Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653.

Bild:
<< vorherige Seite
Das dritte Buch/


AXIOMA LIII.
Eltern vnnd Haußvätter thun weißlich daß sie bey
jhrem Leben von jhren Gütern also mittheilen daß sie
Herren darüber bleiben/ vnnd hernacher
andern nicht in die Hände sehen
dörffen.

ELtern vnnd Haußvätter sollen zwar jhre Brünlein fliessen lassen/
aber doch also daß sie selber Herr darüber bleiben/ in den Sprich-
wörtern Salomon. Cap. 5. v. 16. 17. Der weise Mann Syrach
warnet alle darfür/ wann er lehret/ laß dem Sohn/ der Frawen/
dem Bruder/ dem Freunde nicht gewalt vber dich/ weil du lebest/ vnnd
vbergib niemand deine Güter/ daß dichs nicht gerewe vnd müssest sie da-
rumb bitten.

Die weil du lebest vnnd Adem hast/ vntergib dich keinen andern
(1) Nullus
affectus
vincit pa-
ternu l. fin.
C. de Cur.
Furios. Et
parentes
magis a-
mare cen-
sentur per-
sonas libe-
roru quam
proprias s.
8. in fio. ff.
quod met.
Caus. vult.
1. consil.
Marp. 29.
n. 78. &
94.
Menschen/ Cap. 33. v. 20. Mann muß seinen Kindern vnd Nächsten also
helffen daß man selber bey Brod vnnd Nahrung bleibe/ die ordentliche
Liebe führet von sich selber an/ vnd thut also einem andern gut/ daß sie jhr
selber darüber nicht vergesse. Es pflegen gar offt Eltern auß sonder-
bahrer zu weilen gar zu grosser Lieb vnnd Confidentz gegen jhre Kinder/
denselben bey lebendigem Leibe jhre Güter zu vbergeben vnnd hernacher
jhnen in die Hände zusehen/ aber es hat solche Vnvorsichtigkeit viele ge-
rewet/ vnnd haben sich gar sehr darbey betrogen gefunden. Die Liebe/
sprechen die Philosophi ist ex genere gravium, sie steiget mehr abwerts
von den Eltern auff die Kinder/ als auffwerts von den Kindern auff die
Eltern. (1)

Ein Vatter kan viel Kinder ernehren/ aber vielen Kindern wird es
schwer vnd sawer einen Vatter zu vnterhalten. Etliche Eltern handeln
vorsichtiger/ daß sie zwar jhre Güter den Kindern vbergeben/ behalten
sich aber ein Reservat oder Außzug bevor/ wiewol solches auch nicht alle-
mahl/ wie ich der Fälle viel erlebet/ gerathen vnd deßwegen grosser Streit

zwischen
Das dritte Buch/


AXIOMA LIII.
Eltern vnnd Haußvaͤtter thun weißlich daß ſie bey
jhrem Leben von jhren Guͤtern alſo mittheilen daß ſie
Herꝛen daruͤber bleiben/ vnnd hernacher
andern nicht in die Haͤnde ſehen
doͤrffen.

ELtern vnnd Haußvaͤtter ſollen zwar jhre Bruͤnlein flieſſen laſſen/
aber doch alſo daß ſie ſelber Herꝛ daruͤber bleiben/ in den Sprich-
woͤrtern Salomon. Cap. 5. v. 16. 17. Der weiſe Mann Syrach
warnet alle darfuͤr/ wann er lehret/ laß dem Sohn/ der Frawen/
dem Bruder/ dem Freunde nicht gewalt vber dich/ weil du lebeſt/ vnnd
vbergib niemand deine Guͤter/ daß dichs nicht gerewe vnd muͤſſeſt ſie da-
rumb bitten.

Die weil du lebeſt vnnd Adem haſt/ vntergib dich keinen andern
(1) Nullus
affectus
vincit pa-
ternũ l. fin.
C. de Cur.
Furios. Et
parentes
magis a-
mare cen-
ſentur per-
ſonas libe-
rorũ quam
proprias ſ.
8. in fio. ff.
quod met.
Cauſ. vult.
1. conſil.
Marp. 29.
n. 78. &
94.
Menſchen/ Cap. 33. v. 20. Mann muß ſeinen Kindern vnd Naͤchſten alſo
helffen daß man ſelber bey Brod vnnd Nahrung bleibe/ die ordentliche
Liebe fuͤhret von ſich ſelber an/ vnd thut alſo einem andern gut/ daß ſie jhr
ſelber daruͤber nicht vergeſſe. Es pflegen gar offt Eltern auß ſonder-
bahrer zu weilen gar zu groſſer Lieb vnnd Confidentz gegen jhre Kinder/
denſelben bey lebendigem Leibe jhre Guͤter zu vbergeben vnnd hernacher
jhnen in die Haͤnde zuſehen/ aber es hat ſolche Vnvorſichtigkeit viele ge-
rewet/ vnnd haben ſich gar ſehr darbey betrogen gefunden. Die Liebe/
ſprechen die Philoſophi iſt ex genere gravium, ſie ſteiget mehr abwerts
von den Eltern auff die Kinder/ als auffwerts von den Kindern auff die
Eltern. (1)

