Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721.

Bild:
<< vorherige Seite

drum auch wegen Erkändtnüß ihrer Schwachheit/ gebrauchen sich die Papisten in der Lateinischen Bibel (welche/ wie man sagt Caraffa und Bellarminus in die gegenwärtige Form sollen haben eingerichtet) in ihrer Vorrede/ dieser demühtigen und Zweiffels-vollen Redens-Art: Accipe Lector Clemente pontifice annuente veterem & vulgatam sacrae Scripturae editionem, qvanta fieri potuit diligentia castigatam, qvam omnibus numeris absolutam pro humana infirmitate affirmare difficile est &c. Nimm hin/ geneigter Leser/ mit Bewilligung des Pabstes Clementis VIII. die mit allem möglichsten Fleiß ausgebesserte alte Truck der H. Schrifft: daß sie aber von allen Fehleren gäntzlich solte ausgesaubert seyn: solches kan man schwerlich/ in Ansehung der Menschlichen Schwachheit / für eine Warheit ausgeben. Wo bleibt dan nun der Pabst mit seinem H. Geist/ wan er kan die Bibel von Fehleren rein halten/ und die Canonische Bücher von andern so richtig entscheiden? Warum macht er nicht auch den Schluß/ ob das dritte und vierdte Buch Esdrae zum Göttlichen Wort gehören? Warum läst er das Pabstum in immerwehrenden Fehlern und Zweiffeln wancken? Warum bleibt der Simon zu Rom immer schlaffen?

VI. Hat doch Luther übel daran gethan/ daß er sich an der Bibel hat vergreiffen dörffen / indem er die Epistel Jacobi hat nennen dörffen eine stroherne Epistel: Dan weilen diese Epistel/ welche so hart treibt auff die gute Wercke/ nicht dienen wolte in den Lügen-Kram des Luthers/ so hatte er den Schnupffen nicht: sondern roche gar wohl/ daß durch diese Epistel die Rechtfertigung durch den Glauben allein/ gäntzlich würde gefället / und zu Boden geworffen werden: Dessenthalben hat er sie aus dem Register Göttlicher Canonischer Bücher verschlagener Weise aus gekratzet.

Antwort. Wir seynd nicht verbunden vom Thun und Lassen des Luthers Rechenschafft zu geben: Dannoch/ obschon diese Epistel in sich enthält lauter Evangelisch Gold: so machen doch die Papisten durch ihre falsche Verketzerung lauter Stroh/ und eitele Spreur daraus: nach welcher strohernen Auslegung der Papisten/ diese Epistel ihre stroherne Ohnkrafft äusseren würde. Im übrigen nehme ich mit andern rechtschaffenen Evangelischen diese Epistel willig an/ als ein unbetriegliches Göttliches Glaubens-Buch: finde aber in selbiger nicht den geringsten Vortheil für die Papisten/ und ihre Gerechtfertigung oder Verdienst der guten Wercken: wie sichs an seinem Ort zeigen wird. Ich erkenne auch für rechtschaffene Canonische/ und der Evangelischen Lehr beypflichtende Schrifften/ die Epistel an die Hebräer/ die Episteln Petri/ die Episteln Johannis/ die Epistel Judä / die Offenbahrung Johannis/ und was können die Papisten mehr verlangen?

Das sechste Capitel.

Von den Menschen-Satzungen.

ES ist alhier die Frage nicht von den unbeschriebenen Satzungen oder Kirchen-Ceremonien / welche an sich selbst Mittel-Dinge seyn/ auch nach Gelegenheit/ und Umstände der Zeiten / wohl mögen verändert werden; Dan obschon von denselben in der H. Schrifft nichts gefunden/ oder deren gedacht

drum auch wegen Erkändtnüß ihrer Schwachheit/ gebrauchen sich die Papisten in der Lateinischen Bibel (welche/ wie man sagt Caraffa und Bellarminus in die gegenwärtige Form sollen haben eingerichtet) in ihrer Vorrede/ dieser demühtigen und Zweiffels-vollen Redens-Art: Accipe Lector Clemente pontifice annuente veterem & vulgatam sacrae Scripturae editionem, qvantâ fieri potuit diligentiâ castigatam, qvam omnibus numeris absolutam pro humana infirmitate affirmare difficile est &c. Nimm hin/ geneigter Leser/ mit Bewilligung des Pabstes Clementis VIII. die mit allem möglichsten Fleiß ausgebesserte alte Truck der H. Schrifft: daß sie aber von allen Fehleren gäntzlich solte ausgesaubert seyn: solches kan man schwerlich/ in Ansehung der Menschlichen Schwachheit / für eine Warheit ausgeben. Wo bleibt dan nun der Pabst mit seinem H. Geist/ wan er kan die Bibel von Fehleren rein halten/ und die Canonische Bücher von andern so richtig entscheiden? Warum macht er nicht auch den Schluß/ ob das dritte und vierdte Buch Esdrae zum Göttlichen Wort gehören? Warum läst er das Pabstum in immerwehrenden Fehlern und Zweiffeln wancken? Warum bleibt der Simon zu Rom immer schlaffen?

