Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Diese Zeilen von Rowe sind mir eingefallen,
und ich werde sie den ganzen Weg über, bis mich
der Sänftenträger nach und nach zu ihr schuckelt,
recht andächtig überbeten.

O Gottheit, lehre mich die rechte Rednerkunst
Zu meines Vortrags Glück, in Worten voller
Gunst,
Die sanft und unvermerkt ihr edles Herz be-
wegen,
Und keine Leidenschaft mit Ungestüm erregen.


Der zehnte Brief
von
Herrn Lovelacen an Herrn Joh. Belford.

Overflucht! ich möchte des Todes seyn! - -
Zu Grunde! verlohren! bezogen, berückt!
Wer Henker! hätte das gedacht! Die Fräulein
ist sort! - gänzlich fort! Entlaufen!

Du weißt nicht, du kannst dir nicht vorstel-
len, was für ein Kummer mein Herz naget! -
Was soll ich thun? - O Gott, o Gott, o Gott!

Und du, der du meine Hände träge zu ma-
chen gesucht hast, wirst noch wohl dazu über die-
se Zeitung deine Drachenflügel vor Freuden zu-
sammenschlagen.

Dennoch muß ich schreiben: oder ich würde
verrückt im Kopfe werden. Nicht viel besser bin

ich


Dieſe Zeilen von Rowe ſind mir eingefallen,
und ich werde ſie den ganzen Weg uͤber, bis mich
der Saͤnftentraͤger nach und nach zu ihr ſchuckelt,
recht andaͤchtig uͤberbeten.

O Gottheit, lehre mich die rechte Rednerkunſt
Zu meines Vortrags Gluͤck, in Worten voller
Gunſt,
Die ſanft und unvermerkt ihr edles Herz be-
wegen,
Und keine Leidenſchaft mit Ungeſtuͤm erregen.


Der zehnte Brief
von
Herrn Lovelacen an Herrn Joh. Belford.

Overflucht! ich moͤchte des Todes ſeyn! ‒ ‒
Zu Grunde! verlohren! bezogen, beruͤckt!
Wer Henker! haͤtte das gedacht! Die Fraͤulein
iſt ſort! ‒ gaͤnzlich fort! Entlaufen!

Du weißt nicht, du kannſt dir nicht vorſtel-
len, was fuͤr ein Kummer mein Herz naget! ‒
Was ſoll ich thun? ‒ O Gott, o Gott, o Gott!

Und du, der du meine Haͤnde traͤge zu ma-
chen geſucht haſt, wirſt noch wohl dazu uͤber die-
ſe Zeitung deine Drachenfluͤgel vor Freuden zu-
ſammenſchlagen.

Dennoch muß ich ſchreiben: oder ich wuͤrde
verruͤckt im Kopfe werden. Nicht viel beſſer bin

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0117" n="111"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Die&#x017F;e Zeilen von Rowe &#x017F;ind mir eingefallen,<lb/>
und ich werde &#x017F;ie den ganzen Weg u&#x0364;ber, bis mich<lb/>
der Sa&#x0364;nftentra&#x0364;ger nach und nach zu ihr &#x017F;chuckelt,<lb/>
recht anda&#x0364;chtig u&#x0364;berbeten.</p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>O Gottheit, lehre mich die rechte Rednerkun&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Zu meines Vortrags Glu&#x0364;ck, in Worten voller</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">Gun&#x017F;t,</hi> </l><lb/>
            <l>Die &#x017F;anft und unvermerkt ihr edles Herz be-</l><lb/>
            <l> <hi rendition="#et">wegen,</hi> </l><lb/>
            <l>Und keine Leiden&#x017F;chaft mit Unge&#x017F;tu&#x0364;m erregen.</l>
          </lg>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#fr">Der zehnte Brief</hi><lb/>
von<lb/><hi rendition="#fr">Herrn Lovelacen an Herrn Joh. Belford.</hi></head><lb/>
          <dateline> <hi rendition="#et">Donner&#x017F;tags Abends den 8ten Jun.</hi> </dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>verflucht! ich mo&#x0364;chte des Todes &#x017F;eyn! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Zu Grunde! verlohren! bezogen, beru&#x0364;ckt!<lb/>
Wer Henker! ha&#x0364;tte das gedacht! Die Fra&#x0364;ulein<lb/>
i&#x017F;t &#x017F;ort! &#x2012; ga&#x0364;nzlich fort! Entlaufen!</p><lb/>
          <p>Du weißt nicht, du kann&#x017F;t dir nicht vor&#x017F;tel-<lb/>
len, was fu&#x0364;r ein Kummer mein Herz naget! &#x2012;<lb/>
Was &#x017F;oll ich thun? &#x2012; O Gott, o Gott, o Gott!</p><lb/>
          <p>Und du, der du meine Ha&#x0364;nde tra&#x0364;ge zu ma-<lb/>
chen ge&#x017F;ucht ha&#x017F;t, wir&#x017F;t noch wohl dazu u&#x0364;ber die-<lb/>
&#x017F;e Zeitung deine Drachenflu&#x0364;gel vor Freuden zu-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;chlagen.</p><lb/>
          <p>Dennoch muß ich &#x017F;chreiben: oder ich wu&#x0364;rde<lb/>
verru&#x0364;ckt im Kopfe werden. Nicht viel be&#x017F;&#x017F;er bin<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0117] Dieſe Zeilen von Rowe ſind mir eingefallen, und ich werde ſie den ganzen Weg uͤber, bis mich der Saͤnftentraͤger nach und nach zu ihr ſchuckelt, recht andaͤchtig uͤberbeten. O Gottheit, lehre mich die rechte Rednerkunſt Zu meines Vortrags Gluͤck, in Worten voller Gunſt, Die ſanft und unvermerkt ihr edles Herz be- wegen, Und keine Leidenſchaft mit Ungeſtuͤm erregen. Der zehnte Brief von Herrn Lovelacen an Herrn Joh. Belford. Donnerſtags Abends den 8ten Jun. Overflucht! ich moͤchte des Todes ſeyn! ‒ ‒ Zu Grunde! verlohren! bezogen, beruͤckt! Wer Henker! haͤtte das gedacht! Die Fraͤulein iſt ſort! ‒ gaͤnzlich fort! Entlaufen! Du weißt nicht, du kannſt dir nicht vorſtel- len, was fuͤr ein Kummer mein Herz naget! ‒ Was ſoll ich thun? ‒ O Gott, o Gott, o Gott! Und du, der du meine Haͤnde traͤge zu ma- chen geſucht haſt, wirſt noch wohl dazu uͤber die- ſe Zeitung deine Drachenfluͤgel vor Freuden zu- ſammenſchlagen. Dennoch muß ich ſchreiben: oder ich wuͤrde verruͤckt im Kopfe werden. Nicht viel beſſer bin ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/117
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/117>, abgerufen am 25.04.2024.