Ein Vatter kan viel Kinder ernehren/ aber vielen Kindern wird es
ſchwer vnd ſawer einen Vatter zu vnterhalten. Etliche Eltern handeln
vorſichtiger/ daß ſie zwar jhre Guͤter den Kindern vbergeben/ behalten
ſich aber ein Reſervat oder Außzug bevor/ wiewol ſolches auch nicht alle-
mahl/ wie ich der Faͤlle viel erlebet/ gerathen vnd deßwegen groſſer Streit

zwiſchen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0738" n="104"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Das dritte Buch/</hi> </fw><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">AXIOMA</hi> LIII.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Eltern vnnd Haußva&#x0364;tter thun weißlich daß &#x017F;ie bey<lb/>
jhrem Leben von jhren Gu&#x0364;tern al&#x017F;o mittheilen daß &#x017F;ie<lb/>
Her&#xA75B;en daru&#x0364;ber bleiben/ vnnd hernacher<lb/>
andern nicht in die Ha&#x0364;nde &#x017F;ehen<lb/>
do&#x0364;rffen.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">E</hi>Ltern vnnd Haußva&#x0364;tter &#x017F;ollen zwar jhre Bru&#x0364;nlein flie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
aber doch al&#x017F;o daß &#x017F;ie &#x017F;elber Her&#xA75B; daru&#x0364;ber bleiben/ in den Sprich-<lb/>
wo&#x0364;rtern Salomon. Cap. 5. v. 16. 17. Der wei&#x017F;e Mann Syrach<lb/>
warnet alle darfu&#x0364;r/ wann er lehret/ laß dem Sohn/ der Frawen/<lb/>
dem Bruder/ dem Freunde nicht gewalt vber dich/ weil du lebe&#x017F;t/ vnnd<lb/>
vbergib niemand deine Gu&#x0364;ter/ daß dichs nicht gerewe vnd mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t &#x017F;ie da-<lb/>
rumb bitten.</p><lb/>
          <p>Die weil du lebe&#x017F;t vnnd Adem ha&#x017F;t/ vntergib dich keinen andern<lb/><note place="left">(1) <hi rendition="#aq">Nullus<lb/>
affectus<lb/>
vincit pa-<lb/>
tern&#x0169; l. fin.<lb/>
C. de Cur.<lb/>
Furios. Et<lb/>
parentes<lb/>
magis a-<lb/>
mare cen-<lb/>
&#x017F;entur per-<lb/>
&#x017F;onas libe-<lb/>
ror&#x0169; quam<lb/>
proprias &#x017F;.<lb/>
8. in fio. ff.<lb/>
quod met.<lb/>
Cau&#x017F;. vult.<lb/>
1. con&#x017F;il.<lb/>
Marp. 29.<lb/>
n. 78. &amp;</hi> 94.</note>Men&#x017F;chen/ Cap. 33. v. 20. Mann muß &#x017F;einen Kindern vnd Na&#x0364;ch&#x017F;ten al&#x017F;o<lb/>
helffen daß man &#x017F;elber bey Brod vnnd Nahrung bleibe/ die ordentliche<lb/>
Liebe fu&#x0364;hret von &#x017F;ich &#x017F;elber an/ vnd thut al&#x017F;o einem andern gut/ daß &#x017F;ie jhr<lb/>
&#x017F;elber daru&#x0364;ber nicht verge&#x017F;&#x017F;e. Es pflegen gar offt Eltern auß &#x017F;onder-<lb/>
bahrer zu weilen gar zu gro&#x017F;&#x017F;er Lieb vnnd Confidentz gegen jhre Kinder/<lb/>
den&#x017F;elben bey lebendigem Leibe jhre Gu&#x0364;ter zu vbergeben vnnd hernacher<lb/>
jhnen in die Ha&#x0364;nde zu&#x017F;ehen/ aber es hat &#x017F;olche Vnvor&#x017F;ichtigkeit viele ge-<lb/>
rewet/ vnnd haben &#x017F;ich gar &#x017F;ehr darbey betrogen gefunden. Die Liebe/<lb/>
&#x017F;prechen die Philo&#x017F;ophi i&#x017F;t <hi rendition="#aq">ex genere gravium,</hi> &#x017F;ie &#x017F;teiget mehr abwerts<lb/>