VI. Hat doch Luther übel daran gethan/ daß er sich an der Bibel hat vergreiffen dörffen / indem er die Epistel Jacobi hat nennen dörffen eine stroherne Epistel: Dan weilen diese Epistel/ welche so hart treibt auff die gute Wercke/ nicht dienen wolte in den Lügen-Kram des Luthers/ so hatte er den Schnupffen nicht: sondern roche gar wohl/ daß durch diese Epistel die Rechtfertigung durch den Glauben allein/ gäntzlich würde gefället / und zu Boden geworffen werden: Dessenthalben hat er sie aus dem Register Göttlicher Canonischer Bücher verschlagener Weise aus gekratzet.

Antwort. Wir seynd nicht verbunden vom Thun und Lassen des Luthers Rechenschafft zu geben: Dannoch/ obschon diese Epistel in sich enthält lauter Evangelisch Gold: so machen doch die Papisten durch ihre falsche Verketzerung lauter Stroh/ und eitele Spreur daraus: nach welcher strohernen Auslegung der Papisten/ diese Epistel ihre stroherne Ohnkrafft äusseren würde. Im übrigen nehme ich mit andern rechtschaffenen Evangelischen diese Epistel willig an/ als ein unbetriegliches Göttliches Glaubens-Buch: finde aber in selbiger nicht den geringsten Vortheil für die Papisten/ und ihre Gerechtfertigung oder Verdienst der guten Wercken: wie sichs an seinem Ort zeigen wird. Ich erkenne auch für rechtschaffene Canonische/ und der Evangelischen Lehr beypflichtende Schrifften/ die Epistel an die Hebräer/ die Episteln Petri/ die Episteln Johannis/ die Epistel Judä / die Offenbahrung Johannis/ und was können die Papisten mehr verlangen?

Das sechste Capitel.

Von den Menschen-Satzungen.

