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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

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in einem andern Briefe, vom Montage, ist sie an-
derer Me inung, nachdem sie das Schreiben der
Fräulein Montague gelesen hat, und verlanget,
die Unterhandlung mit der Townsend noch auf-
zuschieben.

"Mir war bey nah alles verdächtig (schreibt
"sie) was er von der Frau Fretchville und von
"ihrem Hause gesaget hatte. Selbst Herr Men-
"nell
kam mir verdächtig vor, ob gleich sein An-
"sehen sehr gut ist. Nun ich aber sehe, daß
"Herr Lovelace seinen Anverwandten davon
"Nachricht gegeben hat, daß er dieses Haus mie-
"then will, und daß die Fräuleins mich daselbst
"besuchen wollen: so strafe ich mich selbst in mei-
"nem Gemüthe, daß ich so argwöhnisch gewesen
"bin, und ihn einer so niederträchtigen Betrüge-
"rey beschuldiget habe. Er hat sich aber dieses
"selbst zu dancken. Warum handelt er zu ande-
"rer Zeit so wunderlich? und warum macht er
"ohne Noth krumme Wege, und verwirret und
"verstellet selbst seine Absichten, falls sie aufrich-
"tig sind?"



Der dreißigste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.

Er giebt seinem Freunde Nachricht,
was bey der Unterredung des Morgens

vor-
S 4



in einem andern Briefe, vom Montage, iſt ſie an-
derer Me inung, nachdem ſie das Schreiben der
Fraͤulein Montague geleſen hat, und verlanget,
die Unterhandlung mit der Townſend noch auf-
zuſchieben.

„Mir war bey nah alles verdaͤchtig (ſchreibt
„ſie) was er von der Frau Fretchville und von
„ihrem Hauſe geſaget hatte. Selbſt Herr Men-
„nell
kam mir verdaͤchtig vor, ob gleich ſein An-
„ſehen ſehr gut iſt. Nun ich aber ſehe, daß
„Herr Lovelace ſeinen Anverwandten davon
„Nachricht gegeben hat, daß er dieſes Haus mie-
„then will, und daß die Fraͤuleins mich daſelbſt
„beſuchen wollen: ſo ſtrafe ich mich ſelbſt in mei-
„nem Gemuͤthe, daß ich ſo argwoͤhniſch geweſen
„bin, und ihn einer ſo niedertraͤchtigen Betruͤge-
„rey beſchuldiget habe. Er hat ſich aber dieſes
„ſelbſt zu dancken. Warum handelt er zu ande-
„rer Zeit ſo wunderlich? und warum macht er
„ohne Noth krumme Wege, und verwirret und
„verſtellet ſelbſt ſeine Abſichten, falls ſie aufrich-
„tig ſind?„



Der dreißigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford.

Er giebt ſeinem Freunde Nachricht,
was bey der Unterredung des Morgens

vor-
S 4
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[279/0285] in einem andern Briefe, vom Montage, iſt ſie an- derer Me inung, nachdem ſie das Schreiben der Fraͤulein Montague geleſen hat, und verlanget, die Unterhandlung mit der Townſend noch auf- zuſchieben. „Mir war bey nah alles verdaͤchtig (ſchreibt „ſie) was er von der Frau Fretchville und von „ihrem Hauſe geſaget hatte. Selbſt Herr Men- „nell kam mir verdaͤchtig vor, ob gleich ſein An- „ſehen ſehr gut iſt. Nun ich aber ſehe, daß „Herr Lovelace ſeinen Anverwandten davon „Nachricht gegeben hat, daß er dieſes Haus mie- „then will, und daß die Fraͤuleins mich daſelbſt „beſuchen wollen: ſo ſtrafe ich mich ſelbſt in mei- „nem Gemuͤthe, daß ich ſo argwoͤhniſch geweſen „bin, und ihn einer ſo niedertraͤchtigen Betruͤge- „rey beſchuldiget habe. Er hat ſich aber dieſes „ſelbſt zu dancken. Warum handelt er zu ande- „rer Zeit ſo wunderlich? und warum macht er „ohne Noth krumme Wege, und verwirret und „verſtellet ſelbſt ſeine Abſichten, falls ſie aufrich- „tig ſind?„ Der dreißigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Johann Belford. Mittewochens den 24ſten May. Er giebt ſeinem Freunde Nachricht, was bey der Unterredung des Morgens vor- S 4

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/285>, abgerufen am 28.03.2024.