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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881.

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III. Geologische Verhältnisse.
würflinge viele Meilen weit 3/4--11/2 Meter hoch den Boden bedeckten
und die ganze Vegetation zerstört und begraben hatten.

Von den übrigen bemerkenswerthen Vulkanen Japans weiss man,
dass die letzte grosse Eruption stattfand: beim Fuji-san 1707, Onzenga-
take 1791--93, Mitake auf Sakura-jima 1828. Damals rauchte dieser
Berg noch beständig, wie mich Anwohner der Kagoshima-Bucht ver-
sicherten. Kämpfer erwähnt vom Onzen-ga-take (Wunzen, wie der
Berg von Fremden meist genannt wurde, ist eine Corruption des
Wortes), dass er den seinem Krater entsteigenden Rauch aus drei
Meilen Entfernung erkennen konnte. Nach anderen Angaben kamen
bei dem letzten Ausbruch des Vulkans 53000 Menschen um das Leben,
denn gleichzeitig mit den verderbenbringenden Auswürflingen des
Kraters erregte ein heftiges Erdbeben die See; Inseln entstiegen der-
selben, und die salzigen Fluthen überschritten ihre Gestade und brachten
den Anwohnern ein nasses Grab.

Die letzte unter den vielen verheerenden Eruptionen, welche die
Geschichte vom Fuji-san aufzählt, dauerte vom 24. November 1707
bis zum 22. Januar 1708. Während derselben öffnete sich auf der
Südseite des Berges ein neuer Krater und baute sich der parasitische
Kegel des Hoyei-san 2865 Meter hoch auf. Ueber diese furchtbare
Eruption berichtet unter Anderen ein Priester, dessen Tempel 2 Meilen
weit vom östlichen Fusse des Fuji-san entfernt war, wie folgt: "Ge-
wiss ist es ein seltenes Vorkommen, dass, wie es im Jahre 1707 der
Fall war, der Fuji-no-yama an einer Stelle, die mit stolzen Bäumen
überwachsen war, plötzlich sich öffnete, um Feuer zu speien, dass
Steine und Aschenregen umherfliegen und auf Kuni's (Provinzen) und
Kori's (Kreise) niederfallen. Dieser Stein- und Aschenregen hielt
10 Tage lang an, so dass Felder, Tempel, Häuser etc. mit den Aus-
wurfsmassen mehr als 3 Meter hoch bedeckt wurden. Die Bewohner
der Umgebung des Fuji verloren ihr Heim, und gar viele starben
Hungers. Von zahlreichen Dörfern ist keine Spur mehr zu entdecken.
Ich selbst bin einer der unglücklichen Augenzeugen dieses schreck-
lichen Ausbruches und die Erinnerung daran erfüllt mich mit Schmerz
und Weh". -- Dann werden mit lebhaften Farben alle Schrecken und
Verwirrungen gemalt, welche die Eruption hervorrief, wie die Aschen-
wolken den Tag in dunkle Nacht verwandelten und zu dem Aschen-
regen glühende Steine sich gesellten, welche zischend die Luft durch-
fuhren, und wie endlich das dumpfe Getöse der Erdstösse hinzukam,
um das Maass der höchsten Noth und Hülflosigkeit voll zu machen. --
In Yedo herrschte nach einem anderen Berichterstatter zur selben Zeit
Finsterniss Tag und Nacht, die Erde zitterte, und der Aschenregen

III. Geologische Verhältnisse.
würflinge viele Meilen weit ¾—1½ Meter hoch den Boden bedeckten
und die ganze Vegetation zerstört und begraben hatten.

Von den übrigen bemerkenswerthen Vulkanen Japans weiss man,
dass die letzte grosse Eruption stattfand: beim Fuji-san 1707, Onzenga-
take 1791—93, Mitake auf Sakura-jima 1828. Damals rauchte dieser
Berg noch beständig, wie mich Anwohner der Kagoshima-Bucht ver-
sicherten. Kämpfer erwähnt vom Onzen-ga-take (Wunzen, wie der
Berg von Fremden meist genannt wurde, ist eine Corruption des
Wortes), dass er den seinem Krater entsteigenden Rauch aus drei
Meilen Entfernung erkennen konnte. Nach anderen Angaben kamen
bei dem letzten Ausbruch des Vulkans 53000 Menschen um das Leben,
denn gleichzeitig mit den verderbenbringenden Auswürflingen des
Kraters erregte ein heftiges Erdbeben die See; Inseln entstiegen der-
selben, und die salzigen Fluthen überschritten ihre Gestade und brachten
den Anwohnern ein nasses Grab.

