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Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886.

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4. Textilindustrie.
4. Textilindustrie.

Hanfleinwand und Nesseltuch. Pisang-Gewebe. Baumwoll-Industrie. Hervor-
ragende Leistungen, Hauptsitze und besonders bemerkenswerthe Producte der
Seidenweberei. Hülfsmittel derselben. Habutai, Krepp, Kanoko, Brocat. Ver-
wendung von Gold- und Silberpapier bei letzterer. Sammetweberei. Stickerei.

Literatur.

1) E. von Bavier: Japans Seidenzucht, Seidenhandel und Seiden-Industrie.
Zürich 1874.
2) Officielle Berichte über die Textil-Industrie auf den grossen Welt
ausstellungen von 1873, 1876, 1878 zu Wien, Philadelphia und Paris.
3) Prestl: Technologische Encyklopädie Bd. 14 und Bd. 20.
4) M. Moyret: Traite de la Teinture des Soies etc. Lyon 1879.
5) E. Parant: Etude sur la Fabrication des Tissus. Paris 1883.
6) A. Rondot: Essai sur le Commerce de la Soie en France. Lyon 1883.
7) C. G. Gilroy: The art of Weaving by hand and by power. London 1845.
8) M. M.: The Industrial Arts, Historical Sketches. London 1876.

Von thierischem Rohmaterial kommt hier fast ausschliesslich die
Seide, von Pflanzenfasern hauptsächlich Baumwolle und Hanf, daneben
auch Böhmeriabast, in Betracht. Die beiden letzteren ersetzen den
Flachs. Ihre Gewebe sind einfach, ungemustert, zum Theil aber von
grosser Feinheit. Hohen Ruf hat insbesondere Nara Jofu, die Hanf-
leinwand (Asa-nuno) von der alten Stadt Nara in der Provinz Yamato.
Dass der Hanf die älteste cultivierte Textilpflanze Japans ist und ein
mit Indigo blaugefärbtes, grobes Hanfgewebe den gewöhnlichsten Klei-
dungsstoff der Landbevölkerung bildet, wurde bereits pg. 195 erwähnt.

Unter Echigo Jofu versteht man eine Art Nesseltuch, die Lein-
wand aus der Faser des Nesselhanfs, Kara-mushi (Boehmeria nivea),
aus Echigo. Dieselbe soll auf Schnee gebleicht werden und steht im
Aussehen dem feinsten Hanfgewebe nicht nach. Bei Anwendung eines
stark gezwirnten Schussfadens erhält man ein Gewebe, welches unter
dem Einfluss von Wasserdampf oder eines Bades ähnlich wie Krepp-
seide (siehe diese) zusammenschrumpft. Dies ist das Echigo Jofu
Chijimi
, welches gebleicht, einfach weiss oder mit Indigo und andern
Farben bedruckt, beliebten Stoff zu leichter und kühler Sommerklei-
dung liefert, der sich durch grössere Dauerhaftigkeit vor Kattun aus-
zeichnet. Des Basho-fu oder Pisang-Gewebes der Riukiu-Inseln
wurde bereits pg. 198 genügend gedacht.

Erst unter dem Shogunat der Tokugawa, also vom Jahre 1600
n. Chr. an, hat sich mit dem Baumwollbau auch die Anfertigung und

Rein, Japan. II. 29
4. Textilindustrie.
4. Textilindustrie.

Hanfleinwand und Nesseltuch. Pisang-Gewebe. Baumwoll-Industrie. Hervor-
ragende Leistungen, Hauptsitze und besonders bemerkenswerthe Producte der
Seidenweberei. Hülfsmittel derselben. Habutai, Krepp, Kanoko, Brocat. Ver-
wendung von Gold- und Silberpapier bei letzterer. Sammetweberei. Stickerei.

Literatur.

1) E. von Bavier: Japans Seidenzucht, Seidenhandel und Seiden-Industrie.
Zürich 1874.
2) Officielle Berichte über die Textil-Industrie auf den grossen Welt
ausstellungen von 1873, 1876, 1878 zu Wien, Philadelphia und Paris.
3) Prestl: Technologische Encyklopädie Bd. 14 und Bd. 20.
4) M. Moyret: Traité de la Teinture des Soies etc. Lyon 1879.
5) E. Parant: Etude sur la Fabrication des Tissus. Paris 1883.
6) A. Rondot: Essai sur le Commerce de la Soie en France. Lyon 1883.
7) C. G. Gilroy: The art of Weaving by hand and by power. London 1845.
8) M. M.: The Industrial Arts, Historical Sketches. London 1876.

Von thierischem Rohmaterial kommt hier fast ausschliesslich die
Seide, von Pflanzenfasern hauptsächlich Baumwolle und Hanf, daneben
auch Böhmeriabast, in Betracht. Die beiden letzteren ersetzen den
Flachs. Ihre Gewebe sind einfach, ungemustert, zum Theil aber von
grosser Feinheit. Hohen Ruf hat insbesondere Nara Jôfu, die Hanf-
leinwand (Asa-nuno) von der alten Stadt Nara in der Provinz Yamato.
Dass der Hanf die älteste cultivierte Textilpflanze Japans ist und ein
mit Indigo blaugefärbtes, grobes Hanfgewebe den gewöhnlichsten Klei-
dungsstoff der Landbevölkerung bildet, wurde bereits pg. 195 erwähnt.

