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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.
bey dem zweiten Ausdruck mag ich vielleicht auf
das gedacht haben, was sich für eine Person von
meinem Geschlecht und Character alsdenn schicket,
wenn man ihr die Liebe als einen Ungehorsahm und
folglich als ein Laster anrechnet, und der Mann,
den sie sonst lieben könnte sich eine Freye Lebens-
Art hat gelüsten lassen. Jch hoffe Sie werden
mir nicht übel deuten, daß ich mich bemühet habe,
für dieienige gehalten zu werden, die ich billig seyn
soll; wäre es auch nur deswegen geschehen, damit
ich Jhre Wohlgewogenheit nicht verschertzen
möchte.

Damit ich aber in der That beweise, daß ich
nicht zurück halte - - - Allein, mein Schatz, ich
muß hier abbrechen.



Der neun und dreyssigste Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Dieser Brieff wird mich entschuldigen, daß ich
meine Antwort auf Jhren gestrigen Brieff
so unvermuthet abbrechen mußte. Jch werde die
besagte Antwort Jhnen nicht eher geendiget zu-
schicken können als morgen oder übermorgen, weil
ich noch viel auf Jhre Frage zu schreiben habe;
Jetzt will ich Jhnen von einem abermahligen Ver-
such der Meinigen, mich durch Frau Norton

auf

der Clariſſa.
bey dem zweiten Ausdruck mag ich vielleicht auf
das gedacht haben, was ſich fuͤr eine Perſon von
meinem Geſchlecht und Character alsdenn ſchicket,
wenn man ihr die Liebe als einen Ungehorſahm und
folglich als ein Laſter anrechnet, und der Mann,
den ſie ſonſt lieben koͤnnte ſich eine Freye Lebens-
Art hat geluͤſten laſſen. Jch hoffe Sie werden
mir nicht uͤbel deuten, daß ich mich bemuͤhet habe,
fuͤr dieienige gehalten zu werden, die ich billig ſeyn
ſoll; waͤre es auch nur deswegen geſchehen, damit
ich Jhre Wohlgewogenheit nicht verſchertzen
moͤchte.

Damit ich aber in der That beweiſe, daß ich
nicht zuruͤck halte ‒ ‒ ‒ Allein, mein Schatz, ich
muß hier abbrechen.



Der neun und dreysſigſte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Dieſer Brieff wird mich entſchuldigen, daß ich
meine Antwort auf Jhren geſtrigen Brieff
ſo unvermuthet abbrechen mußte. Jch werde die
beſagte Antwort Jhnen nicht eher geendiget zu-
ſchicken koͤnnen als morgen oder uͤbermorgen, weil
ich noch viel auf Jhre Frage zu ſchreiben habe;
Jetzt will ich Jhnen von einem abermahligen Ver-
ſuch der Meinigen, mich durch Frau Norton

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[431/0451] der Clariſſa. bey dem zweiten Ausdruck mag ich vielleicht auf das gedacht haben, was ſich fuͤr eine Perſon von meinem Geſchlecht und Character alsdenn ſchicket, wenn man ihr die Liebe als einen Ungehorſahm und folglich als ein Laſter anrechnet, und der Mann, den ſie ſonſt lieben koͤnnte ſich eine Freye Lebens- Art hat geluͤſten laſſen. Jch hoffe Sie werden mir nicht uͤbel deuten, daß ich mich bemuͤhet habe, fuͤr dieienige gehalten zu werden, die ich billig ſeyn ſoll; waͤre es auch nur deswegen geſchehen, damit ich Jhre Wohlgewogenheit nicht verſchertzen moͤchte. Damit ich aber in der That beweiſe, daß ich nicht zuruͤck halte ‒ ‒ ‒ Allein, mein Schatz, ich muß hier abbrechen. Der neun und dreysſigſte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Montags den 20ſten Maͤrtz. Dieſer Brieff wird mich entſchuldigen, daß ich meine Antwort auf Jhren geſtrigen Brieff ſo unvermuthet abbrechen mußte. Jch werde die beſagte Antwort Jhnen nicht eher geendiget zu- ſchicken koͤnnen als morgen oder uͤbermorgen, weil ich noch viel auf Jhre Frage zu ſchreiben habe; Jetzt will ich Jhnen von einem abermahligen Ver- ſuch der Meinigen, mich durch Frau Norton auf

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/451>, abgerufen am 28.03.2024.