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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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ich in meinen jetzigen Umständen mit einem Briefe
von so wichtigem Jnhalt nicht zu sorgfältig um-
gehen könnte. Wer weiß, was ein so arglistiger
Mensch anfangen könnte! ein so gottloser Betrü-
ger! dessen Betrug (wo anders ein Betrug bey
meiner Flucht vorgegangen ist) so niederträchtig ist.
Jedoch ich hoffe es ist kein Betrug, keine abgeredete
Charte gewesen. Wenn aber auch dieses nicht ist, so
ist doch das allerbeste, was ich von ihm und von
meinen künftigen Umständen dencken muß, sehr
schlecht. Wer wird mit mir Mitleyden haben, da
ich zu der Zahl derer gehöre, die ihre Thorheit zu
späte bereuen!

Jch hoffe dem ohngeachtet, daß Sie noch Liebe
für mich behalten, und meiner in Jhrem Gebet
täglich gedencken werden. Wollen Sie mir aber
Jhr Hertz auch versagen, so ist mein Unglück un-
erträglich. Jch bin, allerbeste Freundin,

Jhre stets ergebene
Cl. Harlowe.


Der zweyte Brief
von
Herrn Lovelace an Joseph Lehman.

Ehrlicher Joseph,

Endlich hat sich eure schöne Fräulein entschlos-
sen, sich in Freyheit zu setzen, und der bis-

herigen



ich in meinen jetzigen Umſtaͤnden mit einem Briefe
von ſo wichtigem Jnhalt nicht zu ſorgfaͤltig um-
gehen koͤnnte. Wer weiß, was ein ſo argliſtiger
Menſch anfangen koͤnnte! ein ſo gottloſer Betruͤ-
ger! deſſen Betrug (wo anders ein Betrug bey
meiner Flucht vorgegangen iſt) ſo niedertraͤchtig iſt.
Jedoch ich hoffe es iſt kein Betrug, keine abgeredete
Charte geweſen. Wenn aber auch dieſes nicht iſt, ſo
iſt doch das allerbeſte, was ich von ihm und von
meinen kuͤnftigen Umſtaͤnden dencken muß, ſehr
ſchlecht. Wer wird mit mir Mitleyden haben, da
ich zu der Zahl derer gehoͤre, die ihre Thorheit zu
ſpaͤte bereuen!

Jch hoffe dem ohngeachtet, daß Sie noch Liebe
fuͤr mich behalten, und meiner in Jhrem Gebet
taͤglich gedencken werden. Wollen Sie mir aber
Jhr Hertz auch verſagen, ſo iſt mein Ungluͤck un-
ertraͤglich. Jch bin, allerbeſte Freundin,

Jhre ſtets ergebene
Cl. Harlowe.


Der zweyte Brief
von
Herrn Lovelace an Joſeph Lehman.

Ehrlicher Joſeph,

Endlich hat ſich eure ſchoͤne Fraͤulein entſchloſ-
ſen, ſich in Freyheit zu ſetzen, und der bis-

herigen
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[34/0048] ich in meinen jetzigen Umſtaͤnden mit einem Briefe von ſo wichtigem Jnhalt nicht zu ſorgfaͤltig um- gehen koͤnnte. Wer weiß, was ein ſo argliſtiger Menſch anfangen koͤnnte! ein ſo gottloſer Betruͤ- ger! deſſen Betrug (wo anders ein Betrug bey meiner Flucht vorgegangen iſt) ſo niedertraͤchtig iſt. Jedoch ich hoffe es iſt kein Betrug, keine abgeredete Charte geweſen. Wenn aber auch dieſes nicht iſt, ſo iſt doch das allerbeſte, was ich von ihm und von meinen kuͤnftigen Umſtaͤnden dencken muß, ſehr ſchlecht. Wer wird mit mir Mitleyden haben, da ich zu der Zahl derer gehoͤre, die ihre Thorheit zu ſpaͤte bereuen! Jch hoffe dem ohngeachtet, daß Sie noch Liebe fuͤr mich behalten, und meiner in Jhrem Gebet taͤglich gedencken werden. Wollen Sie mir aber Jhr Hertz auch verſagen, ſo iſt mein Ungluͤck un- ertraͤglich. Jch bin, allerbeſte Freundin, Jhre ſtets ergebene Cl. Harlowe. Der zweyte Brief von Herrn Lovelace an Joſeph Lehman. Sonnabends den 8ten April. Ehrlicher Joſeph, Endlich hat ſich eure ſchoͤne Fraͤulein entſchloſ- ſen, ſich in Freyheit zu ſetzen, und der bis- herigen

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/48>, abgerufen am 23.04.2024.