Unter Echigo Jôfu versteht man eine Art Nesseltuch, die Lein-
wand aus der Faser des Nesselhanfs, Kara-mushi (Boehmeria nivea),
aus Echigo. Dieselbe soll auf Schnee gebleicht werden und steht im
Aussehen dem feinsten Hanfgewebe nicht nach. Bei Anwendung eines
stark gezwirnten Schussfadens erhält man ein Gewebe, welches unter
dem Einfluss von Wasserdampf oder eines Bades ähnlich wie Krepp-
seide (siehe diese) zusammenschrumpft. Dies ist das Echigo Jôfu
Chijimi
, welches gebleicht, einfach weiss oder mit Indigo und andern
Farben bedruckt, beliebten Stoff zu leichter und kühler Sommerklei-
dung liefert, der sich durch grössere Dauerhaftigkeit vor Kattun aus-
zeichnet. Des Bashô-fu oder Pisang-Gewebes der Riukiu-Inseln
wurde bereits pg. 198 genügend gedacht.

Erst unter dem Shôgunat der Tokugawa, also vom Jahre 1600
n. Chr. an, hat sich mit dem Baumwollbau auch die Anfertigung und

Rein, Japan. II. 29
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[449/0479] 4. Textilindustrie. 4. Textilindustrie. Hanfleinwand und Nesseltuch. Pisang-Gewebe. Baumwoll-Industrie. Hervor- ragende Leistungen, Hauptsitze und besonders bemerkenswerthe Producte der Seidenweberei. Hülfsmittel derselben. Habutai, Krepp, Kanoko, Brocat. Ver- wendung von Gold- und Silberpapier bei letzterer. Sammetweberei. Stickerei. Literatur. 1) E. von Bavier: Japans Seidenzucht, Seidenhandel und Seiden-Industrie. Zürich 1874. 2) Officielle Berichte über die Textil-Industrie auf den grossen Welt ausstellungen von 1873, 1876, 1878 zu Wien, Philadelphia und Paris. 3) Prestl: Technologische Encyklopädie Bd. 14 und Bd. 20. 4) M. Moyret: Traité de la Teinture des Soies etc. Lyon 1879. 5) E. Parant: Etude sur la Fabrication des Tissus. Paris 1883. 6) A. Rondot: Essai sur le Commerce de la Soie en France. Lyon 1883. 7) C. G. Gilroy: The art of Weaving by hand and by power. London 1845. 8) M. M.: The Industrial Arts, Historical Sketches. London 1876. Von thierischem Rohmaterial kommt hier fast ausschliesslich die Seide, von Pflanzenfasern hauptsächlich Baumwolle und Hanf, daneben auch Böhmeriabast, in Betracht. Die beiden letzteren ersetzen den Flachs. Ihre Gewebe sind einfach, ungemustert, zum Theil aber von grosser Feinheit. Hohen Ruf hat insbesondere Nara Jôfu, die Hanf- leinwand (Asa-nuno) von der alten Stadt Nara in der Provinz Yamato. Dass der Hanf die älteste cultivierte Textilpflanze Japans ist und ein mit Indigo blaugefärbtes, grobes Hanfgewebe den gewöhnlichsten Klei- dungsstoff der Landbevölkerung bildet, wurde bereits pg. 195 erwähnt. Unter Echigo Jôfu versteht man eine Art Nesseltuch, die Lein- wand aus der Faser des Nesselhanfs, Kara-mushi (Boehmeria nivea), aus Echigo. Dieselbe soll auf Schnee gebleicht werden und steht im Aussehen dem feinsten Hanfgewebe nicht nach. Bei Anwendung eines stark gezwirnten Schussfadens erhält man ein Gewebe, welches unter dem Einfluss von Wasserdampf oder eines Bades ähnlich wie Krepp- seide (siehe diese) zusammenschrumpft. Dies ist das Echigo Jôfu Chijimi, welches gebleicht, einfach weiss oder mit Indigo und andern Farben bedruckt, beliebten Stoff zu leichter und kühler Sommerklei- dung liefert, der sich durch grössere Dauerhaftigkeit vor Kattun aus- zeichnet. Des Bashô-fu oder Pisang-Gewebes der Riukiu-Inseln wurde bereits pg. 198 genügend gedacht. Erst unter dem Shôgunat der Tokugawa, also vom Jahre 1600 n. Chr. an, hat sich mit dem Baumwollbau auch die Anfertigung und Rein, Japan. II. 29

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Zitationshilfe: Rein, Johann Justus: Japan nach Reisen und Studien. Bd. 2. Leipzig, 1886, S. 449. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rein_japan02_1886/479>, abgerufen am 18.04.2024.