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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

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der Clarissa.
Der zehnte Brief
von
Fräulein Clarissa Harlowe an Fräulein
Howe.

Jch habe jetzt einen ruhigern Augenblick:
denn Neid, Ehrgeitz, Rachgier, und andere
heftige Gemüths-Bewegungen, mit denen ich
umzingelt bin, sind nunmehro vermuthlich einge-
schlafen; und warum sollte sich nicht auch mein
Unwille in diesen stillen Stunden zur Ruhe be-
geben? Er hat es gethan, und ich habe meine
Zeit der Ruhe angewandt, Jhren Brief noch-
mahls durchzulesen. Jch will einige Stellen
desselben in meiner Antwort berühren, und um
mich desto weniger in Gefahr zu setzen, daß mei-
ne Ruhe möchte gestört werden, will ich von dem
den Anfang machen, was Sie von Herrn Hick-
mann
schreiben.

Nehmen Sie mir nicht übel, wenn ich Jh-
nen melden muß, daß es mir leid thut, daß Sie
von diesem Herrn keine bessere und richtigere
Gedancken fassen können, als man Jhnen zu-
schreiben sollte, wenn man das lächerliche Bild
ansiehet, das Sie von ihm entworfen haben.
Wenigstens wird man durch Jhre von Natur
allzulustige Schreibart veranlasset, zu glauben,
daß Sie sehr ungerechte Gedancken von Herrn
Hickmann hegen.

Sie selbst werden nicht behaupten wollen, daß

er
Zweyter Theil. F
der Clariſſa.
Der zehnte Brief
von
Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein
Howe.

Jch habe jetzt einen ruhigern Augenblick:
denn Neid, Ehrgeitz, Rachgier, und andere
heftige Gemuͤths-Bewegungen, mit denen ich
umzingelt bin, ſind nunmehro vermuthlich einge-
ſchlafen; und warum ſollte ſich nicht auch mein
Unwille in dieſen ſtillen Stunden zur Ruhe be-
geben? Er hat es gethan, und ich habe meine
Zeit der Ruhe angewandt, Jhren Brief noch-
mahls durchzuleſen. Jch will einige Stellen
deſſelben in meiner Antwort beruͤhren, und um
mich deſto weniger in Gefahr zu ſetzen, daß mei-
ne Ruhe moͤchte geſtoͤrt werden, will ich von dem
den Anfang machen, was Sie von Herrn Hick-
mann
ſchreiben.

Nehmen Sie mir nicht uͤbel, wenn ich Jh-
nen melden muß, daß es mir leid thut, daß Sie
von dieſem Herrn keine beſſere und richtigere
Gedancken faſſen koͤnnen, als man Jhnen zu-
ſchreiben ſollte, wenn man das laͤcherliche Bild
anſiehet, das Sie von ihm entworfen haben.
Wenigſtens wird man durch Jhre von Natur
allzuluſtige Schreibart veranlaſſet, zu glauben,
daß Sie ſehr ungerechte Gedancken von Herrn
Hickmann hegen.

Sie ſelbſt werden nicht behaupten wollen, daß

er
Zweyter Theil. F
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[81/0087] der Clariſſa. Der zehnte Brief von Fraͤulein Clariſſa Harlowe an Fraͤulein Howe. Freytags um Mitternacht. Jch habe jetzt einen ruhigern Augenblick: denn Neid, Ehrgeitz, Rachgier, und andere heftige Gemuͤths-Bewegungen, mit denen ich umzingelt bin, ſind nunmehro vermuthlich einge- ſchlafen; und warum ſollte ſich nicht auch mein Unwille in dieſen ſtillen Stunden zur Ruhe be- geben? Er hat es gethan, und ich habe meine Zeit der Ruhe angewandt, Jhren Brief noch- mahls durchzuleſen. Jch will einige Stellen deſſelben in meiner Antwort beruͤhren, und um mich deſto weniger in Gefahr zu ſetzen, daß mei- ne Ruhe moͤchte geſtoͤrt werden, will ich von dem den Anfang machen, was Sie von Herrn Hick- mann ſchreiben. Nehmen Sie mir nicht uͤbel, wenn ich Jh- nen melden muß, daß es mir leid thut, daß Sie von dieſem Herrn keine beſſere und richtigere Gedancken faſſen koͤnnen, als man Jhnen zu- ſchreiben ſollte, wenn man das laͤcherliche Bild anſiehet, das Sie von ihm entworfen haben. Wenigſtens wird man durch Jhre von Natur allzuluſtige Schreibart veranlaſſet, zu glauben, daß Sie ſehr ungerechte Gedancken von Herrn Hickmann hegen. Sie ſelbſt werden nicht behaupten wollen, daß er Zweyter Theil. F

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/87>, abgerufen am 25.04.2024.