von den Eltern auff die Kinder/ als auffwerts von den Kindern auff die<lb/>
Eltern. (1)</p><lb/>
          <p>Ein Vatter kan viel Kinder ernehren/ aber vielen Kindern wird es<lb/>
&#x017F;chwer vnd &#x017F;awer einen Vatter zu vnterhalten. Etliche Eltern handeln<lb/>
vor&#x017F;ichtiger/ daß &#x017F;ie zwar jhre Gu&#x0364;ter den Kindern vbergeben/ behalten<lb/>
&#x017F;ich aber ein <hi rendition="#aq">Re&#x017F;ervat</hi> oder Außzug bevor/ wiewol &#x017F;olches auch nicht alle-<lb/>
mahl/ wie ich der Fa&#x0364;lle viel erlebet/ gerathen vnd deßwegen gro&#x017F;&#x017F;er Streit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zwi&#x017F;chen</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0738] Das dritte Buch/ AXIOMA LIII. Eltern vnnd Haußvaͤtter thun weißlich daß ſie bey jhrem Leben von jhren Guͤtern alſo mittheilen daß ſie Herꝛen daruͤber bleiben/ vnnd hernacher andern nicht in die Haͤnde ſehen doͤrffen. ELtern vnnd Haußvaͤtter ſollen zwar jhre Bruͤnlein flieſſen laſſen/ aber doch alſo daß ſie ſelber Herꝛ daruͤber bleiben/ in den Sprich- woͤrtern Salomon. Cap. 5. v. 16. 17. Der weiſe Mann Syrach warnet alle darfuͤr/ wann er lehret/ laß dem Sohn/ der Frawen/ dem Bruder/ dem Freunde nicht gewalt vber dich/ weil du lebeſt/ vnnd vbergib niemand deine Guͤter/ daß dichs nicht gerewe vnd muͤſſeſt ſie da- rumb bitten. Die weil du lebeſt vnnd Adem haſt/ vntergib dich keinen andern Menſchen/ Cap. 33. v. 20. Mann muß ſeinen Kindern vnd Naͤchſten alſo helffen daß man ſelber bey Brod vnnd Nahrung bleibe/ die ordentliche Liebe fuͤhret von ſich ſelber an/ vnd thut alſo einem andern gut/ daß ſie jhr ſelber daruͤber nicht vergeſſe. Es pflegen gar offt Eltern auß ſonder- bahrer zu weilen gar zu groſſer Lieb vnnd Confidentz gegen jhre Kinder/ denſelben bey lebendigem Leibe jhre Guͤter zu vbergeben vnnd hernacher jhnen in die Haͤnde zuſehen/ aber es hat ſolche Vnvorſichtigkeit viele ge- rewet/ vnnd haben ſich gar ſehr darbey betrogen gefunden. Die Liebe/ ſprechen die Philoſophi iſt ex genere gravium, ſie ſteiget mehr abwerts von den Eltern auff die Kinder/ als auffwerts von den Kindern auff die Eltern. (1) (1) Nullus affectus vincit pa- ternũ l. fin. C. de Cur. Furios. Et parentes magis a- mare cen- ſentur per- ſonas libe- rorũ quam proprias ſ. 8. in fio. ff. quod met. Cauſ. vult. 1. conſil. Marp. 29. n. 78. & 94. Ein Vatter kan viel Kinder ernehren/ aber vielen Kindern wird es ſchwer vnd ſawer einen Vatter zu vnterhalten. Etliche Eltern handeln vorſichtiger/ daß ſie zwar jhre Guͤter den Kindern vbergeben/ behalten ſich aber ein Reſervat oder Außzug bevor/ wiewol ſolches auch nicht alle- mahl/ wie ich der Faͤlle viel erlebet/ gerathen vnd deßwegen groſſer Streit zwiſchen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/reinkingk_policey_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/reinkingk_policey_1653/738
Zitationshilfe: Reinkingk, Dietrich: Biblische Policey. Frankfurt (Main), 1653, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/reinkingk_policey_1653/738>, abgerufen am 24.04.2024.