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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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Meine vermeynten Vorzüge wurden ein Fall-
strick für mich - -

Und worauf ist nun alles hinausgelaufen? - -

Das VI Blatt.

Was ist nun aus der Hoffnung eines glückse-
ligen Lebens geworden, die ich einstens vor
mir im Gesichte zu haben glaubte? - - Wer soll
nun den feyerlichen Vorbereitungen beywohnen?
Wer soll nun den Hochzeitsschmuck besorgen, der
die schwermüthigen Gedanken der furchtsamen
Jungfer lindert und vertreibet? Niemand zollet
nun ferner meinem Lächeln seine Liebkosungen!
Nein, niemand saget dir künftig solche Höflichkei-
ten, die dich aufmuntern, und dir die Hoffnung
einflößen könnten, ein Gemüth, das deiner nicht
unwürdig wäre, zu verbinden! Nun darfst du
dich nimmermehr wegen dir bewußter Vorzüge
und einer unbefleckten Tugend, welche einen all-
gemeinen Preis verdiene, erheben, daß du auf ei-
nen Verehrer zu deinen Füßen und eine ganze
Welt von Bewunderern herabsehen, und zu ver-
gnügten und fröhlichen Eltern und Verwandten
in die Höhe schauen solltest!

Das VII Blatt.

Du schädliche Raupe, welche die schönen Blät-
ter des jungfräulichen Ruhmes und Na-
mens zum Raube hat, und diejenigen, welche sie
nicht frißt, durch ihr Gift verderbet!

Du


Meine vermeynten Vorzuͤge wurden ein Fall-
ſtrick fuͤr mich ‒ ‒

Und worauf iſt nun alles hinausgelaufen? ‒ ‒

Das VI Blatt.

Was iſt nun aus der Hoffnung eines gluͤckſe-
ligen Lebens geworden, die ich einſtens vor
mir im Geſichte zu haben glaubte? ‒ ‒ Wer ſoll
nun den feyerlichen Vorbereitungen beywohnen?
Wer ſoll nun den Hochzeitsſchmuck beſorgen, der
die ſchwermuͤthigen Gedanken der furchtſamen
Jungfer lindert und vertreibet? Niemand zollet
nun ferner meinem Laͤcheln ſeine Liebkoſungen!
Nein, niemand ſaget dir kuͤnftig ſolche Hoͤflichkei-
ten, die dich aufmuntern, und dir die Hoffnung
einfloͤßen koͤnnten, ein Gemuͤth, das deiner nicht
unwuͤrdig waͤre, zu verbinden! Nun darfſt du
dich nimmermehr wegen dir bewußter Vorzuͤge
und einer unbefleckten Tugend, welche einen all-
gemeinen Preis verdiene, erheben, daß du auf ei-
nen Verehrer zu deinen Fuͤßen und eine ganze
Welt von Bewunderern herabſehen, und zu ver-
gnuͤgten und froͤhlichen Eltern und Verwandten
in die Hoͤhe ſchauen ſollteſt!

Das VII Blatt.

Du ſchaͤdliche Raupe, welche die ſchoͤnen Blaͤt-
ter des jungfraͤulichen Ruhmes und Na-
mens zum Raube hat, und diejenigen, welche ſie
nicht frißt, durch ihr Gift verderbet!

Du
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[622/0628] Meine vermeynten Vorzuͤge wurden ein Fall- ſtrick fuͤr mich ‒ ‒ Und worauf iſt nun alles hinausgelaufen? ‒ ‒ Das VI Blatt. Was iſt nun aus der Hoffnung eines gluͤckſe- ligen Lebens geworden, die ich einſtens vor mir im Geſichte zu haben glaubte? ‒ ‒ Wer ſoll nun den feyerlichen Vorbereitungen beywohnen? Wer ſoll nun den Hochzeitsſchmuck beſorgen, der die ſchwermuͤthigen Gedanken der furchtſamen Jungfer lindert und vertreibet? Niemand zollet nun ferner meinem Laͤcheln ſeine Liebkoſungen! Nein, niemand ſaget dir kuͤnftig ſolche Hoͤflichkei- ten, die dich aufmuntern, und dir die Hoffnung einfloͤßen koͤnnten, ein Gemuͤth, das deiner nicht unwuͤrdig waͤre, zu verbinden! Nun darfſt du dich nimmermehr wegen dir bewußter Vorzuͤge und einer unbefleckten Tugend, welche einen all- gemeinen Preis verdiene, erheben, daß du auf ei- nen Verehrer zu deinen Fuͤßen und eine ganze Welt von Bewunderern herabſehen, und zu ver- gnuͤgten und froͤhlichen Eltern und Verwandten in die Hoͤhe ſchauen ſollteſt! Das VII Blatt. Du ſchaͤdliche Raupe, welche die ſchoͤnen Blaͤt- ter des jungfraͤulichen Ruhmes und Na- mens zum Raube hat, und diejenigen, welche ſie nicht frißt, durch ihr Gift verderbet! Du

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 622. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/628>, abgerufen am 29.03.2024.