Die letzte unter den vielen verheerenden Eruptionen, welche die
Geschichte vom Fuji-san aufzählt, dauerte vom 24. November 1707
bis zum 22. Januar 1708. Während derselben öffnete sich auf der
Südseite des Berges ein neuer Krater und baute sich der parasitische
Kegel des Hôyei-san 2865 Meter hoch auf. Ueber diese furchtbare
Eruption berichtet unter Anderen ein Priester, dessen Tempel 2 Meilen
weit vom östlichen Fusse des Fuji-san entfernt war, wie folgt: »Ge-
wiss ist es ein seltenes Vorkommen, dass, wie es im Jahre 1707 der
Fall war, der Fuji-no-yama an einer Stelle, die mit stolzen Bäumen
überwachsen war, plötzlich sich öffnete, um Feuer zu speien, dass
Steine und Aschenregen umherfliegen und auf Kuni’s (Provinzen) und
Kori’s (Kreise) niederfallen. Dieser Stein- und Aschenregen hielt
10 Tage lang an, so dass Felder, Tempel, Häuser etc. mit den Aus-
wurfsmassen mehr als 3 Meter hoch bedeckt wurden. Die Bewohner
der Umgebung des Fuji verloren ihr Heim, und gar viele starben
Hungers. Von zahlreichen Dörfern ist keine Spur mehr zu entdecken.
Ich selbst bin einer der unglücklichen Augenzeugen dieses schreck-
lichen Ausbruches und die Erinnerung daran erfüllt mich mit Schmerz
und Weh«. — Dann werden mit lebhaften Farben alle Schrecken und
Verwirrungen gemalt, welche die Eruption hervorrief, wie die Aschen-
wolken den Tag in dunkle Nacht verwandelten und zu dem Aschen-
regen glühende Steine sich gesellten, welche zischend die Luft durch-
fuhren, und wie endlich das dumpfe Getöse der Erdstösse hinzukam,
um das Maass der höchsten Noth und Hülflosigkeit voll zu machen. —
In Yedo herrschte nach einem anderen Berichterstatter zur selben Zeit
Finsterniss Tag und Nacht, die Erde zitterte, und der Aschenregen

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[52/0072] III. Geologische Verhältnisse. würflinge viele Meilen weit ¾—1½ Meter hoch den Boden bedeckten und die ganze Vegetation zerstört und begraben hatten. Von den übrigen bemerkenswerthen Vulkanen Japans weiss man, dass die letzte grosse Eruption stattfand: beim Fuji-san 1707, Onzenga- take 1791—93, Mitake auf Sakura-jima 1828. Damals rauchte dieser Berg noch beständig, wie mich Anwohner der Kagoshima-Bucht ver- sicherten. Kämpfer erwähnt vom Onzen-ga-take (Wunzen, wie der Berg von Fremden meist genannt wurde, ist eine Corruption des Wortes), dass er den seinem Krater entsteigenden Rauch aus drei Meilen Entfernung erkennen konnte. Nach anderen Angaben kamen bei dem letzten Ausbruch des Vulkans 53000 Menschen um das Leben, denn gleichzeitig mit den verderbenbringenden Auswürflingen des Kraters erregte ein heftiges Erdbeben die See; Inseln entstiegen der- selben, und die salzigen Fluthen überschritten ihre Gestade und brachten den Anwohnern ein nasses Grab. Die letzte unter den vielen verheerenden Eruptionen, welche die Geschichte vom Fuji-san aufzählt, dauerte vom 24. November 1707 bis zum 22. Januar 1708. Während derselben öffnete sich auf der Südseite des Berges ein neuer Krater und baute sich der parasitische Kegel des Hôyei-san 2865 Meter hoch auf. Ueber diese furchtbare Eruption berichtet unter Anderen ein Priester, dessen Tempel 2 Meilen weit vom östlichen Fusse des Fuji-san entfernt war, wie folgt: »Ge- wiss ist es ein seltenes Vorkommen, dass, wie es im Jahre 1707 der Fall war, der Fuji-no-yama an einer Stelle, die mit stolzen Bäumen überwachsen war, plötzlich sich öffnete, um Feuer zu speien, dass Steine und Aschenregen umherfliegen und auf Kuni’s (Provinzen) und Kori’s (Kreise) niederfallen. Dieser Stein- und Aschenregen hielt 10 Tage lang an, so dass Felder, Tempel, Häuser etc. mit den Aus- wurfsmassen mehr als 3 Meter hoch bedeckt wurden. Die Bewohner der Umgebung des Fuji verloren ihr Heim, und gar viele starben Hungers. Von zahlreichen Dörfern ist keine Spur mehr zu entdecken. Ich selbst bin einer der unglücklichen Augenzeugen dieses schreck- lichen Ausbruches und die Erinnerung daran erfüllt mich mit Schmerz und Weh«. — Dann werden mit lebhaften Farben alle Schrecken und Verwirrungen gemalt, welche die Eruption hervorrief, wie die Aschen- wolken den Tag in dunkle Nacht verwandelten und zu dem Aschen- regen glühende Steine sich gesellten, welche zischend die Luft durch- fuhren, und wie endlich das dumpfe Getöse der Erdstösse hinzukam, um das Maass der höchsten Noth und Hülflosigkeit voll zu machen. — In Yedo herrschte nach einem anderen Berichterstatter zur selben Zeit Finsterniss Tag und Nacht, die Erde zitterte, und der Aschenregen

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 1. Leipzig, 1881, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan01_1881/72>, abgerufen am 19.04.2024.