnreicher Bergbau auf werthvolle Me-
talle nicht zu erwarten ist und ein solcher auf Kohlen noch manche
Zweifel zulässt. So bleibt denn als Hauptresource der Insel nach
wie vor das fisch- und algenreiche Meer und die Jagd, wozu bei
rationeller Behandlung die Verwerthung der Wälder und Weiden
kommen können. Der enorme Reichthum der Aino-Insel an Lachsen,
Häringen, Schellfischen und anderen werthvollen Meeresbewohnern
hat zu der autochthonen Bevölkerung längs der Küste allmählich eine
Menge japanischer Einwanderer geführt, welche sich theils in Städten
und Dörfern dauernd niedergelassen haben, theils nur für die Sommer-
monate aus dem nördlichen Ôshiu und Dewa herüber kommen, um als
Tagelöhner im Dienste von Kaufleuten dem Fischfang, sowie der
Einsammlung und Zubereitung essbarer Algen obzuliegen.

Die Gesammtbevölkerung des Hokkaidô beträgt 150000, wovon
95000 auf die Provinz Ôshima, aber nur 453 Bewohner auf die Ku-
rilen kommen. Die Zahl der Ainos wird zu 16163 angegeben.

1. Ôshima, d. h. die grosse Insel, ein Name, der offenbar
von den Japanern ursprünglich auf ganz Yezo angewandt und später
auf die südwestlichste Provinz an der Tsugaru-Strasse beschränkt
wurde. Sie umfasst die ältesten Niederlassungen der Japaner auf
Yezo, die Stadt Matsumaye, welche unter einem Daimio (Matsudaira,
Idzu-no-kami 30000 koku) stand, die Stadt Hakodate, welche als
Domaine der Shôgune ein Gouverneur verwaltete, und die Stadt
Yesashi.

Hakodate, einer der Vertragshäfen unter 41° 46' N. und 140°
40' O. Gr. an der Tsugaru-Strasse und einer geräumigen schönen
Bucht gelegen, ist einer der sichersten und geschütztesten Häfen des
Landes, genügend tief und mit vortrefflichem Ankergrunde. Die
Stadt hat etwa 30000 Bewohner, darunter nur gegen 600 Ainos und
70 Fremde *). Im Jahre 1854 schätzte Lieutenant L. Maury U. S. N.,
ein Mitdlied der Perry-Expedition, ihre Bevölkerung auf nur 6000
Seelen. Dieselbe ist also rasch gestiegen. Damals war Matsumaye

*) Die Angabe in Behm und Wagner: Die Bevölkerung der Erde VI,
pag. 112 ist ein anderes Beispiel der grossen Unzuverlässigkeit der japanischen
Statistik Nippon Chichi Teiyô, welcher Knipping sie entnommen hat Hier-
nach hatte Hakodate 1874 112494 Bewohner, aber pag. 132 fungierte nach dem-
selben Werke die Zahl 95404 für die Bevölkerung von ganz Ôshima und pag. 113
wohl die richtige Zahl 28025 für Hakodate.
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[611/0659] IX. Der Hokkaidô. schränken. Allen Berichten amerikanischer Bergingenieure an das Kaitakushi, so umfangreich und scheinbar günstig sie auch aussehen mögen, konnte der Verfasser nur entnehmen, dass, wie die Verhält- nisse bis jetzt liegen, ein gewinnreicher Bergbau auf werthvolle Me- talle nicht zu erwarten ist und ein solcher auf Kohlen noch manche Zweifel zulässt. So bleibt denn als Hauptresource der Insel nach wie vor das fisch- und algenreiche Meer und die Jagd, wozu bei rationeller Behandlung die Verwerthung der Wälder und Weiden kommen können. Der enorme Reichthum der Aino-Insel an Lachsen, Häringen, Schellfischen und anderen werthvollen Meeresbewohnern hat zu der autochthonen Bevölkerung längs der Küste allmählich eine Menge japanischer Einwanderer geführt, welche sich theils in Städten und Dörfern dauernd niedergelassen haben, theils nur für die Sommer- monate aus dem nördlichen Ôshiu und Dewa herüber kommen, um als Tagelöhner im Dienste von Kaufleuten dem Fischfang, sowie der Einsammlung und Zubereitung essbarer Algen obzuliegen. Die Gesammtbevölkerung des Hokkaidô beträgt 150000, wovon 95000 auf die Provinz Ôshima, aber nur 453 Bewohner auf die Ku- rilen kommen. Die Zahl der Ainos wird zu 16163 angegeben. 1. Ôshima, d. h. die grosse Insel, ein Name, der offenbar von den Japanern ursprünglich auf ganz Yezo angewandt und später auf die südwestlichste Provinz an der Tsugaru-Strasse beschränkt wurde. Sie umfasst die ältesten Niederlassungen der Japaner auf Yezo, die Stadt Matsumaye, welche unter einem Daimio (Matsudaira, Idzu-no-kami 30000 koku) stand, die Stadt Hakodate, welche als Domaine der Shôgune ein Gouverneur verwaltete, und die Stadt Yesashi. Hakodate, einer der Vertragshäfen unter 41° 46' N. und 140° 40' O. Gr. an der Tsugaru-Strasse und einer geräumigen schönen Bucht gelegen, ist einer der sichersten und geschütztesten Häfen des Landes, genügend tief und mit vortrefflichem Ankergrunde. Die Stadt hat etwa 30000 Bewohner, darunter nur gegen 600 Ainos und 70 Fremde *). Im Jahre 1854 schätzte Lieutenant L. Maury U. S. N., ein Mitdlied der Perry-Expedition, ihre Bevölkerung auf nur 6000 Seelen. Dieselbe ist also rasch gestiegen. Damals war Matsumaye *) Die Angabe in Behm und Wagner: Die Bevölkerung der Erde VI, pag. 112 ist ein anderes Beispiel der grossen Unzuverlässigkeit der japanischen Statistik Nippon Chichi Teiyô, welcher Knipping sie entnommen hat Hier- nach hatte Hakodate 1874 112494 Bewohner, aber pag. 132 fungierte nach dem- selben Werke die Zahl 95404 für die Bevölkerung von ganz Ôshima und pag. 113 wohl die richtige Zahl 28025 für Hakodate. 39*

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 611. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/659>, abgerufen am 25.04.2024.