ES ist alhier die Frage nicht von den unbeschriebenen Satzungen oder Kirchen-Ceremonien / welche an sich selbst Mittel-Dinge seyn/ auch nach Gelegenheit/ und Umstände der Zeiten / wohl mögen verändert werden; Dan obschon von denselben in der H. Schrifft nichts gefunden/ oder deren gedacht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0090" n="70"/>
drum auch wegen Erkändtnüß ihrer Schwachheit/ gebrauchen sich die Papisten in der            Lateinischen Bibel (welche/ wie man sagt Caraffa und Bellarminus in die gegenwärtige Form            sollen haben eingerichtet) in ihrer Vorrede/ dieser demühtigen und Zweiffels-vollen            Redens-Art: Accipe Lector Clemente pontifice annuente veterem &amp; vulgatam sacrae            Scripturae editionem, qvantâ fieri potuit diligentiâ castigatam, qvam omnibus numeris            absolutam pro humana infirmitate affirmare difficile est &amp;c. Nimm hin/ geneigter            Leser/ mit Bewilligung des Pabstes Clementis VIII. die mit allem möglichsten Fleiß            ausgebesserte alte Truck der H. Schrifft: daß sie aber von allen Fehleren gäntzlich solte            ausgesaubert seyn: solches kan man schwerlich/ in Ansehung der Menschlichen Schwachheit /            für eine Warheit ausgeben. Wo bleibt dan nun der Pabst mit seinem H. Geist/ wan er kan            die Bibel von Fehleren rein halten/ und die Canonische Bücher von andern so richtig            entscheiden? Warum macht er nicht auch den Schluß/ ob das dritte und vierdte Buch Esdrae            zum Göttlichen Wort gehören? Warum läst er das Pabstum in immerwehrenden Fehlern und            Zweiffeln wancken? Warum bleibt der Simon zu Rom immer schlaffen?</p>
        <p>VI. Hat doch Luther übel daran gethan/ daß er sich an der Bibel hat vergreiffen dörffen           / indem er die Epistel Jacobi hat nennen dörffen eine stroherne Epistel: Dan weilen diese            Epistel/ welche so hart treibt auff die gute Wercke/ nicht dienen wolte in den            Lügen-Kram des Luthers/ so hatte er den Schnupffen nicht: sondern roche gar wohl/ daß            durch diese Epistel die Rechtfertigung durch den Glauben allein/ gäntzlich würde gefället           / und zu Boden geworffen werden: Dessenthalben hat er sie aus dem Register Göttlicher            Canonischer Bücher verschlagener Weise aus gekratzet.</p>
        <p>Antwort. Wir seynd nicht verbunden vom Thun und Lassen des Luthers Rechenschafft zu            geben: Dannoch/ obschon diese Epistel in sich enthält lauter Evangelisch Gold: so machen            doch die Papisten durch ihre falsche Verketzerung lauter Stroh/ und eitele Spreur daraus:            nach welcher strohernen Auslegung der Papisten/ diese Epistel ihre stroherne Ohnkrafft            äusseren würde. Im übrigen nehme ich mit andern rechtschaffenen Evangelischen diese            Epistel willig an/ als ein unbetriegliches Göttliches Glaubens-Buch: finde aber in            selbiger nicht den geringsten Vortheil für die Papisten/ und ihre Gerechtfertigung oder            Verdienst der guten Wercken: wie sichs an seinem Ort zeigen wird. Ich erkenne auch für            rechtschaffene Canonische/ und der Evangelischen Lehr beypflichtende Schrifften/ die            Epistel an die Hebräer/ die Episteln Petri/ die Episteln Johannis/ die Epistel Judä /            die Offenbahrung Johannis/ und was können die Papisten mehr verlangen?</p>
      </div>
      <div>
        <head>Das sechste Capitel.</head>
        <argument>
          <p>Von den Menschen-Satzungen.</p>
        </argument>
        <p>ES ist alhier die Frage nicht von den unbeschriebenen Satzungen oder Kirchen-Ceremonien /            welche an sich selbst Mittel-Dinge seyn/ auch nach Gelegenheit/ und Umstände der Zeiten           / wohl mögen verändert werden; Dan obschon von denselben in der H. Schrifft nichts            gefunden/ oder deren gedacht
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[70/0090] drum auch wegen Erkändtnüß ihrer Schwachheit/ gebrauchen sich die Papisten in der Lateinischen Bibel (welche/ wie man sagt Caraffa und Bellarminus in die gegenwärtige Form sollen haben eingerichtet) in ihrer Vorrede/ dieser demühtigen und Zweiffels-vollen Redens-Art: Accipe Lector Clemente pontifice annuente veterem & vulgatam sacrae Scripturae editionem, qvantâ fieri potuit diligentiâ castigatam, qvam omnibus numeris absolutam pro humana infirmitate affirmare difficile est &c. Nimm hin/ geneigter Leser/ mit Bewilligung des Pabstes Clementis VIII. die mit allem möglichsten Fleiß ausgebesserte alte Truck der H. Schrifft: daß sie aber von allen Fehleren gäntzlich solte ausgesaubert seyn: solches kan man schwerlich/ in Ansehung der Menschlichen Schwachheit / für eine Warheit ausgeben. Wo bleibt dan nun der Pabst mit seinem H. Geist/ wan er kan die Bibel von Fehleren rein halten/ und die Canonische Bücher von andern so richtig entscheiden? Warum macht er nicht auch den Schluß/ ob das dritte und vierdte Buch Esdrae zum Göttlichen Wort gehören? Warum läst er das Pabstum in immerwehrenden Fehlern und Zweiffeln wancken? Warum bleibt der Simon zu Rom immer schlaffen? VI. Hat doch Luther übel daran gethan/ daß er sich an der Bibel hat vergreiffen dörffen / indem er die Epistel Jacobi hat nennen dörffen eine stroherne Epistel: Dan weilen diese Epistel/ welche so hart treibt auff die gute Wercke/ nicht dienen wolte in den Lügen-Kram des Luthers/ so hatte er den Schnupffen nicht: sondern roche gar wohl/ daß durch diese Epistel die Rechtfertigung durch den Glauben allein/ gäntzlich würde gefället / und zu Boden geworffen werden: Dessenthalben hat er sie aus dem Register Göttlicher Canonischer Bücher verschlagener Weise aus gekratzet. Antwort. Wir seynd nicht verbunden vom Thun und Lassen des Luthers Rechenschafft zu geben: Dannoch/ obschon diese Epistel in sich enthält lauter Evangelisch Gold: so machen doch die Papisten durch ihre falsche Verketzerung lauter Stroh/ und eitele Spreur daraus: nach welcher strohernen Auslegung der Papisten/ diese Epistel ihre stroherne Ohnkrafft äusseren würde. Im übrigen nehme ich mit andern rechtschaffenen Evangelischen diese Epistel willig an/ als ein unbetriegliches Göttliches Glaubens-Buch: finde aber in selbiger nicht den geringsten Vortheil für die Papisten/ und ihre Gerechtfertigung oder Verdienst der guten Wercken: wie sichs an seinem Ort zeigen wird. Ich erkenne auch für rechtschaffene Canonische/ und der Evangelischen Lehr beypflichtende Schrifften/ die Epistel an die Hebräer/ die Episteln Petri/ die Episteln Johannis/ die Epistel Judä / die Offenbahrung Johannis/ und was können die Papisten mehr verlangen? Das sechste Capitel. Von den Menschen-Satzungen. ES ist alhier die Frage nicht von den unbeschriebenen Satzungen oder Kirchen-Ceremonien / welche an sich selbst Mittel-Dinge seyn/ auch nach Gelegenheit/ und Umstände der Zeiten / wohl mögen verändert werden; Dan obschon von denselben in der H. Schrifft nichts gefunden/ oder deren gedacht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/90
Zitationshilfe: Rempen, Johann: Schau-Bühne Der Evangelischen Warheit. Leipzig, 1721, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rempen_schaubuehne_1721/90>, abgerufen am 25.04.2024.